Rede in Geschichten: Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede

Rede in Geschichten: Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede

Jede Geschichte besteht aus Erzäh­ler­rede und in der Regel auch Figu­ren­rede. Und wäh­rend die Erzäh­ler­rede – bzw. der Erzäh­ler­be­richt – ein­fach die Rede des Erzäh­lers ist (Hand­lungs­wie­der­gabe, Beschrei­bungen, Kom­men­tare etc.), kommt die Figu­ren­rede in vielen ver­schie­denen Formen vor: direkte Rede, indi­rekte Rede, erlebte Rede, innerer Monolog, Bewusst­seins­strom. Natür­lich stellen die meisten davon eine Figu­ra­li­sie­rung der Erzäh­ler­rede dar – und genau hierin liegt ihre Bedeu­tung: Der Grad der Figu­ra­li­sie­rung beein­flusst maß­geb­lich die Nähe des Lesers zu den Figuren …

Die Folien für dieses Video gibt es für Steady-Abon­nenten und Kanal­mitglieder auf You­Tube als PDF zum Down­load.

In jeder Geschichte gibt es Figuren. Und meis­tens reden sie: mit­ein­ander oder mit sich selbst.

Doch auch das Erzählen an sich ist eigent­lich Rede: die Rede des Erzäh­lers.

Somit besteht ein Erzähl­text aus Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede. Und wäh­rend Ers­tere ein­fach die Rede des Erzäh­lers dar­stellt, findet man Letz­tere in ver­schie­denen Formen:

  • in der direkten Rede,
  • in der indi­rekten Rede,
  • in der erlebten Rede,
  • im inneren Monolog und
  • im Bewusst­seins­strom.

In diesem Artikel schauen wir uns also die Rede­wie­der­gabe in Geschichten an und wie die ein­zelnen Formen sich von­ein­ander unter­scheiden.

Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede

Auf den ersten Blick sind Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede leicht von­ein­ander zu unter­scheiden:

„Inzwi­schen war Porthos her­an­ge­kommen und begrüßte Athos. Als er sich d’Ar­ta­gnan zuwandte, machte er ein ganz ver­dutztes Gesicht. Er hatte, nebenbei bemerkte, [sic!] sein Wehr­ge­hänge gewech­selt und den Mantel zu Hause gelassen.

»Ja, was heißt denn das?« rief er.

»Das ist der Herr, mit dem ich mich schlage«, erklärte Athos und wies auf d’Ar­ta­gnan.

»Ich schlage mich auch mit ihm«, sagte Porthos.

»Aber erst in einer Stunde«, bemerkte d’Ar­ta­gnan.

»Und ich«, rief Aramis, der in diesem Augen­blick her­ankam, »schlage mich eben­falls mit ihm.«

»Aber erst um zwei«, sagte d’Ar­ta­gnan gelassen.“

Alex­andre Dumas: Die drei Mus­ke­tiere, V. Kapitel: Die Mus­ke­tiere des Königs und die Leib­garde des Kar­di­nals.

In der Erzäh­ler­rede wird berichtet, was in der Geschichte pas­siert und wer was tut; der Erzähler beschreibt und erklärt, reflek­tiert, wertet und kom­men­tiert und wendet sich in man­chen Geschichten sogar direkt an den Leser.

Jedoch wird die Erzäh­ler­rede – oder der Erzäh­ler­be­richt (wie sie oft auch genannt wird) – oft von der Figu­ren­rede unter­bro­chen. Dabei ist diese im obigen Bei­spiel klar gekenn­zeichnet:

  • Es wird wört­lich zitiert, was die Figuren „tat­säch­lich“ gesagt haben.
  • Diese Zitate sind durch ent­spre­chende Satz­zei­chen gekenn­zeichnet.
  • Die Erzäh­ler­rede wird unter­bro­chen und
  • die 3. Person (er) wech­selt in die 1. Person (ich).
  • In den Begleit­sätzen steht klar und deut­lich, dass hier eine Figur spricht.

Und weil diese Figu­ren­rede eben so wört­lich und direkt ist, nennt man sie wört­liche oder direkte Rede.

Direkte Rede: Zei­chen­set­zung

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zur Zei­chen­set­zung bei der direkten Rede, weil das oft falsch gemacht wird:

  • Wört­liche Rede wird immer zwi­schen Anfüh­rungs­striche gesetzt: Stan­dard­mäßig stehen die Anfüh­rungs­striche am Anfang unten und am Ende oben.

Fritz­chen sagte: „Mir ist kalt.“

  • Die wört­liche Rede wird vom Begleit­satz durch ein Komma abge­trennt. Dieses steht außer­halb der Anfüh­rungs­striche.

„Mir ist kalt“, sagte Fritz­chen.

  • Wenn auf den Satz der wört­li­chen Rede der Begleit­satz folgt, wird bei Aus­sa­ge­sätzen kein Punkt gesetzt. Frage- und Aus­ru­fe­zei­chen aber schon. Das Komma, das den Begleit­satz von der wört­li­chen Rede abtrennt, bleibt!

„Ist dir kalt?“, fragte Lies­chen.

„Ja, mir ist kalt!“, rief Fritz­chen.

Ja, manchmal sieht man das auch in ver­öf­fent­lichten Büchern anders gehand­habt – auch im obigen Bei­spiel. Das bedeutet aber nicht, dass man ohne guten Grund gegen die Regeln der deut­schen Zei­chen­set­zung ver­stoßen sollte.

Wenn Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede ver­schmelzen

So säu­ber­lich getrennt die Erzähler- und Figu­ren­rede im obigen Bei­spiel auch waren: So ein­deutig ist es nicht immer!

Denn ers­tens ist anzu­merken, dass die Erzäh­lung ja immer durch einen Erzähler wie­der­ge­geben wird und wir keine Garantie haben, dass die wört­liche Rede tat­säch­lich so gesagt wurde. Wir gehen in der Regel davon aus, dass sie authen­tisch ist – und meis­tens ist sie auch so gedacht -, aber rein theo­re­tisch obliegt es immer noch allein dem Erzähler, das Gesagte wört­lich wie­der­zu­geben oder sti­lis­tisch oder sogar inhalt­lich abzu­wan­deln. Stich­punkt unzu­ver­läs­siges Erzählen.

Zwei­tens – und dar­über spre­chen wir heute aus­führ­li­cher – sieht man die Erzäh­ler­rede oft nicht in ihrer Rein­form, son­dern mit Merk­malen der Figu­ren­rede. Und der erste Schritt zur Figu­ra­li­sie­rung der Erzäh­ler­rede ist die indi­rekte Rede …

Indi­rekte Rede

Die indi­rekte Rede kommt ohne Anfüh­rungs­striche aus, ist aber immer noch klar iden­ti­fi­zierbar:

Fritz­chen sagte, ihm sei kalt.

Fritz­chen sagte, dass ihm kalt sei.

Signale, anhand derer wir erkennen, dass hier eine Figur spricht, sind Fol­gende:

  • Es steht klipp und klar, dass hier Fritz­chen spricht.
  • Das Gesagte ist durch ein Komma – und im zweiten Bei­spiel auch durch ein „dass“ – abge­trennt und
  • steht im Kon­junktiv.

Die indi­rekte Rede wirkt weniger authen­tisch als die direkte, weil sie kein Zitat ist. Es ist ein­deutig der Erzähler, der das Gesagte wie­der­gibt, nicht die Figur selbst.

Und oft fasst der Erzähler das Gesagte auch noch zusammen. Bei unserem Bei­spiel könnte Fritz­chen zum Bei­spiel ursprüng­lich gesagt haben: „Brrr, ist das kalt hier! Meine Hände sind Eis­zapfen!“ Damit hätte der Erzähler sich bei der indi­rekten Rede nur auf das Wesent­liche fokus­siert.

Der Ein­fluss der Erzäh­lers auf die Wie­der­gabe des Gesagten ist hier also klar erkennbar. Doch wäh­rend das Gesagte in der indi­rekten Rede weniger authen­tisch wirkt, ist die indi­rekte Rede gerade für das Erzählen authen­ti­scher als die wört­liche Rede.

Nie­mand erzählt seinen Freunden:

Meine Eltern haben gesagt: „Du darfst erst zur Party, wenn du deine Haus­auf­gaben gemacht hast!“

Nor­ma­ler­weise sagt man eher sowas:

Meine Eltern haben gesagt, ich kann erst zur Party, wenn ich meine Haus­auf­gaben gemacht habe.

Erlebte Rede

Etwas stärker ist die Ver­mi­schung bei der erlebten Rede. Hier spricht der Erzähler sozu­sagen durch das Prisma der Figur, ohne es aus­drück­lich zu kenn­zeichnen. Man könnte sagen: Die Figu­ren­rede tarnt sich hier als Erzäh­ler­rede.

Fritz­chen schau­derte. Ihm war so schreck­lich kalt! Seine Hände waren Eis­zapfen. Hof­fent­lich erfror er nicht.

Formal spricht hier zwar der Erzähler, aber der Text ist durch Fritz­chens Innen­sicht geprägt: Wir haben Ein­blick in seine Gefühle und Gedanken, seine Emp­fin­dungen und Hoff­nungen. Dadurch ist der Leser emo­tional näher an der Figur und kann mit­fühlen.

Ändert man die 3. Person in die 1. um und das Prä­ter­itum ins Prä­sens, wird es schon ein innerer Monolog …

Innerer Monolog

Beim inneren Monolog nimmt die Figur gegen­über dem Erzähler noch mehr Raum ein. Mehr noch, der Erzähler gibt die „Bühne“ fast kom­plett frei für das Innen­leben der Figur:

Mir ist so schreck­lich kalt! Meine Hände sind Eis­zapfen. Hof­fent­lich erfriere ich nicht.

Mal ange­sehen davon, dass wir hier unna­tür­li­cher­weise die Gedanken eines anderen Men­schen lesen und Gedanken und Gefühle gene­rell nur selten in voll­stän­digen, gram­ma­ti­ka­lisch kor­rekten Sätzen aus­for­mu­liert sind, fühlt sich die Wie­der­gabe der Gefühle einer Figur durch den innen Monolog ziem­lich authen­tisch an. Es wirkt ein biss­chen wie die wört­liche Rede: buch­stäb­lich und unver­fälscht. Der Erzähler bleibt schön im Hin­ter­grund, wo er nicht vom Inneren der Figur ablenken kann.

Bewusst­seins­strom

Maxi­male Authen­ti­zität erreicht man eigent­lich nur, wenn man einen (ver­meint­lich) unver­fälschten Bewusst­seins­strom wie­der­gibt: Gedanken, Gefühle, Wort- und Satz­fetzen, Erin­ne­rungen … Alles Mög­liche, was der Figur durch den Kopf geht – so chao­tisch, wie es eben im Kopf der Figur auf­taucht.

Kalt. Ver­dammt … Hände – Scheiße, wie Eis­zapfen! Schon Viertel nach drei. Wo steckt sie?! Durch­halten … Durch­halten!

Kein Son­der­fall: Ich-Erzähler

Nun sind wir bei den vor­an­ge­gan­genen Bei­spielen davon aus­ge­gangen, dass der Erzähler in der 3. Person (er/sie) erzählt. Die Figuren selbst spre­chen natür­lich in der 1. Person.

Was ist aber, wenn wir einen Ich-Erzähler haben?

Nun, ich erin­nere an die Unter­schei­dung zwi­schen dem erzäh­lenden und dem erzählten Ich. Die Erzäh­ler­rede ist die Rede des erzäh­lenden Ich. Die Rede des erzählten Ich ist die Figu­ren­rede. Bei den Merk­malen von Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede bleibt also alles gleich – abge­sehen davon, dass in der Erzäh­ler­rede eben nicht die 3., son­dern die 1. Person gebraucht wird.

Ich sagte: „Mir ist kalt.“

Ich sagte, mir sei kalt.

Und so weiter …

Der Sinn von Erzäh­ler­rede und Figu­ren­rede

Aber wozu nun das Ganze? Denn zumin­dest bei der Erzäh­ler­rede ist der Sinn klar:

Der Erzähler erzählt, er spricht, also hat er eine Rede.

Doch sobald die Figu­ren­rede ins Spiel kommt, wird es kom­pli­zierter …

Denn diese hat eine dop­pelte Funk­tion:

  • Sie unter­stützt die Erzäh­ler­rede bei der Wie­der­gabe der Hand­lung.
    Die Figuren bespre­chen Ereig­nisse, treffen Ent­schei­dungen, stellen kau­sale Ver­bin­dungen her, tau­schen Hin­ter­grund­in­for­ma­tionen aus … und so weiter.
  • Sie cha­rak­te­ri­siert die Figuren und ggf. auch ihre Bezie­hungen zuein­ander.
    Ihre Wort­wahl und Syntax, worauf sie achten, wie sich ihr Ton gegen­über unter­schied­li­chen Gesprächs­part­nern ver­än­dert … All das gibt uns Auf­schluss dar­über, wer sie sind, was für einen Hin­ter­grund sie haben und wie sie unter­ein­ander ver­netzt sind.

Durch eine Figu­ra­li­sie­rung der Erzäh­ler­rede wird der Erzähler außerdem (scheinbar) in den Hin­ter­grund gerückt und das Innen­leben der Figur in den Vor­der­grund. Dadurch kann der Leser direkt an den Gedanken und Gefühlen der Figur teil­haben, sich emo­tional anste­cken lassen, mit­fühlen und mit­fie­bern. Außerdem geht die Figu­ra­li­sie­rung oft mit der ein­ge­schränkten, sub­jek­tiven Per­spek­tive der Figur einher und damit auch mit einem ein­ge­schränkten Wis­sens­ho­ri­zont:

  • Was die Figur nicht weiß, weiß auch der Leser nicht.
  • Ist die Figur über­rascht, ist es auch der Leser.
  • Irrt sich eine Figur, hin­ter­fragen es die meisten Leser nicht.
  • Und so weiter …

Wie viel Erzäh­ler­rede und wie viel Figu­ren­rede man in seine Geschichte ein­bindet, hängt sehr stark mit der Wahl der Erzähl­per­spek­tive zusammen. An dieser Stelle ver­weise ich auf meine beiden Artikel, in denen ich die erzähl­theo­re­ti­schen Modelle von Stanzel und Genette „ver­un­staltet“ habe, um aus ihnen ein Werk­zeug für die Wahl einer pas­senden Erzähl­per­spek­tive zu machen. Klickt doch mal vorbei uns sagt mir, ob meine „Ver­un­stal­tungen“ etwas taugen!

21 Kommentare

  1. Eine Lösung meiner Frage habe ich hier nicht gefunden. Es geht um Fol­gendes:
    Er nahm sein Tage­buch zur Hand und schrieb:
    Ich traf sie unten am Fluss.
    „Hallo“, begrüßte sie mich (( anstelle von „Hallo, begrüßte sie ihn“ )).
    * Oder setzt man in der Ich­form keine Anfüh­rungs­striche:
    Hallo, begrüßte sie mich.
    Oder schreibt man es mit Apo­stroph: ‚Hallo‘, begrüßte sie mich.
    Also was ist richtig: mit Anfüh­rungs­zei­chen oder mit Apo­stroph oder ohne Zei­chen?

    Gerhard
    1. Das ist ein Fall von wört­li­cher Rede inner­halb von wört­li­cher Rede.

      Grund­sätz­lich wird wört­liche Rede in Anfüh­rungs­zei­chen gesetzt, die Erzähl­per­spek­tive (ob Ich-Erzähler oder nicht) ist dabei egal:

      Ich traf sie unten am Fluss.
      „Hallo“, begrüßte sie mich.

      Bei wört­li­cher Rede inner­halb von wört­li­cher Rede setzt man jedoch ein­fache Anfüh­rungs­zei­chen:

      Er nahm sein Tage­buch zur Hand und schrieb:
      „Ich traf sie unten am Fluss.
      ‚Hallo‘, begrüßte sie mich.“

      Ich hoffe, ich konnte helfen. 🙂

  2. Guten Morgen,
    auch ich habe hier fleißig gelesen und bin immer noch unsi­cher. Über Hilfe freue ich mich.

    Die wört­liche Rede im Erzähl­text immer mit neuer Zeile, so wie bei Deiner Ant­wort im oberen Bei­spiel?

    „Wer bist du?“, frage ich sie, „und, wo bin ich?“
    Meine Zunge schmerzt, als ich spreche und mit dem Schmerz dringen immer mehr Erin­ne­rungen in mein Bewusst­sein.
    „Sage doch etwas!“
    Erwar­tungs­voll schaue ich zu ihr.

    oder;

    „Wer bist du?“, frage ich sie, „und, wo bin ich?“ Meine Zunge schmerzt, als ich spreche und mit dem Schmerz dringen immer mehr Erin­ne­rungen in mein Bewusst­sein. „Sage doch etwas!“ Erwar­tungs­voll schaue ich zu ihr.

    oder;

    „Wer bist du?“, frage ich sie, „und, wo bin ich?“
    Meine Zunge schmerzt, als ich spreche und mit dem Schmerz dringen immer mehr Erin­ne­rungen in mein Bewusst­sein. „Sage doch etwas!“ Erwar­tungs­voll schaue ich zu ihr.

    Mein Manu­skript ist größer und ich habe bereits dreimal geän­dert. Bin unsi­cher.
    Mir fehlt hier die rich­tige Grund­lage. Viele Grüße Gabriele

    Gabriele
    1. Moin Gabriele!

      Grund­sätz­lich sind die Absätze Dir selbst über­lassen. Was ich aller­dings drin­gend emp­fehle, ist das Beginnen eines neuen Absatzes beim Spre­cher­wechsel. Also nicht grund­sätz­lich bei wört­li­cher Rede, son­dern wenn eine andere Figur zu reden anfängt. Aber natür­lich kannst Du auch beim selben Spre­cher neue Absätze beginnen, wenn Du es für sinn­voll erach­test.

      Was Deine Vari­anten angeht, so sind sie alle valide, bloß fällt die Schwer­punkt­ver­tei­lung etwas unter­schied­lich aus. Immerhin, wenn Du eine bestimmte Infor­ma­tion in einen geson­derten Absatz packst, dann hebst Du sie hervor. Gene­rell signa­li­sierst Du durch die Absatz­ver­tei­lung eine bestimmte Struktur, die sich auf die unter­be­wusste Wahr­neh­mung des Texts durch den Leser aus­wirkt.

      In diesem Zusam­men­hang könnten Dich mein Artikel über die Wie­der­gabe von Hand­lung, inklu­sive Aufbau von Absätzen (https://die-schreibtechnikerin.de/literaturwissenschaft-definitionen-modelle/erzaehltheorie/wiedergabe-von-handlung/) sowie über Dia­loge (https://die-schreibtechnikerin.de/tipps/schreibtipps/tipps-fuer-bessere-dialoge/) inter­es­sieren.

      So viel dazu. Als kleinen Hin­weis nebenbei möchte ich nur noch auf einen Fehler hin­weisen:

      „Wer bist du?“, frage ich sie, „und, wo bin ich?“

      „Wer bist du?“ ist ein abge­schlos­sener Satz inner­halb der wört­li­chen Rede, „frage ich sie“ ist der dazu­ge­hö­rige Begleit­satz. Zusammen ergeben sie einen voll­stän­digen Satz, wes­wegen nach „sie“ ein Punkt stehen sollte. „[U]nd, wo bin ich?“ ist somit sowohl gene­rell als auch inner­halb der wört­li­chen Rede ein neuer Satz und sollte mit einem Groß­buch­staben beginnen. Wenn Du aber alles in einem ein­zigen Satz haben möch­test, kannst Du das erste Fra­ge­zei­chen auch weg­lassen. Dann würde ich aber auch auf das Komma hinter dem „und“ ver­zichten, weil das „und“ dann ja als Kon­junk­tion zwi­schen zwei Haupt­sätzen fun­giert. Also ent­weder:

      „Wer bist du?“, frage ich sie. „Und, wo bin ich?“
      (Wört­liche Rede = zwei Sätze: „Wer bist du? Und, wo bin ich?“)

      oder:

      „Wer bist du“, frage ich sie, „und wo bin ich?“
      (Wört­liche Rede = ein Satz: „Wer bist du und wo bin ich?“)

      Auch hier setzt Du mit jeder Vari­ante bestimmte Akzente, musst also selbst ent­scheiden, was besser passt.

      Liebe Grüße
      Feael

      1. Als Erstes wün­sche ich Dir ein Frohes Neues Jahr 2023.
        Möge es viele gute Chancen für Dich bereit­halten.

        Vielen herz­li­chen Dank für Deine aus­führ­liche Ant­wort. Das hilft mir sehr.
        Beson­ders auch der Hin­weis auf die Prü­fung der Begleit­sätze. Das ist sicher auch ein Neben­pro­dukt der Umgangs­sprache bei mir, die dann in Texte ein­fließt.

        Daaa­an­ke­schön, auch für Deine Mühe hier zu ant­worten.
        Hast Du auch einen Tipp für eine erfolg­reiche Ver­lags­suche?

        Herz­liche Grüße Gabriele

        Gabriele
  3. Vielen Dank für die tolle Erklä­rung! Ich hätte dazu eine Frage.
    Ist der innere Monolog immer in der 1. Person geschrieben? Dann ist der Unter­schied der erlebten Rede zum inneren Monolog nur die Person und der Tempus, oder?
    Wäre dann fol­gender Satz eine erlebte Rede, auch wenn die Figur (nicht ein­deutig erkennt­lich) zu einer anderen Figur spricht:

    Fritz­chen saß an Lischens Bett und ver­suchte, sie zum Leben zu über­reden. Sie möge doch end­lich auf­wa­chen, sie solle ihn doch nicht alleine lassen, in dieser schweren Zeit.

    Oder wäre das schon als indi­rekte Rede ein­zu­ordnen? Ich hoffe die Frage war ver­ständ­lich.

    Lena
    1. Es freut mich, wenn meine Erklä­rung hilf­reich ist. 🙂

      Ja, der innere Monolog ist der wört­liche Gedan­ken­strom einer Figur, des­wegen ist er (in der Regel) auch in der 1. Person Sin­gular geschrieben (außer die Figur spricht von sich in der 3. Person oder hat ähn­liche Beson­der­heiten). Die erlebte Rede ist da sehr ähn­lich, ja. Aller­dings ist das Tempus kein Kri­te­rium, weil erlebte Rede ja auch in eine Erzäh­lung im Prä­sens ein­ge­bettet werden kann. Also: Der innere Monolog ist eigent­lich immer im Prä­sens, bei der erlebten Rede richtet sich das Tempus nach der gene­rellen Zeit­form der Erzäh­lung.

      Bei Deinem Bei­spiel­satz han­delt es sich um indi­rekte Rede: Fritz­chen spricht zu Lies­chen, das wird ein­deutig gesagt, doch statt einer wört­li­chen Wie­der­gabe des Gespro­chenen fasst der Erzähler es zusammen.

  4. Hallo, vielen Dank für den Artikel, ich lerne gerade fürs Abitur und das war sehr hilf­reich! Nur eine Frage blieb offen. Wie heißt es, wenn jemand in einer wört­lich erzählten Geschichte die Figuren in direkter Rede spre­chen lässt? Also:
    Herr K. sprach über die Unart, erlit­tenens Leid still­schwei­gend in sich hin­ein­zu­fressen, und erzählte fol­gende Geschichte: „Einen vor sich hin wei­nenden Jungen fragte ein Pas­sant nach dem Grund des Kum­mers. Ich hatte 2 Gri­schen für das Kino­bei­sammen, da kam ein Kunge und klaute sie mir. Hast du nicht um Hilfe gerufen?… und dann geht es so weiter. Gibt es darauf auch eine Ant­wort?

    vielen vielen Dank und liebe Grüße!

    Anonym
    1. Ich freue mich, wenn ich helfen konnte. 🙂

      Wört­liche Rede in wört­li­cher Rede ist wört­liche Rede in wört­li­cher Rede. Für sie gelten die­selben Regeln wie für die „nor­male“ wört­liche Rede, bloß benutzt man statt dop­pelten Anfüh­rungs­zei­chen ein­fache. Unge­fähr so:

      Herr K. sprach über die Unart, erlit­tenens Leid still­schwei­gend in sich hin­ein­zu­fressen, und erzählte fol­gende Geschichte:
      „Einen vor sich hin wei­nenden Jungen fragte ein Pas­sant nach dem Grund des Kum­mers.
      ‚Ich hatte 2 Gri­schen für das Kino­bei­sammen, da kam ein Kunge und klaute sie mir‘, sagte der Junge.
      ‚Hast du nicht um Hilfe gerufen?‘, fragte der Pas­sant weiter.
      …“

      Bei diesem Bei­spiel habe ich noch ein paar Begleit­sätze hin­zu­ge­fügt, um zu demons­trieren, dass die Regeln wirk­lich haar­genau die­selben sind.

      Ich hoffe, ich konnte es eini­ger­maßen ver­ständ­lich erklären.

  5. Liebe Gabriele,
    Vielen Dank für deine aus­führ­li­chen Erklä­rungen und Hin­weise auf deiner Web­seite hier. Ich schreibe selbst und gerate bei einer bestimmten Sache immer wieder in Dis­kus­sionen mit anderen Schrei­bern, ohne dass wir eine rich­tige Lösung finden, da wir alle eher von einem Sprach­ge­fühl aus­gehen, als es wirk­lich zu wissen.
    Fol­gendes: Ich schreibe übli­cher­weise in Prä­sens. Dabei bediene ich mich sehr oft der erlebten Rede, um die Innen­welt meiner Figuren zu beschreiben. Eben bei der erlebten Rede falle ich stets zurück ins Prä­ter­itum. So fühlt es sich für mich ein­fach richtig an (auch weil es noch einmal die Gedanken von dem eigent­li­chen Geschehen trennt).

    Bei­spiel: Marie blickt auf ihre Uhr und erstarrt. Oh Gott! Sie war viel zu spät dran! Sie kam zu spät zu ihrem Termin! Hals über Kopf beginnt sie zu rennen.

    Für mich klingt es so richtig, andere meinen rein Prä­sens wäre rich­tiger.
    Was sagst du dazu?
    Beste Grüße
    Ulrike

    Ulrike
    1. Huch, mein Name ist nicht Gabriele. Das ist ein schöner Name, aber ich heiße Katha. Oder Feael Sil­ma­rien. Meis­tens höre ich auch auf „du da“. 😉

      Zu Deinem Anliegen: Der Wechsel zwi­schen Prä­sens und Prä­ter­itum ist falsch. Bei der erlebten Rede über­nimmt der Erzähler zwar die Innen­welt einer Figur, aber es ist immer noch der Erzähler, der spricht. Wenn der Erzähler also im Prä­sens erzählt, dann muss die erlebte Rede auch im Prä­sens stehen. Es ist eben auch der Sinn und Zweck von erlebter Rede, dass die Gedanken und die Hand­lungen ver­schmelzen und auf den ersten Blick nicht zu unter­scheiden sind. Wenn Du Gedanken klar her­vor­heben möch­test, soll­test Du die direkte Rede wählen.

      Dass der Wechsel zwi­schen Prä­sens und Prä­ter­itum sich für Dich richtig anfühlt, könnte daran liegen, dass Du beides aus der Lite­ratur kennst: Erzählen im Prä­sens und erlebte Rede im Prä­ter­itum. Du wirst aber wohl kaum beides gleich­zeitig im selben Buch ange­troffen haben.

      1. Hallo Katha,
        Erstmal bitte ich viel­mals um Ent­schul­di­gung 🙈. Da habe ich mich wohl oben von den Fragen ver­wirren lassen.

        Danke für dein Feed­back. Ich denke auch, dass ich es so oft und viel gelesen habe. Es gibt halt eher wenige Bücher, die in Prä­sens geschrieben sind.
        Viel­leicht pro­biere ich es ein­fach mal eine Story in der Ver­gan­gen­heit zu schreiben. Mal sehen, wie sich das anfühlt. 😅
        LG
        Ulrike

        Ulrike
  6. Hallo liebe Schreib­technikerin,

    danke für den sehr infor­ma­tiven Text! Ich habe aber noch eine kleine Frage zu einem Satz wie diesem hier mit „Äuße­rungs­verb“ + Indi­kativ:

    Alles in allem, dachte Julia, war ihr Vor­schlag doch sehr gut gewesen.

    Ist dieser Satz indi­rekte oder erlebte Rede oder doch etwas anderes?

    Liebe Grüße, Marie

    Marie
    1. Vielen lieben Dank fürs Lob!

      Zur Frage:

      Indi­rekte Rede wäre: „Alles in allem, dachte Julia, sei ihr Vor­schlag doch sehr gut gewesen.“

      Wichtig ist hier der Kon­junktiv. Dein Satz hin­gegen kommt ohne Kon­junktiv aus. Ich würde daher sagen, dass es sich um erlebte Rede han­delt. Der Begleit­satz „dachte Julia“ ist hier eigent­lich auch nicht not­wendig bzw. eher deko­rativ und wirkt eher wie ein Ein­schub.

  7. Hallo Schreib­technikerin

    Zunächst einbmal vielen Dank für diesen auf­schluss­rei­chen Text!
    Ich meine, ich hätte mal in einem Buch eine Stelle gelesen, in der zwar eine direkte Rede vor­kommt. Jedoch wird die direkte Rede durch Kom­men­tare des Erzäh­lers unter­bro­chen, weil die Figur wäh­rend des Spre­chens eine Bewe­gung macht. Das ganze sah bei­spiels­weise wie folgt aus:

    „Ich habe (sie fasste sich an den Kopf) ganz schlimme Kopf­schmerzen.“

    Ist das so kor­rekt oder habe ich da etwas fal­sches im Kopf?

    Liebe Grüsse, Michael

    Anonym
    1. Hallo Michael,

      vielen Dank fürs Lob!

      Die wört­liche Rede kann durchaus von Hand­lungen unter­bro­chen werden, bloß macht man das nicht mit Klam­mern, son­dern so:

      „Ich habe“, sie fasste sich an den Kopf, „ganz schlimme Kopf­schmerzen.“

      Ich hoffe, ich konnte helfen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert