Szenen machen meistens den Großteil eines Romans aus: Wir begleiten die Figuren in konkreten Situationen, die zeitdeckend erzählt werden. Betrachten wir dieses wichtige Element von Geschichten also aus erzähltheoretischer und praktischer Sicht, gehen dabei auf Szenenübergänge ein und schauen uns auch ein paar Anregungen aus dem Filmgenre an.
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Szenen. – Wir kennen sie aus Theater und Film, übertragen sie gerne aber auch auf geschriebene Werke. Was meinen wir Autoren also, wenn wir von Szenen sprechen? Wie machen wir unsere eigenen Szenen möglichst interessant? Und wie schaffen wir Übergänge zwischen ihnen? – Schauen wir’s uns an!
Szene: Definition und Aufbau
Bevor wir über Szenen reden, müssen wir sie natürlich definieren – im erzähltheoretischen Sinne, versteht sich.
Laut Gérard Genette gibt es vier Möglichkeiten, wie die Dauer sich in Textabschnitten verhalten kann: Pause, Szene, Summary und Ellipse. Alle vier erkläre ich in einem eigenständigen Artikel; an dieser Stelle daher nur eine kurze Auffrischung der Szene:
Die Zeit der Geschichte und die Textlänge halten sich hier die Waage. Das heißt: Eine Szene ist mehr oder weniger zeitdeckend geschrieben. Es ist der häufigste Typ der Dauer, meistens dominiert vom Dialog. Dabei gibt es dramatische Szenen und typische/exemplarische Szenen, d. h. eine Szene treibt entweder die Handlung voran oder illustriert irgendwelche Beziehungen oder Sachverhalte.
Das ist aber immer noch etwas sehr lose. Gehen wir also weg von der knallharten Wissenschaft und schauen in einen praxisorientierten Ratgeber. Mein herzallerliebster John Truby schreibt dazu:
„A scene is generally one action in one time and place.“
John Truby: The Anatomy of Story, Chapter 9: Scene Weave.
In Schreibkreisen versteht man unter „Szene“ also vor allem ein grundlegendes Handlungselement, einen Einzelschritt des Plots, und idealerweise lässt sie sich in einem einzigen Satz beschreiben. Außerdem findet eine Szene in der Regel an genau einem Ort zu einer bestimmten Zeit statt, d. h. innerhalb der Szene gibt es keinen Zeit- oder Ortswechsel, sehr wohl aber zwischen Szenen.
Zum Beispiel:
- Gesamthandlung: Lieschen sieht Fritzchen regelmäßig in einer Vorlesung, findet ihn interessant und spricht ihn an.
- Szene 1: Lieschen betritt mit ihren Freundinnen den Hörsaal und wird auf Fritzchen aufmerksam.
- Szene 2: Lieschen hat Fritzchen im Verlauf von mehreren Sitzungen beobachtet und beschließt, ihn anzusprechen.
- Szene 3: Lieschen bringt den Mut auf, sich neben Fritzchen zu setzen, und verwickelt ihn in ein Gespräch.
Bestandteile und Funktionen einer Szene
Wie Du also merkst, sind Szenen kleine Unterstorys der Gesamtstory und trotz ihrer Kürze enthalten sie – in guter Storymanier – meistens ein Ziel, einen Konflikt und eine Auflösung. Wichtig ist aber vor allem, dass – sofern es eine dramatische Szene werden soll – die Handlung vorangeht, d. h. ein Ereignis passiert:
- In Szene 1 besteht Lieschens Ziel darin, an der Vorlesung teilzunehmen. Sie verguckt sich allerdings in Fritzchen, ihr Ziel ändert sich und es entsteht ein Konflikt, weil sie sich nicht traut, ihn anzusprechen.
- In Szene 2 geht es weiter mit dem Konflikt und die Szene mutet sehr exemplarisch an, als Lieschen sich mal wieder nicht traut, auf Fritzchen zuzugehen. Allerdings gibt es am Ende der Szene einen Wendepunkt, an dem Lieschen endlich beschließt, sich nächstes Mal neben Fritzchen zu setzen.
- In Szene 3 hat Lieschen also dieses klare Ziel, sie überwindet ihre Schüchternheit und setzt es um, und daraus entwickelt sich ein neues Ziel, nämlich Fritzchen näher kennenzulernen.
Ansonsten kann eine Szene natürlich auch weitere Funktionen erfüllen:
Als Lieschen in der ersten Szene den Vorlesungssaal betritt, ist es zum Beispiel eine gute Gelegenheit, diesen – den Schauplatz der weiteren Handlung – zu beschreiben. Als Lieschen Fritzchen beobachtet, kann anhand dieser Beobachtungen sein Charakter angedeutet werden. Und so weiter …
Überhaupt kannst Du grundsätzlich alles tun und lassen, was Du willst bzw. was Deine Geschichte erfordert: Mehrere Konflikte in einer Szene? – Warum nicht? – Durch eine exemplarische Szene Atmosphäre aufbauen? – Ja, klar, solange sie nicht langweilig ist. – Eine Szene komplett ohne Konflikt oder Zustandsveränderung? – Wenn sie für Deine Geschichte trotzdem einen tieferen Sinn hat, gerne.
Merkmale einer guten Szene
Was hier aber immer wieder anklingt, ist das wohl zentralste Qualitätskriterium:
Eine Szene sollte vor allem relevant sein.
Egal, ob sie die Handlung vorantreibt oder nicht – sie sollte unbedingt etwas Wesentliches zur Geschichte beisteuern. Das heißt:
Du brauchst nicht für jeden Zwischenschritt der Handlung eine eigene Szene, sondern nur für die wirklich ereignishaften Momente.
Zur Ereignishaftigkeit habe ich jedoch bereits einen eigenständigen Artikel und werde dieses Unterthema daher an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.
Was den Aufbau einer guten Szene angeht, so bietet es sich natürlich an, mit der klassischen Struktur von Einleitung, Hauptteil und Schluss zu operieren. Und wenn wir noch John Trubys Tipps hinzunehmen, dann sollte die Szene gewissermaßen die Form eines umgedrehten Dreiecks bzw. eines Trichters haben:
Am Anfang ist noch alles offen, es gibt viele Möglichkeiten, wie die Szene ausgehen könnte, doch im Verlauf des Hauptteils spritzt sich die Szene zu und endet an einem ganz konkreten Punkt, dem narrativen Ziel dieser Szene, der entscheidenden Wendung.
In der Praxis bedeutet das, dass am Anfang natürlich die Ausgangslage klar sein sollte: der aktuelle Stand der Dinge inklusive der Position der Reflektorfigur in ihrem Arc, Zeit und Ort der Szene, das Ziel der Reflektorfigur und die Hindernisse auf dem Weg dorthin. Im Hauptteil stellt sich die Reflektorfigur dem Konflikt dieser einen konkreten Szene und am Ende schließlich gibt es einen neuen Status quo, der eine Handlungsschritt des Gesamtplots ist abgeschlossen und idealerweise entsteht daraus ein neuer Unterkonflikt, der die nächste Szene dominieren wird. Vor allem Letzteres sorgt dafür, dass die Leser am Ball bleiben wollen, weil ja ein neues Problem entstanden ist und Fragen über den weiteren Verlauf der Geschichte aufwirft.
Damit geht einher, dass Du nicht nur die relevanten Szenen herauspicken solltest, sondern dass auch innerhalb dieser Szenen nicht zu viel Fluff hineingehört. Soll heißen:
- Steige möglichst spät in die Szene ein, eiere also nicht lange herum, bevor der Konflikt losgeht. Das Ziel der Reflektorfigur kann dabei von Anfang an vorhanden sein oder erst im Verlauf der Szene aufkommen.
- Und auch beim Ende der Szene solltest Du nicht lange rumeiern, sondern möglichst früh aussteigen, d. h. mehr oder weniger direkt sobald der neue Status quo erreicht ist.
- Was den Hauptteil angeht, so kann eine Szene so lang sein, wie Du willst bzw. wie Deine Geschichte es erfordert, aber hüte Dich auch hier davor, allzu viel irrelevantes Füllmetarial einzubauen.
Das Kapitel Der Rat von Elrond im Herrn der Ringe ist nicht umsonst für seine Länge berüchtigt: Monolog reiht sich an Monolog, Binnenerzählung an Binnenerzählung und das meiste davon hat keine Bedeutung für den Hauptplot. In Peter Jacksons Verfilmung wurde diese Endlosszene sehr sinnvoll auf die Diskussion um das weitere Vorgehen mit dem Einen Ring reduziert, sodass die Spannung nicht flöten geht.
Und apropos Kapitel: Im Artikel über die Wiedergabe von Handlung haben wir bereits über das Verhältnis zwischen Szenen und Kapiteln gesprochen, daher belasse ich es hier bei einem Hinweis.
Szenenübergänge
Im selben Artikel geht es auch um Szenenübergänge, über Thema und Rhema und über Ellipsen und Summarys als unterschiedliche Arten von Übergängen zwischen Szenen. Ich empfehle also einen Blick hinein und gehe an dieser Stelle nur in einem Aspekt etwas mehr ins Detail, beginnend mit einer kleinen Erinnerung:
Szenen werden für gewöhnlich durch Ellipsen, Summarys und zahlreiche Zwischenstufen verknüpft:
- Der Übergang kann also abrupt erfolgen, das Geschehen zwischen den beiden Szenen wird also komplett weggelassen,
- das Geschehen zwischen den Szenen kann zusammengefasst werden,
- oder es wird nur ein Teil zusammengefasst und der Rest wird weggelassen.
Was die Praxis angeht, so kann eine Ellipse zum Beispiel so aussehen:
Unsere Beispielszene 1 endet ja damit, dass Lieschen auf Fritzchen aufmerksam wird. Vielleicht mit diesen Worten:
Lieschen starrte und starrte. Dass es auf der Welt einen so schönen Mann gab! Unglaublich …
Der Text geht dann weiter mit Szene 2. Sie könnte zum Beispiel so beginnen:
„Willst du Fritzchen nicht so langsam mal ansprechen?“, fragte Lieschens Freundin, als sie mal wieder den Vorlesungssaal betraten. „Du starrst ihn schon seit zwei Monaten an. Das wird langsam creepy!“
Während die Ellipse also sehr filmisch anmutet, da wir ja von einer Szene direkt zur nächsten springen, sind Summarys ein sehr traditioneller Ansatz:
So könnte Beispielszene 2 mit diesen Worten beginnen:
Lieschen war so fasziniert, dass sie Fritzchen zwei Monate lang anstarrte. Sie versuchte, es verstohlen zu tun, aus dem Augenwinkel, gab sich Mühe, dabei ruhig zu atmen und möglichst nicht rot zu werden, aber es half alles nichts. Ihre Freundinnen neckten sie deswegen ununterbrochen. Und der Vorlesung konnte sie natürlich auch nicht folgen.
Obwohl Summarys häufig am Anfang einer Szene stehen, können sie natürlich auch erst später eingeflochten werden. Selbiges gilt natürlich auch für Summarys, die nur einen Teil der zwischen den Szenen liegenden Ereignisse zusammenfassen:
Zum Beispiel könnte ein entsprechender Anfang von Szene 2 so aussehen:
„Willst du Fritzchen nicht so langsam mal ansprechen?“, fragte Lieschens Freundin, als sie zwei Monate später wieder einmal den Vorlesungssaal betraten. Und sie hatte ja recht, Lieschen wusste das. Woche für Woche hatte sie Fritzchen aus dem Augenwinkel beobachtet, statt sich auf die Vorlesung zu konzentrieren.
Aber das waren jetzt wirklich nur Beispiele. Ich kann und will Dir nicht vorschreiben, wie Ellipsen und Summarys zu handhaben sind, zumal Du ja unendlich kreativ werden kannst, wenn Du sie mischst. Wichtig ist nur zu wissen,
- dass es auf der einen Seite den szenischen Stil gibt mit vielen Ellipsen und eher wenigen kurzen Summarys sowie abrupten Szenenanfängen und ‑enden,
- auf der anderen Seite den ununterbrochenen Erzählstrom mit eher wenigen Ellipsen, dafür aber vielen Summarys, in denen Szenenenden und ‑anfänge fließend ineinander übergehen,
- sowie ein breites Spektrum an Zwischenformen, deren konkrete Ausprägung auf die Geschichte und Deinen individuellen Stil ankommt.
Unendlich kreativ werden kannst Du auch bei der Art und Weise, wie Du die Grunddaten zum Status quo an den Leser bringst, besonders bei Zeit und Ort:
So habe ich in den Beispielen zwar auf das klassische „zwei Monate später“ zurückgegriffen, was genauso „originell“ ist wie „am nächsten Tag“ und Konsorten. Alternativ kannst Du aber natürlich auch mit konkreten Daten arbeiten, sodass Szene 2 zum Beispiel genau am 8. November stattfindet. Oder Du kannst die Information über den Zeitsprung etwas verstecken: Im ersten Beispiel habe ich sie im Dialog untergebracht, möglich sind auch Gedanken, oder Lieschen markiert das aktuelle Datum in ihrem Kalender oder oder oder …
Und beim Ortswechsel gilt natürlich dasselbe: Du kannst den Ort konkret benennen, im Dialog unterbringen, den Ort beschreiben oder durch „Show“ zeigen und so weiter …
Szenenübergänge bei verschiedenen Strängen
Was aber, wenn nicht nur Zeit und Ort wechseln, sondern auch die Figuren? Was, wenn ein Konflikt nicht direkt in den nächsten übergeht, sondern die Erzählung zu einem völlig anderen Strang mit völlig anderen Konflikten springt?
Die Risiken sind hier offensichtlich: Die Leser sind beim alten Strang noch mitten im Geschehen und wollen wissen, wie es weitergeht. Außerdem könnte der Sprung selbst unnatürlich wirken.
Wie kann man das also handhaben?
Zunächst sollten wir erst mal sagen, dass in einer gut durchdachten Geschichte die einzelnen Stränge nicht losgelöst voneinander existieren, sondern durch ihre Themen, Beziehungen der Figuren und alles andere zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Denke an Das Lied von Eis und Feuer:
Die Ereignisse in einem Strang an einem Ende der Welt haben direkte Auswirkungen auf andere Stränge in anderen Teilen der Welt, zum Beispiel als der Kleine Rat in Königsmund über eine Ermordung von Daenerys Targaryen diskutiert, die jenseits der Meerenge schwanger und dadurch zu einer potentiellen Gefahr geworden ist, oder als Jon Schnee von den Schwierigkeiten seiner Familie hört und damit seine Loyalität gegenüber der Nachtwache auf die Probe gestellt wird.
Was passiert, wenn die einzelnen Stränge nicht gut zusammenhängen, demonstriert die Netflix-Serie Shadow and Bone:
Der Nebenplot um Nina und Mathias mag an sich noch so putzig sein mit ihrer Enemies-to-lovers-Geschichte, aber er existiert sehr losgelöst von den anderen Handlungssträngen. Nina wird von den anderen Figuren zwar ein paar Mal erwähnt, aber sonderlich beeinflussen tun sich die Plots nicht. Nur diejenigen, die die Bücher gelesen haben, können wissen, dass Nina und Mathias später Teil des Krähenteams werden. Ohne dieses Hintergrundwissen aber sitzt man da und fragt sich, warum dieser Nebenplot überhaupt existiert.
Also lange Rede, kurzer Sinn:
Achte bei mehreren Handlungssträngen darauf, dass die Ereignisse in den Szenen des einen Strangs auch die anderen Stränge beeinflussen.
Dabei ist es egal, ob Du eher szenisch schreibst oder mit einem ununterbrochenen Erzählstrom arbeitest. Zwar ist es beim szenischen Stil einfacher, natürlich zwischen Strängen zu springen – man fängt einfach eine neue Szene an -; doch auch beim Erzählstrom lassen sich Strangwechsel in den Summarys unterbringen oder – sofern die unterschiedlichen Figuren miteinander in Kontakt kommen – in einem Perspektivwechsel.
Erinnern wir uns zum Beispiel an das Ende von unserer Szene 1:
Lieschen starrte und starrte. Dass es auf der Welt einen so schönen Mann gab! Unglaublich …
Die Summary-Überleitung zu einem anderen Strang könnte so aussehen:
Ähnlich schmachtete auch Erna im angrenzenden Hörsaal. Das Objekt ihrer Begierde war Klaus. Sie kannte ihn allerdings schon seit dem letzten Semester und besuchte die Vorlesung vor allem wegen ihm.
Was Perspektivwechsel angeht, so haben wir bereits in einem früheren Artikel darüber gesprochen, sodass ich es auch an dieser Stelle bei einem Hinweis belasse.
Inspirationsquelle Film: Montage
Nun ist es aber auf Dauer langweilig, wenn sich Szenen stumpf aneinanderreihen und die Handlung abfrühstücken. Es ist daher nie verkehrt, bei der Szenenabfolge und bei der Art von Übergängen kreativ zu werden. Und Anregungen dazu können wir uns aus dem Bereich des Filmschnitts bzw. der Montage holen.
Hier einige Montagetechniken, die für uns Autoren interessant sein können:
- Beim Match Cut passen das Ende einer Szene und der Anfang der nächsten zusammen, häufig durch Ähnlichkeit oder Kontrast. Am Anfang von James Camerons Titanic sehen wir zum Beispiel den Übergang von der längst versunkenen, überwucherten Titanic zur nigelnagelneuen Titanic kurz vor ihrer Jungfernfahrt. Ein anderes Beispiel ist der Szenenübergang, als Gandalf in Peter Jacksons Der Herr der Ringe König Théoden heilt und ihn dabei zurück auf seinen Thron schleudert und in der nächsten Szene Saruman von seinem Palantír weggeschleudert wird. Dadurch wird ein Zusammenhang zwischen den Szenen hergestellt und es entsteht ein neuer, tieferer Sinn.
Auf das Schreiben übertragen können wir es zum Beispiel so:
Ende von Szene 1:
Lieschen starrte und starrte. Dass es auf der Welt einen so schönen Mann gab! Unglaublich …
Anfang von Szene 2:
„Dass es auf der Welt einen so schönen Mann gibt! Unglaublich …“, dachte Erna und schielte zu Klaus.
Wer meine Reihe zu den rhetorischen Stilmitteln kennt, hat hier sicherlich eine Anadiplose identifiziert. Und ja, ich würde sagen, dieses Stilmittel ist mit dem Match Cut verwandt.
- Bei der Parallelmontage wird zwischen mehreren Szenen umhergeswitcht, was meistens eine Gleichzeitigkeit des Geschehens ausdrückt. Das sehen wir häufig in spannungsgeladenen Sequenzen, zum Beispiel wenn zwischen jemandem, der gerettet werden muss, und dem herbeieilenden Retter hin- und hergesprungen wird. Eine Parallelmontage kann aber auch einen Kontrast betonen, beispielsweise als Michael Corleone in Der Pate von Francis Ford Coppola während der Taufe seines Neffen Satan abschwört, parallel dazu aber seine Gegner durch Auftragsmörder massakrieren lässt.
Wenn wir es auf das Schreiben übertragen, könnten wir zum Beispiel zwischen Lieschen und Erna switchen und dabei zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen ans Ansprechen von Männern im Kontrast zueinander darstellen. Oder wir könnten zwischen Lieschen im Hörsaal und Lieschen in der Vergangenheit switchen und so Stück für Stück zeigen, warum sie so schüchtern ist.
- Die Attraktionsmontage ist das Einbinden von Szenen, die oberflächlich betrachtet nichts mit der Handlung zu tun haben, in Wirklichkeit aber eine metaphorische Bedeutung tragen. Paradebeispiele liefert der Entwickler dieses Konzepts selbst, Sergej Eisenstein, u. a. in seinem Film Streik, wo in eine Szene mit einem Massaker an Menschen Bilder aus einem Schlachthof zwischengeschnitten sind.
Ein literarisches Beispiel findet sich in Fangirl von Rainbow Rowell, wo zwischen den einzelnen Kapiteln Ausschnitte aus Fanfictions der Protagonistin auftauchen. Sie haben keinen direkten Bezug zur Handlung – außer dass die Protagonistin eben Fanfictions schreibt –, aber auf einer metaphorischen Ebene spiegeln die Szenen in den Fanfictions den aktuellen Stand der Handlung wieder.
Das waren jetzt aber nur drei Techniken von vielen. Tauche also gerne selbstständig in andere Erzählgattungen ein und wenn Dir eine Technik gefällt, dann überlege, wie Du sie in einem Text umsetzen kannst. Ideen und Anregungen lauern überall!
Schlusswort
So viel also zu Szenen und Szenenübergängen. Ich hoffe, Dir brauchbares Werkzeug an die Hand gegeben zu haben, will aber auch darauf hinweisen, dass es sich bei allem, was ich hier anspreche, um Richtlinien handelt:
Beim Schreiben geht es schließlich vor allem um Kreativität und nicht um das Befolgen von Anleitungen.
Kreativität erfordert aber natürlich, dass man seinen Horizont ständig erweitert. Das kann man zum Beispiel durch Analysen tun. Deswegen analysieren wir am 21.11.2021 ein paar Szenen im Rahmen eines Steady-Livestreams und legen dabei besonderen Wert auf die Darstellung von Gefühlen, weil das letztes Mal ja unser Thema war und so gut passt.