Horror: Gruselige Geschichten (oder einfach nur Szenen) schreiben

Horror: Gruselige Geschichten (oder einfach nur Szenen) schreiben

Wie erzeugt man Angst? Selb­st in Geschicht­en jen­seits des Hor­ror-Gen­res wird es gerne gruselig, wider­lich und ver­störend. Was jagt dem Leser also kalte Schauer über den Rück­en und stellt seine Nack­en­haare auf? Wie sorgt man dafür, dass das Gruselige wirk­lich gruselig ist? Darüber reden wir in diesem Artikel …

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Hor­ror ist nicht nur etwas für Hor­ror-Fans. Ich zum Beispiel kon­sum­iere dieses Genre eher sel­ten, aber rate mal, was meine lieb­ste Episode in den Herr der Ringe-Büch­ern ist. Es ist näm­lich nicht die Zer­störung des Rings, wed­er die Schlacht von Helms Klamm, noch die auf den Pelen­nor-Feldern, es sind nicht die Besuche in den geheimnisvollen Elben­re­ichen, son­dern etwas, das es nicht ein­mal in die Ver­fil­mung geschafft hat: die Hügel­gräber­höhen. Als die Hob­bits sich inmit­ten von Hügel­gräbern im Nebel ver­lieren, von Geis­tern gefan­gen genom­men und einem schwarz­magis­chen Rit­u­al unter­zo­gen wer­den.

Manche Geschicht­en existieren primär dazu, den Leser zu gruseln. Sie wer­den dem Hor­ror-Genre zuge­ord­net. Doch wie das Herr der Ringe-Beispiel zeigt, sind Hor­ror-Ele­mente auch in Geschicht­en ander­er Gen­res ver­bre­it­et.

Angst ist nun mal ein sehr starkes Gefühl und sorgt für Span­nung. Deswe­gen ist Hor­ror dur­chaus etwas, wom­it man sich auch als Nicht-Hor­ror-Autor auseinan­der­set­zen sollte.

Und genau das tun wir in diesem Artikel.

Warum Horror?

Fik­tionale Geschicht­en sind eine Art Spiel: Wir ver­set­zen uns ins eine alter­na­tive Welt und erleben in diesem sicheren “Als ob” emo­tionale Höhen und Tiefen. Wir bekom­men etwas, das wir im realen Leben ver­mis­sen, oder wir leben Fan­tasien aus, die wir in der Real­ität defin­i­tiv nicht haben wollen, oder wir ver­ar­beit­en etwas, das wir tat­säch­lich erlebt haben. Aber es geht eben immer um Gefüh­le. Und Angst ist eins der grundle­gend­sten Gefüh­le über­haupt.

Natür­lich arbeit­en Hor­ror-Geschicht­en häu­fig mit Über­natür­lichem, Unbe­greif­barem und/oder Entartetem. Doch auch jen­seits von Geis­tern, Vam­piren und Franken­stein-Mon­stern, haben diese Dinge ihren Platz. Ich per­sön­lich bin eine langjährige und abge­härtete Leserin und Zuschauerin von Kriegs­geschicht­en und würde sagen, dass sich auch hier oft klas­sis­che Hor­ror-Ele­mente find­en:

So ist es beispiel­sweise äußerst gruselig, als Schofield und Blake in 1917 das Nie­mand­s­land über­queren und die feindlichen Schützen­gräben erkun­den. Aus dem Schlamm ragen entstellte Kör­perteile, die mit Regen­wass­er gefüll­ten Granat­trichter sind tödliche Sümpfe und man weiß nie, welch­es Schick­sal hin­ter der näch­sten Ecke lauert.

Und der Film Komm und sieh ist ein einziger sur­re­al wirk­ender Hor­ror-Trip, der jedoch die äußerst realen Ver­brechen der deutschen Besatzer in Weißrus­s­land während des Zweit­en Weltkrieges darstellt und dadurch umso trau­ma­tisieren­der wirkt.

Doch auch in anderen Gen­res ist Hor­ror zu find­en, vor allem in Fan­ta­sy, das sich ja oft mit Hor­ror über­schnei­det. In Sci­ence Fic­tion kön­nen Aliens oder abar­tige wis­senschaftliche Exper­i­mente für einen Gru­selfak­tor sor­gen. Aben­teuer- und Actiongeschicht­en prof­i­tieren oft von der ein oder anderen Hor­ror-Ein­lage. His­torische Set­tings gehen oft mit Gele­gen­heit­en für blanke Angst ein­her. Mod­erne Set­tings ste­hen ihnen — seien wir ehrlich — in nichts nach. Und so weit­er und so fort …

Aber ob Du nun eine reine Hor­ror-Geschichte oder nur Hor­ror-Ele­mente schreiben willst: Guter Hor­ror erzeugt Angst. Punkt. Wovor fürcht­en wir uns also?

Was ist gruselig?

Der Hor­ror-Meis­ter Stephen King unter­schei­det zwis­chen drei Arten von Angst:

  • Ter­ror ist die Angst vor dem Unbekan­nten. Man hat das Gefühl ein­er möglichen Bedro­hung, aber man weiß nichts Konkretes. Deswe­gen füllt die eigene Fan­tasie die Lück­en aus. Außer­dem wird Span­nung aufge­baut, als man sich langsam der Auflö­sung nähert. — Oder als die Auflö­sung selb­st auf einen zukriecht …
  • Hor­ror ist die Angst vor dem Sicht­baren, einem konkreten Mon­ster. Hier kommt es natür­lich vor allem auf die Darstel­lung des Mon­sters an, aber ich würde sagen, dass bei Hor­ror auch eine sub­jek­tive Kom­po­nente mitschwingt. Immer­hin gibt es auf der einen Seite des Spek­trums Men­schen, die schon bei ein­er kleinen Spinne loss­chreien, und auf der anderen Seite Leute, die im Zoo vor den Spin­nen-Ter­rarien entzückt “O ist das niedlich!” rufen. Entsprechend ver­schieden reagieren die bei­den Grup­pen, wenn in ein­er Geschichte Riesen­spin­nen auf­tauchen.
  • Gross-out ist Ekel. Es geht um blutige, zer­fet­zte Kör­perteile, stink­ende, kle­brige Sub­stanzen, Ver­we­sung und Maden, Ver­dreht­es, Groteskes und Entartetes, aber auch um gesellschaftliche Tabus. Auch hier, würde ich sagen, kommt es teil­weise auf das Indi­vidu­um an: Meine Cou­sine zum Beispiel studiert Medi­zin und kann ziem­lich gelassen Fotos anguck­en, wo leben­den Men­schen Würmer aus den Augen kriechen. Ich hinge­gen finde das ekliger als zer­ris­sene und angekn­ab­berte Leichen.

Ver­schiedene Autoren set­zen in ihren Geschicht­en ver­schiedene Schw­er­punk­te und jede dieser Arten von Angst hat ihren Sinn und Zweck, je nach dem, was beim Leser bewirkt wer­den soll. Vor allem aber ist guter Hor­ror ein Zusam­men­spiel von allen drei Typen:

So ist der kan­ni­bal­is­tis­che Serien­mörder Han­ni­bal Lecter deswe­gen so furchte­in­flößend, weil er ein­er­seits ein sehr gebilde­ter und zivil­isiert­er Men­sch ist, man aber zugle­ich weiß und fühlt, dass sich hin­ter dieser Fas­sade ein Mon­ster ver­birgt. Es ist die Angst vor dem Unsicht­baren und Unbekan­nten also, die das Mon­ster zur Gel­tung bringt. Irgend­wann muss die Dro­hung aber natür­lich wahr wer­den, son­st nehmen wir das Mon­ster nicht ernst. Deswe­gen gelingt Han­ni­bal Lecter in Das Schweigen der Läm­mer ein raf­finiert­er und blutiger Gefäng­nisaus­bruch: Unsere Befürch­tung bewahrheit­et sich, das Mon­ster ist tat­säch­lich hochgr­a­dig gefährlich und es ist auf freiem Fuß …

Nichts­destotrotz sieht Stephen King eine gewisse Hier­ar­chie bei seinen Angt­typen:

“I rec­og­nize ter­ror as the finest emo­tion […], and so I will try to ter­ror­ize the read­er. But if I find I can­not ter­ri­fy him/her, I will try to hor­ri­fy; and if I find I can­not hor­ri­fy, I’ll go for the gross-out.”
Stephen King: Danse Macabre, II. Tales of the Hook.

Der größte Nachteil von Hor­ror und Gross-out ist, würde ich sagen, die sub­jek­tive Kom­po­nente. Bei Ter­ror hinge­gen wird der Leser sein­er eige­nen Fan­tasie über­lassen, die indi­vidu­ell auf ihn zugeschnit­tene Schreck­ensszenar­ien pro­duziert.

Uncanny Valley

Auch operiert Ter­ror mit dem Bekan­nten, Ver­traut­en, das aber zugle­ich unbekan­nt und bedrohlich ist. Der Uncan­ny-Val­ley-Effekt fällt in diese Kat­e­gorie — also das Phänomen, dass ver­traute Dinge uns nicht gruseln und auch keine allzu frem­dar­ti­gen Dinge, dafür aber die Dinge dazwis­chen:

Wir fürcht­en uns nicht vor leben­den Men­schen und auch nicht vor Indus­trier­o­bot­ern, aber wehe, ein Robot­er ist einem Men­schen zum Ver­wech­seln ähn­lich und nur an seinem leicht frem­dar­ti­gen Ver­hal­ten iden­ti­fizier­bar! Das ist gruselig. Eben­so wie Leichen, Zom­bies und Clowns, die alle irgend­wie men­schlich sind — und dann wieder doch nicht.

Dieser Effekt dürfte unter anderem erk­lären, warum die Nazgûl in Der Herr der Ringe als Schwarze Reit­er gruseliger sind als auf ihren Geflügel­ten Wesen: Als Geis­ter auf geflügel­ten Mon­stern sind sie objek­tiv gefährlich­er, aber so sind sie auch recht frem­dar­tig. Als Schwarze Reit­er hinge­gen sind sie ver­traut, schein­bar nur gewöhn­liche Men­schen auf Pfer­den — und den­noch schwingt da etwas Kaltes, Jen­seit­iges mit.

Auch wage ich zu behaupten, dass Kriegszit­tern und der Two Thou­sand Yard Stare viel gruseliger sind als die üblichen Blut­fontä­nen und zer­fet­zten Kör­perteile, die man stan­dard­mäßig in Kriegs­fil­men sieht. Eben weil es schein­bar gesunde, kör­per­lich voll­ständi­ge Men­schen sind, die aber unnatür­lich zit­tern, zuck­en und hüpfen oder unsäglich durch­drin­gend, sog­ar eher wahnsin­nig ins Nichts star­ren.

Anson­sten braucht es bei Uncan­ny Val­ley nicht immer um Men­schenähn­lichkeit zu gehen. Ein ver­lassen­er Spielplatz wirkt deswe­gen so gruselig, weil dort spie­lende Kinder fehlen und somit etwas nicht stimmt. Wenn unbelebte Gegen­stände sich unerk­lär­lich zu bewe­gen scheinen, dann stimmt auch etwas nicht und Angst set­zt ein. Und wenn da plöt­zlich ein Schat­ten ist, wo nach den Geset­zen der Physik kein Schat­ten sein dürfte, dann ist auch das creepy.

Das richtige Monster

Doch ich will Dir natür­lich nicht vorschreiben, das Du gruselig find­en sollst und was nicht. Es ist ohne­hin am besten, wenn Du von Deinen eige­nen Äng­sten aus­gehst. Denn wenn Du zum Beispiel eine Spin­nen­pho­bie hast, weißt Du ziem­lich genau, was Dich an ihnen so ekelt, welche Gedanken, Assozi­a­tio­nen und kör­per­lichen Empfind­un­gen die einzel­nen Aspek­te ein­er Spinne in Dir aus­lösen. Und vielle­icht kannst Du Deine Angst vor Spin­nen sog­ar so inten­siv beschreiben, dass es mich ansteckt. — Und ja, ich gehöre zu der Sorte von Leuten, die ihren Hausspin­nen liebevoll Namen geben und diese armen, ver­schreck­ten Tierchen helden­haft aus ein­er kreis­chen­den Mäd­chenumk­lei­de ret­ten.

Was macht also Dir Angst? Schreibe darüber und es wird schon das richtige Mon­ster für Deine Geschichte sein.

Und als Tipp am Rande: Hor­ror kann nur bere­ichert wer­den, wenn das Mon­ster nicht nur ein Mon­ster ist, son­dern ein Sym­bol oder eine Meta­pher darstellt für etwas Reales, das vielle­icht aus der Fig­ur selb­st kommt. So sind die Demen­toren in Har­ry Pot­ter unter anderem deswe­gen ein so effek­tives Hor­ror-Ele­ment, weil sie Depres­sion verkör­pern. Es sind nicht ein­fach nur ver­mummte, rot­tende Wesen, die Kälte ver­strö­men, son­dern sie saugen nichts Gerin­geres als Freude und sog­ar die Seele aus ihren Opfern. Diese abstrak­tere Dimen­sion macht die Demen­toren weniger fass­bar und gibt ihnen Tiefe.

Wie schreibt man gruselig?

Vor allem aber kommt es bei Hor­ror auch sehr stark auf das Wie an. Und dafür sind beson­ders die Iden­ti­fika­tion mit der Haupt­fig­ur und die Erzählper­spek­tive entschei­dend:

  • Denn wenn Du mir durch eine inten­sive interne Fokalisierung die Gefüh­le ein­er Fig­ur mit Spin­nen­pho­bie ver­mit­teln kannst, dann werde ich, wie gesagt, ihre Angst fühlen. Und wenn Du mir eine noch so süße Katze aus der Per­spek­tive ein­er Maus beschreib­st, werde ich diese riesige, sadis­tis­che Killer­mas­chine mit ihren Reißzäh­nen und Klauen in meinen Alb­träu­men sehen.
  • Des Weit­eren gibt das Innen­leben ein­er Haupt­fig­ur dem Text eine sub­jek­tive Fär­bung, sodass die Fan­tasie des Lesers in eine ganz bes­timmte Rich­tung gelenkt wird: So kann ein objek­tiv völ­lig neu­trales Klopfen in der Nach­bar­woh­nung dur­chaus gruselig wer­den, wenn die Haupt­fig­ur her­auszuhören glaubt, dass es eher ein dick­flüs­siges Tropfen ist, das vielle­icht aus ein­er an den Beinen aufge­hängten kopflosen Leiche kommt …
  • Doch auch ein nul­lkokalisiert­er Erzäh­ler kann für Span­nung sor­gen: Wenn Du zum Beispiel einen auf Hitch­cocks-Bombe-unter-dem-Tisch machst und den Leser früh wis­sen lässt, dass in dem ver­lasse­nen Haus ein blutrün­stiges Mon­ster lauert, wird er der ahnungslosen Haupt­fig­ur ges­pan­nt bei der Erkun­dung dieses Haus­es fol­gen und jeden Moment einen Angriff erwarten.

Es gibt viele Mit­tel und Wege, Iden­ti­fika­tion mit der Haupt­fig­ur aufzubauen, die ver­schiede­nen Erzählper­spek­tiv­en haben alle ihre Vor- und Nachteile und es gibt auch viele Tech­niken, Span­nung zu erzeu­gen. Sie alle an dieser Stelle aufzuzählen würde diesen Artikel jedoch unendlich in die Länge ziehen, daher empfehle ich an dieser Stelle, sich zu diesen The­men geson­dert zu informieren.

Weit­er­hin ist es bei Hor­ror wichtig, auf den Schreib­stil zu acht­en. Die Beschrei­bun­gen soll­ten ein­er­seits bildlich sein, ander­er­seits aber das Pac­ing nicht beein­trächti­gen, weil langes Geschwafel über noch so scharfe, blutige Krallen dem Ganzen irgend­wann die Span­nung her­aus­nimmt. Am besten soll­ten die Beschrei­bun­gen also ein­fach und ver­ständlich sein, damit der Leser nicht von seinem Kopfki­no abge­lenkt wird. Achte dabei außer­dem auf die Ein­beziehung aller fünf Sinne, die kör­per­lichen Reak­tio­nen der Reflek­tor­fig­ur und natür­lich auch auf “Show, don’t tell”. Und nicht zulet­zt ste­ht Dir ein reich­es Arse­nal an rhetorischen Stilmit­teln zur Ver­fü­gung, die dur­chaus einen emo­tionalen Effekt auf den Leser haben.

Lerne das alles zu kom­binieren und dann begeg­net der Pro­tag­o­nist in Dein­er Geschichte nicht ein­fach bloß einem men­schen­fressenden Mon­ster, son­dern nimmt zuerst das ani­malis­che Schnaufen wahr, dann einen war­men, süßlichen Leichengeruch und dann das men­schliche Gedärme, das zwis­chen den Reißzäh­nen baumelt. — Eine Kom­bi­na­tion aus eini­gen weni­gen Details, konkreten Wahrnehmungen durch drei ver­schiedene Sinne, ange­ord­net in Form ein­er Kli­max. Wenn der Reflek­tor­fig­ur sich dann noch die Nack­en­haare auf­stellen, sie sich wie gelähmt fühlt und nicht atmen kann, dann ist das Ganze abgerun­det.

Doch auch dieses The­ma werde ich an dieser Stelle nicht großar­tig ver­tiefen und Du soll­test Dich geson­dert informieren, weil die kom­plette Band­bre­ite der Möglichkeit­en nicht in diesen einen Artikel passt.

Anson­sten soll­test Du auf ein Auf und Ab der Gefüh­le acht­en, den Pro­tag­o­nis­ten hin und wieder in falsch­er Sicher­heit wiegen und ihm Raum zum Dur­chat­men und Hoff­nungschöpfen lassen — um diese Hoff­nung anschließend grausam in Scher­ben zu schla­gen. Das sorgt dafür, dass die Stim­mung in Dein­er Geschichte nicht zu monot­on wird, weil es beson­ders bei einem solchen emo­tion­s­ge­lade­nen Genre wie Hor­ror leicht zu Über­reizung kom­men kann.

Ein Beispiel: In Game of Thrones gab es irgend­wann so viele grausame Tode, dass ich irgend­wann nur noch gelang­weilt die Achseln zuck­te und mir dachte: “Oh, okay. Wer ist der Näch­ste?”

Nun ist Game of Thrones nicht expliz­it Hor­ror, aber der­selbe Effekt kann auftreten, wenn in Dein­er Geschichte fast durchgängig Kör­perteile durch die Gegend fliegen. Irgend­wann stumpft der Leser ein­fach ab und lang­weilt sich. Eben­so wie auch in Game of Thrones selb­st das Hor­ror-Ele­ment der Zom­bies irgend­wann so aus­ge­lutscht war, dass ich zumin­d­est nur noch meine Augen ver­dreht habe.

Zusät­zlich zum Auf und Ab soll­test Du natür­lich auch darauf acht­en, dass der Hor­ror sich im Ver­lauf der Geschichte steigert. Doch dass eine Geschichte sich zum Höhep­unkt hin hochschaukeln sollte, gilt für alle Gen­res, daher werde ich an dieser Stelle nicht weit­er darauf einge­hen.

Stolperfallen

Bei allem, was Du bei Hor­ror tun kannst, gibt es natür­lich auch Dinge, die Du tun­lichst ver­mei­den soll­test:

An allererster Stelle sind da natür­lich aus­ge­lutschte Klis­chees, die nicht nur ner­ven, son­dern Deine Geschichte auch vorher­ste­hbar machen und ihr die Span­nung her­aus­nehmen. Ich spreche da von Din­gen wie Final Girl, d. h. wenn die let­zte lebende Fig­ur eine meis­tens blonde, jungfräuliche, tabak- und alko­holver­weigernde junge Dame ist. Oder von solchen ras­sis­tis­chen Din­gen, wie dem Schwarzen, der als Erster ster­ben muss. Sowas kann nie­mand mehr sehen. Also bitte einen großen Bogen darum machen.

Auch ist es meis­tens kon­trapro­duk­tiv, wenn der Pro­tag­o­nist allzu viel Hand­lungsspiel­raum hat. Um einen verängstigten Otto Nor­malver­brauch­er fürchtet der Leser ten­den­ziell mehr als um einen pro­fes­sionellen Mon­ster­jäger — oder zumin­d­est Sol­dat­en, Polizis­ten oder Kampf­s­portler, der sich the­o­retisch gut vertei­di­gen kann. Wenn Du um einen kampf­fähi­gen Pro­tag­o­nis­ten also partout nicht herumkom­men kannst oder willst, soll­test Du ihn wenig­stens etwas wehrlos­er machen, ihm seine Waf­fen weg­nehmen, ihm eine schwere Wunde zufü­gen oder was Dir son­st noch ein­fällt.

Und die wichtig­ste Stolper­falle zulet­zt: Vor­sicht bei LGBTQ+, Neu­ro­di­ver­sität, psy­chis­chen Krankheit­en und Störun­gen und anderen Din­gen, die in der realen Welt für Diskri­m­inierung sor­gen! So ist es gar nicht so lange her, dass Trans­sex­u­al­ität ein gesellschaftlich­es Tabu war und Ekel provozierte. Und selb­st heute müssen Trans­sex­uelle um Akzep­tanz kämpfen.

Und nein, es reicht nicht, wenn in Das Schweigen der Läm­mer gesagt wird, dass Buf­fa­lo Bill kein richtiger Trans­sex­ueller sei. Das ist reines Tell und bleibt dem Leser nicht im Gedächt­nis. Woran sich der Leser eher erin­nert, ist das Kostüm, das sich Buf­fa­lo Bill aus echt­en Frauen näht — und die dadurch auftre­tende neg­a­tive Assozi­a­tion mit Trans­sex­u­al­ität.
(Lind­say Ellis zu dem The­ma: https://youtu.be/cHTMidTLO60?t=1345)

Ähn­lich­es gilt für alle anderen Abwe­ichun­gen von der “Norm”. Denn Men­schen, die nicht so ganz dem gesellschaftlichen Stan­dard entsprechen, rutschen bere­its im realen Leben oft in die Uncan­ny Val­ley und wer­den dementsprechend behan­delt: Autis­ten wer­den über­durch­schnit­tlich häu­fig gemobbt und depres­sive oder ander­weit­ig seel­isch kranke Men­schen haben oft Angst, sich Hil­fe zu suchen, weil man sie als ver­rück­te Axtmörder abstem­peln kön­nte. Bitte schreibe über solche The­men also mit so viel Fin­ger­spitzenge­fühl wie möglich.

Schlusswort

So viel also zu meinem schnellen Durch­lauf zum The­ma Hor­ror. Wie gesagt, ich bin keine Exper­tin auf diesem Gebi­et, aber ich hoffe, Dir trotz­dem ein wenig geholfen zu haben.

Vor allem wollte ich rüber­brin­gen, dass Hor­ror in meinen Augen mehr ist als bloß ein Genre. Zumal ich an Gen­res ohne­hin nicht glaube. Man kann in ein­er Geschichte Schw­er­punk­te set­zen, zum Beispiel eben auf das Hor­ror-Gefühl, aber in ein­er guten Geschichte steckt mein­er Mei­n­ung nach mehr und wie viele Ele­mente aus welchen Gen­res man da ein­baut, ist für mich eher zweitrangig.

Nun bin ich aber nicht das Non­plusul­tra und es gibt viele Men­schen, die sich für bes­timmte Gen­res beson­ders inter­essieren, zum Beispiel eben Hor­ror. Doch Hor­ror ist nicht gle­ich Hor­ror und nicht jed­er Hor­ror-Fan inter­essiert sich für die gle­iche Art von Hor­ror. Was also richtig oder falsch für Deine indi­vidu­elle Geschichte ist, kannst nur Du selb­st entschei­den. — Mit Blick auf Deine indi­vidu­elle Ziel­gruppe, ver­ste­ht sich.

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