Kreatives Feedback geben und nehmen

Kreatives Feedback geben und nehmen

Feed­back ist nicht immer ein­fach, vor allem in sol­chen krea­ti­ven Berei­chen wie dem Schrei­ben. Wie gibt man also hilf­rei­che Kri­tik, ohne zu ver­let­zen? Und wie geht man als Autor mit Kri­tik um? Wie zieht man aus nichts­sa­gen­dem oder gar ver­let­zen­dem Feed­back den­noch einen Nut­zen? In die­sem Arti­kel bespre­chen wir kon­kre­te Schrit­te für Feed­back-Geber und Feedback-Nehmer.

Die Foli­en für die­ses Video gibt es für Ste­ady-Abon­nen­ten und Kanal­mitglieder auf You­Tube als PDF zum Download.

Wer eine Geschich­te schreibt, will in der Regel auch wis­sen, ob sie etwas taugt. Doch lei­der ist wirk­lich hilf­rei­che, kon­struk­ti­ve Kri­tik ein sel­te­nes Gut. Und wäh­rend man sich als Autor häu­fig mit nichts­sa­gen­der oder gar belei­di­gen­der Kri­tik her­um­schla­gen muss, gerät man als Feed­back-Geber erschre­ckend oft an schein­bar kri­tik­un­fä­hi­ge Adres­sa­ten, die auf ver­meint­lich sach­li­che Kri­tik wütend reagieren.

Was läuft also falsch in der Feed­back-Welt? Was macht kon­struk­ti­ve Kri­tik aus? Wie erkennt man inkom­pe­ten­te Kri­tik und wie geht man damit um? Wie gibt man selbst hilf­rei­ches Feed­back ohne zu verletzen?

Um die­se Fra­gen dreht sich der heu­ti­ge Arti­kel. Ich sage nicht, dass ich die Wahr­heit mit Löf­feln gefres­sen habe – aber ich wage mal zu hof­fen, dass mei­ne Erkennt­nis­se aus 17 Jah­ren Erfah­rung mit unter­schied­li­chen Arten von Geschich­ten-Feed­back irgend­wie hilf­reich sind.

Viel Spaß!

Schlechte Kritik

Begin­nen wir am bes­ten mit einer Beschrei­bung des „Pro­blems“: Wie sieht inkom­pe­ten­te Kri­tik eigent­lich aus bzw. was kann man beim Kri­ti­sie­ren der Wer­ke ande­rer alles falsch machen?

Nichtssagende Kritik

Die ers­te Anlauf­stel­le auf der Suche nach Feed­back ist bei uns Autoren oft das unmit­tel­ba­re Umfeld: Fami­lie und Freun­de. Von die­sen Feed­back-Gebern wird meis­tens jedoch abge­ra­ten, und das aus gutem Grund: Denn das sind in der Regel Men­schen, die Dich lie­ben und ent­we­der tat­säch­lich alles toll fin­den, was Du tust, oder Dich zumin­dest nicht ver­let­zen wol­len. Außer­dem haben die­se Men­schen mit Lite­ra­tur oft herz­lich wenig am Hut und drü­cken sich daher sehr schwam­mig aus. Oft wird die Geschich­te als „toll“, „cool“ oder ander­wei­tig nichts­sa­gend beschrie­ben. Auf Dau­er kann so viel schwam­mi­ges Lob sogar depri­mie­rend wir­ken, wenn Dich näm­lich irgend­wann der Gedan­ke quält: „Gibt es zu mei­ner Geschich­te denn nichts zu sagen außer: ‚Supi, mach wei­ter so‘?“

Soll­te sich aber den­noch jemand zu Kri­tik durch­rin­gen, ist auch das oft wenig hilf­reich, denn in der Regel kön­nen Nahe­ste­hen­de nicht aus­drü­cken, war­um sie etwas „komisch“ fin­den. Du erfährst also nur, dass ihnen etwas nicht gefällt, aber nicht, wo das Pro­blem liegt.

Und ja, natür­lich kann schwam­mi­ge Kri­tik auch von ande­ren als dem unmit­tel­ba­ren Umfeld kom­men: Wenn man sei­ne Geschich­ten im Inter­net ver­öf­fent­licht, ist das die häu­figs­te Art von Feed­back durch anony­me Frem­de. Und weil das meis­te Feed­back eben nichts­sa­gend ist, sind aus­führ­li­che, kon­struk­ti­ve Kri­ti­ken so begehrt, dass sie den Beruf des Lek­tors not­wen­dig machen.

Beleidigende Kritik

Erschre­ckend vie­le Men­schen haben nur ein sehr ein­ge­schränk­tes Empa­thie­ver­mö­gen oder wol­len sich auf Dei­ne Kos­ten selbst bestä­ti­gen und noch mehr Men­schen sind es ein­fach nicht gewohnt, über ihre Wort­wahl nach­zu­den­ken. Und so kom­men dann Kri­ti­ken zustan­de, die mit Wor­ten wie „Schwach­sinn“, „dumm“ und „uner­träg­lich“ han­tie­ren. Oft wird auch der Autor selbst per­sön­lich ange­grif­fen. Dabei kann es durch­aus sein, dass der Kri­ti­ker wich­ti­ge Punk­te nennt, die in Kom­bi­na­ti­on mit einer ande­ren Wort­wahl erst­klas­si­ges Feed­back wären. Ande­re wie­der­um wol­len sich am Autor ein­fach nur die Füße abwi­schen und kri­ti­sie­ren belei­di­gend und schwam­mig, sodass der Nut­zen von sol­chem Feed­back irgend­wo bei null liegt.

Aller­dings soll­te hier noch­mal betont wer­den, dass belei­di­gen­de Kri­tik nicht immer bös­wil­lig ist. Denn, wie gesagt, vie­le Men­schen – vor allem jün­ge­re – den­ken ein­fach nicht aus­rei­chend über ihre For­mu­lie­run­gen nach und mer­ken bes­ten­falls erst im Nach­hin­ein, dass es auch freund­li­cher ging. Sie drü­cken ein­fach ihre Gefüh­le und Gedan­ken aus, wie sie ihnen in den Sinn kom­men, abso­lut unge­fil­tert. Und sie wer­fen oft mit Über­trei­bun­gen um sich, sodass statt bei­spiels­wei­se einem Hin­weis, dass eine Sze­ne lang­wei­lig war, ein Fron­tal­an­griff kommt: „Gott, was hab ich da geschnarcht! Von Span­nung ver­stehst du echt nix!“

Subjektive Kritik

Natür­lich ist jede Kri­tik im Grun­de sub­jek­tiv, weil wir alle Sub­jek­te sind mit unse­ren sub­jek­ti­ven Erfah­run­gen, Mei­nun­gen und Geschmä­ckern. Pro­ble­ma­tisch wird es aller­dings, wenn wir nur unse­re Sub­jek­ti­vi­tät gel­ten las­sen und sie als objek­ti­ve Mei­nung hin­stel­len. Also rigi­de Vor­stel­lun­gen von dem, was gut und was schlecht ist. So gibt es zum Bei­spiel gera­de unter Schrei­ber­lin­gen sol­che, die offen­bar zu vie­le Schreib­rat­ge­ber gele­sen haben und nun alles zer­fet­zen, was nicht den Emp­feh­lun­gen der Rat­ge­ber folgt. – Egal, ob die Emp­feh­lun­gen in den Rat­ge­bern zur Visi­on des Autors pas­sen oder nicht. Eine pri­mi­ti­ve­re Vari­an­te ist, wenn ein­fach alles nie­der­ge­mäht wird, was nicht den eige­nen Geschmack trifft bzw. was man selbst anders geschrie­ben hät­te. – Also auch hier kom­plet­tes Igno­rie­ren der Tat­sa­che, dass der Autor sei­ne eige­ne Visi­on hat.

Auch bei die­ser Art von Kri­tik kann es in Wirk­lich­keit um Selbst­be­stä­ti­gung gehen, selbst wenn der Kri­ti­ker nicht belei­di­gend wird. So kann ein sub­jek­ti­ver Feed­back-Geber sei­nen Lieb­lings­au­tor als Maß aller Din­ge neh­men und äußerst höf­lich for­mu­lie­ren, war­um die kri­ti­sier­te Geschich­te nicht an die Genia­li­tät von Kaf­ka her­an­kommt. Dass der Autor kein zwei­ter Kaf­ka sein will, ist für einen sol­chen Kri­ti­ker irrele­vant. Denn er will nicht hel­fen, son­dern nur sich selbst erhö­hen: „Guck, was für einen erle­se­nen Lite­ra­tur­ge­schmack ich habe! Ich lese Kaf­ka und du ver­mut­lich nicht. Ich bin bes­ser als du!!“

Hoch­gra­dig sub­jek­tiv und schwie­rig im Umgang sind in übri­gens auch Leu­te, die emo­tio­nal „getrig­gert“ wur­den. Es kann eine Klei­nig­keit sein oder auch etwas Grund­sätz­li­ches, das die emo­tio­na­le Reak­ti­on aus­ge­löst hat, und es muss auch nicht an Dei­ner Geschich­te lie­gen. Manch­mal hat ein Mensch ein­fach etwas sehr Spe­zi­fi­sches erlebt und hat seit­dem einen sehr indi­vi­du­el­len, für ande­re Men­schen völ­lig unvor­her­seh­ba­ren Trig­ger. Und wenn die emo­tio­na­le Bom­be hoch­geht, sieht der Kri­ti­ker nur noch rot, hat einen kom­plet­ten Tun­nel­blick und lehnt die gan­ze Geschich­te kate­go­risch ab. Natür­lich ist es bei so einer Reak­ti­on sinn­voll zu prü­fen, ob Du nicht doch ein sen­si­bles The­ma unsen­si­bel gehand­habt hast, aber, wie gesagt, sie kann auch bei durch­aus sen­si­bler Hand­ha­bung auf­tre­ten. – Ein­fach, weil wir Men­schen eben indi­vi­du­ell sind.

Unverständnis und/​oder falsche Zielgruppe

Viel zu häu­fig kommt es vor, dass Men­schen ein Werk nur des­we­gen kri­ti­sie­ren, weil sie es nicht ver­ste­hen. Ent­we­der, weil sie beim Lesen bestimm­te Details über­se­hen oder anders inter­pre­tiert haben, den Sub­text nicht gele­sen haben oder weil sie nicht zur Ziel­grup­pe gehö­ren und das Werk somit nicht ver­ste­hen oder genie­ßen kön­nen. Häu­fig sind die­se Men­schen auch noch Opfer des Dun­ning-Kru­ger-Effekts und sind der fel­sen­fes­ten Über­zeu­gung, dass die Geschich­te das Pro­blem ist, nicht sie selbst. Dabei hat der Autor hier höchs­tens den Feh­ler gemacht, die Geschich­te den fal­schen Leu­ten zu geben bzw. falsch zu ver­mark­ten. Die Geschich­te an sich ist, wenn sie der eigent­li­chen Ziel­grup­pe gefällt, völ­lig in Ord­nung. Und wenn ein lie­bes­ge­schich­ten­has­sen­der Kri­ti­ker von sich aus das Werk gele­sen hat, obwohl es klar als Lie­bes­ge­schich­te dekla­riert wur­de, dürf­te er sich eigent­lich nicht über das „Lie­bes­ge­sül­ze“ beschweren.

Und wie gesagt, selbst wenn der Kri­ti­ker zur Ziel­grup­pe gehört, kann es immer noch pas­sie­ren, dass er, sagen wir mal, auf dem Schlauch steht. An einen sol­chen Dun­ning-Kru­ger-Moment erin­ne­re ich mich beson­ders gut:

Die Geschich­te hat­te einen auto­die­ge­ti­schen Erzäh­ler und die Kri­tik war, dass die Spra­che viel zu beur­tei­lend war und es kei­ne Ein­bli­cke in das Innen­le­ben der Neben­fi­gu­ren gab. Ich wie­der­ho­le: Es war ein auto­die­ge­ti­scher Erzäh­ler. Der ide­al­ty­pischs­te Ich-Erzäh­ler, den es geben kann. Natür­lich war sei­ne Innen­welt hoch­gra­dig sub­jek­tiv und er konn­te auch kei­ne Gedan­ken lesen. Die Geschich­te han­del­te vom Innen­le­ben des Prot­ago­nis­ten. Der Kri­ti­ker darf durch­aus sein Inter­es­se am Innen­le­ben der ande­ren Figu­ren äußern – aber wenn es nicht die Visi­on des Autors ist, dann ist es nicht die Visi­on des Autors, und die Geschich­te wird dadurch an sich nicht schlech­ter. Man kann höchs­tens dar­über dis­ku­tie­ren, ob die Visi­on des Autors durch eine ande­re Erzähl­per­spek­ti­ve nicht bes­ser aus­ge­drückt wor­den wäre, aber ande­rer­seits wird der Autor sich doch aus bestimm­ten Grün­den für den auto­die­ge­ti­schen Erzäh­ler ent­schie­den haben.

Jeden­falls: Obwohl ich damals nur eine unbe­tei­lig­te drit­te Par­tei war, ist das in mei­ner Erin­ne­rung einer der ein­drück­lichs­ten Feed­back-Momen­te der letz­ten 17 Jah­re. Es war ein klei­ner und pri­va­ter, aber den­noch Wett­be­werb und der Kri­ti­ker saß in der Jury.

Depri­mie­rend kann Unver­ständ­nis im Übri­gen auch sein, wenn die Kri­tik posi­tiv aus­fällt: Neh­men wir mal an, Du bist der Autor von Brea­king Bad und dann kommt jemand daher und lobt das Werk für sei­nen Prot­ago­nis­ten, weil er doch so ein posi­ti­ves männ­li­ches Vor­bild sei. Sofort quält Dich die Fra­ge, was Du um Him­mels Wil­len falsch gemacht hast, dass das Werk mit all dem Lügen, Betrü­gen und Mor­den der­ma­ßen falsch ver­stan­den wurde.

Alles nutzlos?

So viel also zu mei­nem Ver­such zu beschrei­ben, was inkom­pe­ten­te Kri­tik alles aus­ma­chen kann. Und bestimmt hast Du selbst schon die gan­ze Zeit ver­sucht, die Kri­tik, die Du bis­her bekom­men hast, hier irgend­wo ein­zu­ord­nen. Und bist geschei­tert, weil inkom­pe­ten­tes Feed­back häu­fig unter meh­re­re die­ser Punk­te gleich­zei­tig fällt. Des­we­gen ist das hier kei­ne Typo­lo­gie, son­dern eher eine Samm­lung von Merk­ma­len: Kri­tik, die nutz­los ist oder bei der man zumin­dest um die Ecke den­ken soll­te. Doch dazu kom­men wir später.

Kompetent kritisieren: Theorie

Vor­erst befas­sen wir uns mit der Theo­rie von Kri­tik und eini­gen uns zunächst dar­auf, dass wir mit allem, was wir sagen und tun, etwas über uns selbst ver­ra­ten. Unse­re Umwelt hin­ge­gen neh­men wir durch ein sub­jek­ti­ves Pris­ma wahr und kön­nen uns nur sehr bedingt von die­ser Sub­jek­ti­vi­tät lösen, sodass unse­re Wahr­neh­mung der Umwelt vor allem unser eige­nes Inne­res spie­gelt.

Was ich damit sagen will, ist:

Kri­tik sagt IMMER etwas über den Kri­ti­ker aus und nur manch­mal etwas über das Werk!

Behal­te das bit­te stets im Hin­ter­kopf. Sowohl wenn Du inkom­pe­ten­te Kri­tik bekommst, als auch wenn Du selbst kri­ti­sierst. Denn wenn Du inkom­pe­tent kri­ti­sierst, stehst Du schnell als rüpel­haf­ter Voll­idi­ot mit einem gewal­ti­gen Min­der­wer­tig­keits­kom­plex da. (Es sei denn, du bist ein­fach ein Lite­ra­tur­di­let­tant und kannst es nicht bes­ser oder Du bist gera­de ein­fach von Dei­nen Emo­tio­nen über­wäl­tigt. In die­sen Fäl­len sei Dir verziehen.)

Wie kri­ti­siert man aber kompetent?

Persönlichkeitsgrenzen

Die psy­cho­lo­gi­sche Coa­chin Casy Din­sing, die den You­Tube-Kanal Bet­ter Call Casy betreibt, stellt in einem ihrer Vide­os fünf Per­sön­lich­keits­gren­zen vor, die man beim Kri­ti­sie­ren „angrei­fen“ kann:

  • Kon­text: kon­kre­tes Ver­hal­ten in einer kon­kre­ten Situation

Bei­spiel: „In Kapi­tel 5 hast Du einen Satz, der über zehn Zei­len geht. Das ist schwer zu lesen.“

  • Ver­hal­ten: ver­all­ge­mei­nern­de Beob­ach­tun­gen zum Verhalten

Bei­spiel: „Du schreibst ger­ne lan­ge Sät­ze. Das ist auf Dau­er anstren­gend zu lesen.“

  • Fähig­kei­ten: Rück­schlüs­se auf die Fähig­kei­ten der Person

Bei­spiel: „Du kannst Dich ein­fach nicht ver­ständ­lich ausdrücken.“

  • Wer­te: Unter­stel­lun­gen bestimm­ter Werte

Bei­spiel: „Es ist Dir wohl egal, ob Dei­ne Leser den Text verstehen.“

  • Iden­ti­tät: Urtei­le über das Wesen des Adressaten

Bei­spiel: „Du bist ein schlech­ter Autor.“

Wie Du sicher gemerkt hast, ist da eine Stei­ge­rung, wie schmerz­haft die Kri­tik ist: Angrif­fe auf Kon­text und Ver­hal­ten sind die harm­lo­ses­ten, ab der Gren­ze der Fähig­kei­ten wird es per­sön­lich und Angrif­fe auf die Iden­ti­tät sind die übelsten.

Was sich außer­dem beob­ach­ten lässt, ist eine Stei­ge­rung der Sub­jek­ti­vi­tät: Wäh­rend kon­text­ba­sier­te Kri­tik und Kri­tik am Ver­hal­ten in der Regel beleg­bar sind, geht es ab der Ebe­ne der Fähig­kei­ten in den Bereich der sub­jek­ti­ven Inter­pre­ta­ti­on des Kri­ti­kers. Wer also auf den Ebe­nen der Fähig­kei­ten, Wer­te oder gar der Iden­ti­tät kri­ti­siert, sagt deut­lich mehr über sich selbst aus als über das kri­ti­sier­te Werk.

Und wenn Du selbst der Feed­back-Geber bist, dann soll­test Du peni­bel dar­auf achten,

dass Du aus­schließ­lich das Werk inter­pre­tierst und kri­ti­sierst, nicht den Autor.

Das erleich­tert es Dir, kei­ne Gren­zen zu über­schrei­ten, ab denen Kri­tik per­sön­lich wird. Denn wenn Du Dir nur das Werk anschaust und gar nicht dar­über nach­denkst, wel­che per­sön­li­chen Schwä­chen des Autors zu den Schwä­chen im Text geführt haben, dann bist Du auch weni­ger ver­sucht, die­se ver­meint­li­chen per­sön­li­chen Schwä­chen zu kri­ti­sie­ren. Ver­giss nie, dass Du ein leben­des und füh­len­des Wesen vor Dir bzw. am ande­ren Ende der Lei­tung hast. Und Du hast kei­ne Ahnung, wie es im Inne­ren die­ser Per­son wirk­lich aus­sieht und wel­che per­sön­li­chen Eigen­schaf­ten zu dem lite­ra­ri­schen Werk geführt haben, das Dir vor­liegt. Du hast ein­fach nicht genug Wis­sen, um über die per­sön­li­chen Hin­ter­grün­de der lite­ra­ri­schen Schwä­chen zu spe­ku­lie­ren. Dei­ne Inter­pre­ta­ti­on wird also mit größ­ter Wahr­schein­lich­keit falsch und ver­let­zend ausfallen.

Verständnis der Vision

Wich­tig ist bei krea­ti­vem Feed­back jedoch nicht nur blo­ße Höf­lich­keit und ein Bemü­hen um Objek­ti­vi­tät, son­dern auch das Ver­ständ­nis der Visi­on des Autors. Ein krea­ti­ves Werk ist näm­lich vor allem etwas sehr Per­sön­li­ches und das Schrei­ben wird nicht umsonst manch­mal als „See­len­strip­tease“ beschrie­ben.

Und was will ein Mensch, der ande­ren sein tiefs­tes Inne­res offenbart?

Unterm Strich will er vor allem gese­hen und ver­stan­den werden.

Sicher­lich macht er bei sei­nem „See­len­strip­tease“ aber auch Feh­ler und könn­te Dein Feed­back gut gebrau­chen. Doch um die Qua­li­tät von sei­nem „Strip­tease“ über­haupt beur­tei­len und Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge geben zu kön­nen, musst Du über­haupt erst ver­ste­hen, was der Autor aus­drü­cken will.

In einem äußerst inter­es­san­ten Blog­ar­ti­kel stellt der Autor Bran­don die The­se auf, dass man an einem Werk nur drei Din­ge beur­tei­len kann:

  • 1. Ist der Zweck hin­ter der Geschich­te auf­rich­tig gut?
  • 2. Sind die ver­wen­de­ten Mit­tel dem Zweck angemessen?
  • 3. Wer­den die Mit­tel gut eingesetzt?

Damit im Zusam­men­hang prä­sen­tiert Bran­don auch eine Faust­re­gel: Wenn Du die Absicht des Autors nicht erken­nen kannst, ist Dei­ne Mei­nung über das Werk irrelevant.

Doch so sehr der Arti­kel mir auch gefällt, wür­de ich hier eine Sache ein­wen­den: Geschich­ten sind ein Mit­tel der Kom­mu­ni­ka­ti­on und die­se erfor­dert nicht nur Anstren­gung sei­tens des Emp­fän­gers, son­dern auch des Sen­ders. Wir kön­nen nur ver­ste­hen und ver­stan­den wer­den, wenn wir alle auf­ein­an­der zugehen.

Wäh­rend ich also durch­aus zustim­me, dass ein guter Feed­back-Geber ver­su­chen soll­te, die Absicht des Autors zu ver­ste­hen und sei­ne Kri­tik dar­auf auf­zu­bau­en, möch­te ich den­noch dar­auf hin­wei­sen, dass auch der Autor sich bemü­hen soll­te so zu schrei­ben, dass sei­ne Absicht zumin­dest für sein Ziel­pu­bli­kum erkenn­bar wird.

Ich spre­che dabei natür­lich nicht von beleh­ren­den Pas­sa­gen, die die Moral von der Geschicht‘ zusam­men­fas­sen. Aber wenn nie­mand oder kaum jemand ein Werk ver­steht – und vor allem nicht Leu­te, für die das Werk bestimmt ist -, dann ist das die Schuld des Autors. Denn wie ich so ger­ne sage:

Wenn Du nur für Dich selbst schreibst, brauchst Du Dich nicht zu wun­dern, wenn es kei­ner liest bzw. versteht.

Aufbau der Kritik

Abge­se­hen vom Inhalt­li­chen – also dem, was man kri­ti­siert und auf wel­cher Ebe­ne -, sind auch for­ma­le Din­ge wie Auf­bau und Wort­wahl ent­schei­dend. Denn wenn die Form unap­pe­tit­lich ist, will man gar nicht erst wis­sen, was da im Inne­ren steckt. In der Pra­xis führt das oft dazu, dass der Autor einer Kri­tik von vorn­her­ein ableh­nend begeg­net und über sie auch nicht nach­den­ken will.

So weißt Du sicher­lich bereits, dass es kei­ne gute Idee ist, auf einen Men­schen einen gan­zen Schwall von nega­ti­ven Bemer­kun­gen los­zu­las­sen, sei­en sie auch noch so berech­tigt. Evo­lu­ti­ons­be­dingt nimmt der Mensch Nega­ti­ves viel stär­ker wahr als Posi­ti­ves und wenn Du ihm nur Nega­ti­ves ser­vierst, ver­mit­telst Du ihm zumin­dest auf rein emo­tio­nal-instink­ti­ver Ebe­ne, dass an sei­nem Werk rein gar nichts stimmt. Und das ist scha­de, wenn die Geschich­te Dir ins­ge­samt gefal­len hat und Du ein­fach nur die weni­gen Din­ge auf­zählst, die ver­bes­sert wer­den sollten.

Daher mei­ne Empfehlung:

Kei­ne Kri­tik ohne Lob!

Ich gebe aber zu, dass Nega­ti­ves meis­tens aus­führ­li­cher aus­fällt als Posi­ti­ves, ein­fach weil es in der Regel nähe­rer Erklä­run­gen bedarf: Denn wenn Du lobst, dass die Figu­ren sehr gut her­aus­ge­ar­bei­tet sind, ist damit im Prin­zip schon alles Wesent­li­che gesagt und Du kannst das Lob nur noch ein wenig aus­schmü­cken. Wenn Du hin­ge­gen die unge­nü­gen­de Her­aus­ar­bei­tung der Figu­ren kri­ti­sierst, ist es – wenn Du wirk­lich hel­fen willst – meis­tens not­wen­dig zu erläu­tern, wo genau das Pro­blem liegt bzw. wo Du es vermutest.

Die­ser Sach­ver­halt macht eine gesun­de Mischung von Lob und Kri­tik umso not­wen­di­ger. Vor allem ist es wich­tig, mit Lob anzu­fan­gen und zu enden. Anzu­fan­gen, weil Lob am Anfang des Feed­backs dem Autor signa­li­siert, dass Du ihm wohl­ge­son­nen bist, und es sei­ne inne­re, oft unter­be­wuss­te Abwehr­hal­tung abbaut und ihn Dei­ner Kri­tik öff­net. Am Ende soll­test Du loben, weil dem Men­schen meis­tens das Letzt­ge­sag­te am bes­ten in Erin­ne­rung bleibt. Daher hin­ter­lässt Lob am Ende eines kri­ti­schen Feed­backs meis­tens einen ange­neh­men Nach­ge­schmack, der wie­der­um den Gesamt­ein­druck vom Feed­back posi­tiv beeinflusst.

Außer­dem ist es bei vie­len kri­ti­schen Bemer­kun­gen in der Mit­te des Feed­backs sehr sinn­voll, die Kri­tik hier und da durch etwas Lob auf­zu­lo­ckern. So wird es für den Emp­fän­ger auf Dau­er nicht zu depri­mie­rend, die Wel­le der Nega­ti­vi­tät wird abge­schwächt. Hier und da ein klei­ner Ego-Boost hilft dem Autor, die Schwach­stel­len sei­nes Tex­tes nicht als Män­gel, son­dern mehr als Mög­lich­kei­ten zur Ver­bes­se­rung anzu­se­hen. Die impli­zi­te Bot­schaft lau­tet dann im Prin­zip: „Hey, Du hast X und Y klas­se hin­ge­kriegt, also wirst Du Schwach­stel­le Z garan­tiert aus­bü­geln können!“

Wich­tig ist bei Lob vor allem, dass es ehr­lich ist. Die Sache ist ein­fach, dass wir die posi­ti­ven Din­ge an einem Werk oft nicht wirk­lich wahr­neh­men. Zumin­dest weni­ger als die Din­ge, die uns stö­ren. Des­we­gen emp­feh­le ich, dass Du, bevor Du jeman­dem Dein Feed­back ver­ab­reichst, ers­tens über­legst, was Dir wirk­lich gefal­len hat, und zwei­tens schaust, wel­che posi­ti­ven Din­ge Dir nicht auf­ge­fal­len sind. Hier­bei kannst Du ein­fach all­ge­mei­ne Punk­te abche­cken wie: Stim­men Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung? Ist der Plot logisch? Sind die Figu­ren inter­es­sant? Hast Du eine Lieb­lings­fi­gur? Eine Lieb­lings­sze­ne? Ist das World-Buil­ding span­nend? Ver­mit­telt die Geschich­te eine gute Bot­schaft? Passt die Erzähl­per­spek­ti­ve zum Kon­zept der Geschich­te? Und so weiter …

Formulierungen

Auch die Grund­re­geln für For­mu­lie­run­gen sind Dir sicher­lich bereits bekannt:

  • So soll­test Du bei Kri­tik vor allem Ich-Bot­schaf­ten aus­sen­den, kei­ne Du-Bot­schaf­ten. Dadurch unter­streichst Du, dass Du nur Dei­ne eige­ne Sicht­wei­se wie­der­gibst und Dir nicht anmaßt, die objek­ti­ve Wahr­heit zu pre­di­gen. Im Prin­zip gestehst Du dem Autor dadurch einen gewis­sen Spiel­raum zu: Er kann sich Dei­ne Bemer­kun­gen anhö­ren oder durch­le­sen und dann selbst ent­schei­den, was an Dei­nen sub­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen dran ist. Du drängst ihn zu nichts, beschul­digst ihn nicht und dadurch soll­te er es auch nicht nötig haben, in die Defen­si­ve zu gehen.
  • Außer­dem bie­tet das Deut­sche auch gene­rell zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten, schar­fe Aus­sa­gen abzu­schwä­chen. Und das ist vor allem bei schrift­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­on wich­tig, weil hier wesent­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le wie Ges­tik, Mimik und Stimm­füh­rung weg­fal­len und an sich neu­tra­le Aus­sa­gen in einem rein schrift­li­chen Text äußerst bru­tal wir­ken kön­nen. Wenn Du dem Adres­sa­ten Dei­nes Feed­backs also wohl­ge­son­nen bist, dann soll­test Du es durch Dei­ne For­mu­lie­run­gen auch rüber­brin­gen. Ehr­li­ches Feed­back, ver­packt in Samt­hand­schu­he, ist immer noch ehr­li­ches Feed­back, aber dafür mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit, gehört und akzep­tiert zu werden.

Bei­spie­le für abschwä­chen­de Aus­sa­gen wären übrigens:

  • „Ich hät­te es bes­ser gefun­den, wenn XY“ statt „XY wäre besser“

  • „Du könn­test XY machen“ statt „Du soll­test XY machen“

  • „Viel­leicht wäre es mög­lich, XY zu machen“ statt „Mach am bes­ten XY“

Ich glau­be, Du ver­stehst das Prin­zip. 😉 Und übri­gens musst Du auch nicht auf Teu­fel komm raus jede Dei­ner Aus­sa­gen abschwä­chen. Viel­mehr geht es um den Grund­te­nor: „Ich schla­ge nur Mög­lich­kei­ten vor, Du ent­schei­dest.“ Wenn hier und da ein Impe­ra­tiv auf­tritt oder eine Aus­sa­ge mit Objek­ti­vi­täts­an­spruch, dann ist das nicht schlimm, wenn die ande­ren Aus­sa­gen es aus­ba­lan­cie­ren und der sanf­te Grund­te­nor rüberkommt.

  • Ansons­ten soll­test Du peni­bel auf Dei­ne Wort­wahl Nichts­sa­gen­de und/​oder belei­di­gen­de Wör­ter wie „doof“ rut­schen uns ziem­lich leicht her­aus. Und sie sind auch selbst dann nicht gerecht­fer­tigt, wenn auf sie ein „weil“ mit einer aus­führ­li­chen Begrün­dung folgt. Statt also die Haupt­fi­gur als „doof, weil …“ zu beschrei­ben, soll­test Du eine Beschrei­bung wäh­len, die weni­ger emo­tio­nal auf­ge­la­den, dafür aber prä­zi­ser ist.

Bei­spiels­wei­se: „Lei­der ver­kör­pert die Haupt­fi­gur etwas zu vie­le Klischees.“

Oder: „Die Sze­ne im Café hat­te kei­nen erkenn­ba­ren Kon­flikt, daher man­gel­te es ihr an Spannung.“
Statt: „Die Sze­ne im Café war lang­wei­lig, weil es kei­nen erkenn­ba­ren Kon­flikt gab.“

Wie Du also siehst, schwächt das bana­le Her­aus­fil­tern von nichts­sa­gen­den, emo­tio­na­len Wör­tern auch die Sub­jek­ti­vi­tät ab, weil der Fokus von Dei­nen per­sön­li­chen Emp­fin­dun­gen auf kon­kre­te Pro­blem­stel­len gelenkt wird.

  • Und nicht zuletzt: Iro­nie, Sar­kas­mus und ande­re Wit­ze­lei­en haben in kon­struk­ti­vem Feed­back nichts ver­lo­ren. Aus Dei­ner Per­spek­ti­ve mögen sie das Feed­back auf­lo­ckern, unter­halt­sa­mer machen und Dei­ne ach so coo­le Per­sön­lich­keit aus­drü­cken, aber ers­tens geht es beim Feed­back um das Werk Dei­nes Adres­sa­ten und nicht um Dei­ne coo­le Per­sön­lich­keit und zwei­tens hat der Autor sein Werk mit Herz­blut geschrie­ben, er hat sich Dir emo­tio­nal ent­blößt und ist dadurch gera­de sehr ver­letz­lich. Wit­ze­lei­en über sein Werk sind Wit­ze­lei­en über sei­ne inne­re Essenz. Und nur die wenigs­ten kön­nen so etwas wirk­lich hand­ha­ben. Die meis­ten tun nur so. Füge ande­ren Men­schen also nicht grund­los die­sen Schmerz zu.

Kompetent kritisieren in der Praxis: Schritt-für-Schritt-Anleitung

So viel zu den theo­re­ti­schen Grund­prin­zi­pi­en. Lei­ten wir dar­aus nun kon­kre­te Schrit­te ab, die zu hilf­rei­chem, kon­struk­ti­vem Feed­back füh­ren, das auch dank­bar ange­nom­men wird.

Schritt 1: Arbeite das zentrale Thema des Werks und die Intention des Autors heraus.

Natür­lich kannst Du kei­ne Gedan­ken lesen und Dir daher auch nicht sicher sein, ob Dei­ne Inter­pre­ta­ti­on kor­rekt ist. Du musst damit arbei­ten, was der Text her­gibt. Lies ihn also auf­merk­sam, ger­ne auch mehr­mals, und fra­ge Dich:

  • Was ist der zen­tra­le Konflikt?
  • Wel­chen Arc macht der Prot­ago­nist durch?
  • Wel­che Arcs machen die Neben­fi­gu­ren durch?
  • Wel­che Moti­ve tau­chen immer wie­der und/​oder an wich­ti­gen Stel­len auf?
  • Wel­che The­men wer­den immer wie­der angesprochen?
  • Und wie hängt das alles zusammen?

Schrau­be also Dei­ne per­sön­li­chen Erwar­tun­gen zurück und ver­su­che zu ver­ste­hen, was der Autor will. Denn auf die­sem Ver­ständ­nis baut die gesam­te Legi­ti­mi­tät Dei­nes Feed­backs auf.

Schritt 2a: Hinterfrage Deine Interpretation und u. U. auch Deine Intelligenz.

Vie­le Feed­back-Geber gehen an ein Werk mit der Hal­tung her­an: „Wenn ich etwas nicht mag oder ver­ste­he, hat der Autor etwas falsch gemacht.“

Ich schla­ge vor, Du änderst die­se Ein­stel­lung, denn sie ist ein direk­ter Weg zum Dun­ning-Kru­ger-Effekt. (Also wenn inkom­pe­ten­te Leu­te sich für unheim­lich kom­pe­tent hal­ten, weil ihnen die nöti­ge Kom­pe­tenz fehlt, um ihre Inkom­pe­tenz zu erkennen.)

Bit­te sei also kein Dun­ning-Kru­ger-Idi­ot und fra­ge Dich jedes Mal, wenn Dir etwas nicht gefällt oder Du etwas nicht ver­stehst, ob es nicht Du selbst bist, der/​die sich gera­de doof anstellt. Ob die­ses Etwas, aus­ge­hend von der Bot­schaft des Wer­kes, nicht doch sei­ne Berech­ti­gung hat, wenn man lan­ge genug dar­über nachdenkt.

Schritt 2b: Löse Dich von Deinen Gefühlen.

Ver­giss nie, dass Dei­ne Ein­drü­cke immer sub­jek­tiv sind. Über­le­ge also jedes Mal, wie Dei­ne Sub­jek­ti­vi­tät Dei­ne Wahr­neh­mung des Wer­kes beein­flusst. Es ist kei­nes­wegs falsch, dem Autor Dei­ne sub­jek­ti­ven Ein­drü­cke, dei­ne Gefüh­le mit­zu­tei­len. In der Regel inter­es­siert es den Autor sogar sehr, wel­che Gefüh­le sei­ne Geschich­te in Dir auslöst.

Behand­le Dei­ne Gefüh­le jedoch als das, was sie sind: Dei­ne sub­jek­ti­ven Gefühle.

Und wenn Du einen Schritt wei­ter gehen willst, kannst Du auch über­le­gen, war­um bestimm­te Din­ge in der Geschich­te die­se Gefüh­le aus­lö­sen. Liegt das pri­mär an der Geschich­te oder an Dir? Passt der Aus­lö­ser die­ser Gefüh­le nicht zur Bot­schaft des Wer­kes oder passt er ein­fach nicht in Dein sub­jek­ti­ves Weltbild?

Und vor allem: Vor­sicht, wenn Dich etwas emo­tio­nal „trig­gert“!

Soll­te der Text auf irgend­ei­ne Wei­se sehr star­ke nega­ti­ve Gefüh­le in Dir aus­lö­sen, dann nimm Dir eine Aus­zeit und schlaf eine Nacht drüber.

Kri­tik soll­te nie­mals unter Emo­tio­nen geäu­ßert wer­den. Denn es führt nur zur Eska­la­ti­on, einem Kon­flikt und schlimms­ten­falls zer­bre­chen Bezie­hun­gen. Vor allem wird der Autor Dei­ne Kri­tik mög­li­cher­wei­se nicht anneh­men, wenn Du ihn wütend angreifst. Du wirst Dei­ne Zeit und Kraft also sinn­los ver­schwen­det haben.

Schritt 3: Überprüfe die Umsetzung des Konzepts.

In den Schrit­ten 2a und 2b hast Du das Werk von Dei­ner Sub­jek­ti­vi­tät gelöst und geprüft, ob der Text in sich stim­mig ist und zu sei­ner eige­nen Bot­schaft passt. Nun kann es aber sein, dass im Text zwar in der Theo­rie alles zusam­men­passt, in der Pra­xis aber nicht funk­tio­niert.

Viel­leicht han­delt es sich um einen Kri­mi, den Du aller­dings über­haupt nicht span­nend fin­dest. Und auf dem Papier passt alles: Der Autor will ein State­ment gegen Tier­miss­hand­lung machen und des­we­gen ermit­telt der Detek­tiv gegen einen grau­sa­men Tier­quä­ler. Der Prot­ago­nist selbst liebt Tie­re über alles und über­prüft den Grad der Tier­lie­be unter den Ver­däch­ti­gen. Das Pro­blem ist aber, dass Du schon ganz am Anfang erkannt hast, wer der Tier­quä­ler ist, sodass jede Span­nung von vorn­her­ein ver­lo­ren war.

Dass Du die Geschich­te als lang­wei­lig emp­fin­dest, liegt in die­sem Fall also offen­bar nicht an Dir, son­dern am Text. Der Autor hat ein soli­des Kon­zept her­aus­ge­ar­bei­tet, es aber nicht gut umgesetzt.

Du kannst Dich nun also fra­gen, war­um Du den Täter schon gleich am Anfang iden­ti­fi­ziert hast. Gab es viel zu ein­deu­ti­ge Hin­wei­se? War der Red Her­ring, die Ablen­kung vom Täter, nicht über­zeu­gend genug? Hat sich der Autor eines alt­be­kann­ten Kli­schees bedient?

Ich gebe zu, für die­se Über­le­gun­gen sind oft Kennt­nis­se von schreib­tech­ni­schem Werk­zeug nötig. Doch dazu hast Du die­se Web­site. Und wenn Du den­noch nicht benen­nen kannst, was der Autor falsch gemacht hat, oder kei­ne Zeit oder Lust hast, es zu recher­chie­ren, dann reicht es auch durch­aus, wenn Du dem Autor sagst, dass Du den Täter schon am Anfang iden­ti­fi­ziert hast. Damit ist das Pro­blem bereits ziem­lich prä­zi­se benannt und der Autor kann selbst recher­chie­ren. Tei­le dem Autor ein­fach mit, was Du ihm mit­tei­len kannst. Eine umfas­sen­de­re Hil­fe­stel­lung ist schon Auf­ga­be des Lektors.

Schritt 4: Liste Positives auf.

Weil Lob genau­so wich­tig ist wie Kri­tik, soll­test Du mög­lichst früh­zei­tig anfan­gen, alles zu notie­ren oder zu mar­kie­ren, was Dir gefällt. Stel­len, an denen Du auf­ge­lacht oder beson­ders mit­ge­fie­bert hast, zum Bei­spiel. Oder Du kannst auch ein soli­des Kon­zept loben. Oder auch ein­fach die Tat­sa­che, dass der Autor den Erst­ent­wurf tat­säch­lich zu Ende geführt hat. – Das ist näm­lich tat­säch­lich eine beson­de­re Leis­tung: Vie­le Men­schen schrei­ben, aber die wenigs­ten been­den ihre Projekte.

Nun fragst Du Dich aber sicher­lich: Was, wenn es an dem Werk nichts zu loben gibt?

Nun, solan­ge es nicht so schlimm ist wie My Immor­tal von Tara Giles­bie oder Kon­sor­ten, wirst Du bestimmt etwas Lobens­wer­tes fin­den, wenn Du lan­ge genug suchst. Wenn Du nun aber tat­säch­lich gar nichts Gutes an der Geschich­te fin­dest, dann fra­ge Dich, ob Du wirk­lich Dei­ne Zeit damit ver­schwen­den soll­test. Denn wenn das Werk objek­tiv schlecht ist und der Autor sich offen­bar nicht ein­mal bemüht, etwas Stim­mi­ges zu erschaf­fen, dann ist er an Dei­ner Kri­tik ohne­hin nicht inter­es­siert. Und wenn Du ein­fach nicht zur Ziel­grup­pe gehörst, wirst Du nichts Wert­vol­les sagen kön­nen. In bei­den Fäl­len sind Dei­ne Bemü­hun­gen, ein Feed­back zu hin­ter­las­sen, also kom­plett sinnlos.

Schritt 5: Baue das Feedback sorgfältig auf und achte auf Deine Formulierungen.

Begin­ne und been­de Dein Feed­back mit Lob und locke­re damit auch hin und wie­der die Kri­tik auf. Begrün­de dabei jede Dei­ner Aus­sa­gen am Text und lass Dei­ne Spe­ku­la­tio­nen über den Autor außen vor. Ach­te auf Dei­ne For­mu­lie­run­gen und Dei­ne Wort­wahl und drän­ge dem Autor Dei­ne Mei­nung nicht auf.

Bei Lob kannst Du aller­dings eini­ge Regeln über Bord wer­fen. Ja, wenn etwas nicht span­nend ist, dann liegt das am Text. Aber wenn die Geschich­te Dich wild mit­fie­bern lässt, dann darf der Autor ruhig erfah­ren, wie talen­tiert er ist. Wenn Du die Beweg­grün­de des Prot­ago­nis­ten nicht ver­stehst, dann ver­stehst Du sie nicht und viel­leicht liegt das am Text. Wenn die Moti­va­ti­on des Prot­ago­nis­ten aber gut rüber­kommt, dann darfst Du dem Autor ger­ne sagen, wie sorg­fäl­tig und lie­be­voll er sie her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Lob darf also ruhig per­sön­lich sein, mit Du-Bot­schaf­ten ope­rie­ren und emo­ti­ons­ge­la­de­ne, unprä­zi­se Aus­drü­cke wie „toll“, „mit­rei­ßend“ und „wun­der­bar“ ent­hal­ten. Der Autor wird sich freu­en und Dein Feed­back mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit dank­bar anneh­men und beherzigen.

Positive Erfahrungen

Wie Du also siehst:

Ein guter Kri­ti­ker ist vor allem selbstkritisch.

Er ist demü­tig und nimmt das Werk an, wie es ist. Er ver­sucht nicht, dar­aus etwas zu machen, das es nicht sein will. Er ver­sucht nicht, dem Autor sei­ne ver­meint­lich objek­ti­ven Kri­te­ri­en auf­zu­drü­cken. Und er ist sich stets sei­ner per­sön­li­chen Gren­zen bewusst.

Ich sage nicht, dass ich selbst die­se Prin­zi­pi­en immer ide­al umset­ze, aber ich bemü­he mich. Ich war in mei­nem Leben bereits auf bei­den Sei­ten der Front und habe sowohl Feh­ler ande­rer erlebt als auch eige­nen Mist ver­zapft. Und ich habe beob­ach­tet, dass Autoren in 99 Pro­zent aller Fäl­le auf Feed­back, das nach den hier prä­sen­tier­ten Prin­zi­pi­en auf­ge­baut ist, mit Begeis­te­rung und tie­fer Dank­bar­keit reagie­ren. Ich wie­der­um hat­te in die­sen Fäl­len das wun­der­ba­re Gefühl, tat­säch­lich gehol­fen zu haben.

Und das steht im Kon­trast zu dem, was man manch­mal sonst so liest von Feed­back-Gebern, die mei­nen, sie wür­den gutes Feed­back ver­tei­len: Ich war frü­her ja sehr viel in Online-Schreib­com­mu­ni­ties, vor allem auf Fan​fik​ti​on​.de unter­wegs. Und manch­mal las man da Beschwer­den von Usern, dass Autoren immer sooo aggres­siv auf kon­struk­ti­ve Kri­tik reagie­ren wür­den. Und dann ging man auf ihr Pro­fil, um zu schau­en, was für Feed­back sie so schrei­ben und Mam­ma mia! An Stel­le der betrof­fe­nen Autoren hät­te ich zwar zumin­dest so getan, als wäre ich für das Feed­back dank­bar, aber grund­sätz­lich war das Feed­back nicht wirk­lich wohl­wol­lend und wert­schät­zend. Das, was die ent­spre­chen­den Kri­ti­ker hin­ter­lie­ßen, war rein inhalt­lich zwar durch­aus berech­tigt, aber alles ande­re war die reins­te Kata­stro­phe. Unan­ge­mes­se­ner Sar­kas­mus, per­sön­li­che Belei­di­gun­gen, Du-Bot­schaf­ten, aggres­si­ve Wort­wahl und nur durch­gän­gi­ge Nega­ti­vi­tät. Kein Wun­der, dass die Autoren defen­siv wurden!

Aller­dings will ich nicht so tun, als gäbe es kei­ne kri­tik­un­fä­hi­gen Autoren. Es gibt nun mal Men­schen, da bemüht man sich bewusst, nur das Ver­hal­ten zu kri­ti­sie­ren, und sie neh­men es als Angriff auf ihre Iden­ti­tät. Und so gibt es auch Autoren, die sofort Fackeln und Mist­ga­beln raus­ho­len, wenn Du auch nur andeu­test, dass Du nicht begeis­tert bist. – Aber ich den­ke, wir kön­nen uns leicht dar­auf eini­gen, dass die­se Leu­te drin­gend einen Ter­min beim Psy­cho­the­ra­peu­ten brau­chen. Ver­mut­lich lei­den sie auch in ande­ren Lebens­be­rei­chen unter ihrer offen­sicht­li­chen nar­ziss­ti­schen Per­sön­lich­keits­stö­rung. Mach einen gro­ßen Bogen um die­se Leu­te und lass ihre Pro­ble­me nicht zu Dei­nen Pro­ble­men wer­den. Mögen sie in ihrem Sumpf ein­sam vor sich hin schmo­ren, solan­ge sie wollen.

Ich jeden­falls blei­be dabei, dass fast jeder Mensch ohne nar­ziss­ti­sche Per­sön­lich­keits­stö­rung oder ander­wei­ti­ge Ursa­che für krank­haf­te Kri­tik­un­fä­hig­keit ger­ne Feed­back annimmt, auch wenn es kri­tisch ist. Und beim Kri­ti­sie­ren soll­te man aus Respekt vor dem Mit­men­schen sen­si­bel sein. Ja, man­che Men­schen mögen for­dern, dass Autoren sich ein­fach eine dicke­re Haut zule­gen sol­len. Das Leben sei ja schließ­lich kein Pony­hof. Aber ers­tens ist es gar nicht so „ein­fach“ und zwei­tens wir­ken die­se Kri­ti­ker, die sich in der Regel für ach so reif und erwach­sen hal­ten, außer­or­dent­lich infan­til: „Nicht ich muss mich an die Welt anpas­sen, son­dern die Welt an mich!!“ – Faust­re­gel: Je mehr jemand auf sei­ne geis­ti­ge Rei­fe pocht, des­to infan­ti­ler ist er.

Und ja, das Leben ist kein Pony­hof. Doch genau des­we­gen soll­ten wir auf­ein­an­der so viel Rück­sicht neh­men wie mög­lich. Jeder hat ein schwe­res, schmerz­haf­tes Päck­chen zu tra­gen, und beim Schrei­ben wird die­ses Päck­chen geöff­net. Des­we­gen hal­te ich die hier auf­ge­lis­te­ten Prin­zi­pi­en für essen­zi­ell und gebe mir Mühe, sie beim Lek­to­rie­ren ein­zu­set­zen, selbst wenn die Autoren mir sagen, dass sie die Samt­hand­schu­he nicht unbe­dingt brau­chen. (Scha­den tut es ja nicht, denn das Feed­back ist inhalt­lich dasselbe.)

Umgang mit schlechter Kritik

Nun wirst Du als Autor in 95 Pro­zent aller Fäl­le nicht sol­ches Feed­back bekom­men. Selbst wenn Du von Belei­di­gun­gen ver­schont bleibst, blei­ben da noch die gan­zen sub­jek­ti­ven Schwam­mig­kei­ten und even­tu­ell sogar man­geln­des Ver­ständ­nis des Werks. Wie holst Du aus sol­chem Feed­back aber den­noch Nut­zen heraus?

Schritt 1: Verdaue die Kritik.

Beden­ke dabei vor allem, dass das Wort des Kri­ti­kers kei­ne objek­ti­ve, in Stein gemei­ßel­te Wahr­heit darstellt.

Es ist die Mei­nung eines Indi­vi­du­ums, nicht mehr und nicht weniger.

Es ist dabei egal, ob das Feed­back posi­tiv oder nega­tiv ist. Am Ende liegt es aus­schließ­lich an Dir, das Feed­back unter­schied­li­cher Leu­te aus­zu­wer­ten, zu ver­glei­chen und Dei­ne Geschich­te selbst kri­tisch zu beäu­gen. Du ent­schei­dest, ob Du mit Dei­ner Geschich­te zufrie­den bist oder nicht. Ob Du erreicht hast, was Du errei­chen woll­test, oder ob Du noch etwas ver­bes­sern soll­test. Denn es ist Dei­ne Geschich­te, Dei­ne Welt und Du bist hier Gott.

Soll­te die Kri­tik dabei unsen­si­bel, belei­di­gend oder ander­wei­tig ver­let­zend sein, dann gilt vor allem: Beru­hi­ge dich. Schlaf eine Nacht drü­ber. Der Kri­ti­ker hat sei­ne höchst eige­nen Grün­de für sein Ver­hal­ten und sie haben nichts mit Dir zu tun. Und ja, ich weiß, das ist leich­ter gesagt als getan, vor allem, wenn der Kri­ti­ker einen wun­den Punkt getrof­fen hat. Aber bit­te ver­su­che den­noch, Dir ins Bewusst­sein zu rufen, dass Kri­tik vor allem über den Kri­ti­ker etwas aus­sagt, und wenn die Kri­tik ver­let­zend aus­fällt, dann ist der Kri­ti­ker eben ein Rüpel, schlecht erzo­gen oder ein unwis­sen­des Opfer des Dunning-Kruger-Effekts.

Schritt 2a: Wer ist der Kritiker?

Der Kri­ti­ker kri­ti­siert eine Geschich­te, weil er ist, was er ist. Er nimmt die Geschich­te auf eine bestimm­te Wei­se wahr, weil er ein bestimm­ter Mensch ist mit einer bestimm­ten Welt­sicht und einem bestimm­ten Erfah­rungs­ho­ri­zont. Um zu ver­ste­hen, war­um ein Kri­ti­ker bestimm­te Din­ge kri­ti­siert, musst Du ihn als Men­schen wahr­neh­men und ver­ste­hen.

Und wie gesagt:

Kri­tik ist vol­ler Aus­sa­gen über den Kritiker!

Natür­lich kannst Du kei­ne Gedan­ken lesen und Dei­ne Mög­lich­kei­ten sind somit durch­aus ein­ge­schränkt. Aber meis­tens las­sen sich den­noch Infor­ma­tio­nen fin­den, mit denen man arbei­ten kann:

  • Was ver­rät der Kri­ti­ker zum Bei­spiel direkt und indi­rekt durch sein Feed­back? Wenn er expli­zit schreibt, dass er kei­ne Lie­bes­drei­ecke mag, dann hast Du einen expli­zi­ten Hin­weis auf sei­nen sub­jek­ti­ven Geschmack. Wenn er die schö­ne, poe­ti­sche Spra­che lobt, dann impli­ziert das, dass er poe­ti­sche Spra­che toll findet.
  • Was kannst Du sonst noch über ihn her­aus­fin­den? Weißt Du viel­leicht bereits etwas, weil die­se Per­son zu Dei­nem per­sön­li­chen Umfeld gehört? Ist die­se Per­son viel­leicht eine lang­jäh­ri­ge Inter­net-Bekannt­schaft? Hat die­se Per­son Pro­fi­le in den sozia­len Medi­en, die etwas preis­ge­ben? Oder hast Du die Per­son sogar ganz streb­sam einen Fra­ge­bo­gen aus­fül­len las­sen, um sie einer Ziel­grup­pe zuord­nen zu können?

Hal­te vor allem Aus­schau nach Infor­ma­tio­nen über den per­sön­li­chen Geschmack, das Lese­ver­hal­ten und die Erwar­tun­gen. Denn wenn der Kri­ti­ker in sei­nem Feed­back sei­ne Sub­jek­ti­vi­tät nicht selbst von dem tren­nen kann, was tat­säch­lich im Text steht, dann hel­fen die­se Infor­ma­tio­nen Dir dabei, die­se Arbeit nach­träg­lich zu machen. Also ein­zu­schät­zen, wo der Kri­ti­ker tat­säch­lich mehr oder weni­ger objek­tiv recht hat und wo er ein­fach durch sei­ne Sub­jek­ti­vi­tät ver­blen­det ist. Außer­dem kannst Du durch das Ana­ly­sie­ren des Feed­backs und Dei­ne Nach­for­schun­gen fest­stel­len, ob der Kri­ti­ker über­haupt zu Dei­ner Ziel­grup­pe gehört, ob er bestimm­te Din­ge nicht mag oder ver­steht, weil das Werk ein­fach nicht sein Ding ist, ob sei­ne sub­jek­ti­ve Mei­nung also über­haupt rele­vant ist.

Sei aber vor sich­tig, dass Du nicht jeden, der von Dei­ner Geschich­te nicht hell­auf begeis­tert ist, unter „nicht mei­ne Ziel­grup­pe“ ver­ord­nest. Denn wenn Du so vor­gehst, bist irgend­wann viel­leicht nur Du selbst als Dei­ne Ziel­grup­pe übrig und darfst Dich nicht dar­über beschwe­ren, dass sich nie­mand für Dei­ne Geschich­te interessiert.

Schritt 2b: Nimm den Kritiker ernst.

Das Ziel der Infor­ma­ti­ons­samm­lung über den Kri­ti­ker besteht auch nicht dar­in, sich selbst die Erlaub­nis zu ertei­len, sei­ne Mei­nung abzu­leh­nen oder gar zu igno­rie­ren. Egal, ob der Kri­ti­ker kom­pe­tent ist oder nicht, ob sein Feed­back sub­jek­tiv ist oder nicht und ob er zur Ziel­grup­pe gehört oder nicht: Nimm sein Feed­back ernst!

Ob Du die­ses Feed­back beher­zi­gen sollst, wirst Du spä­ter ent­schei­den. An die­ser Stel­le geht es vor­erst dar­um, sei­ne Wahr­neh­mung und sein Innen­le­ben zu akzep­tie­ren und zu respek­tie­ren. Denn in sei­ner eige­nen Bla­se hat ein Feed­back-Geber immer recht:

Wenn jemand Dei­ne Geschich­te kri­ti­siert, weil er sich mit dem Prot­ago­nis­ten nicht iden­ti­fi­zie­ren konn­te, dann mag das dar­an lie­gen, dass er nicht zur Ziel­grup­pe gehört, oder viel­leicht hat er auch ein­fach nicht ver­stan­den, dass Du Dei­ne Geschich­te bewusst so geschrie­ben hast, weil Du woll­test, dass die Leser den Prot­ago­nis­ten hin­ter­fra­gen. Doch in sei­ner eige­nen, klei­nen Welt hat er jedes Recht der Welt, unzu­frie­den zu sein: Er woll­te sich in jemand ande­ren hin­ein­ver­set­zen, es hat nicht geklappt und jetzt ist er ent­täuscht. – Und Du kannst mit noch so guten Argu­men­ten daher­kom­men: Die Wahr­schein­lich­keit, dass es etwas an sei­nen Gefüh­len ändert, ist äußerst gering.

Das soll­test Du vor allem bei „Getrig­ger­ten“ beden­ken: Wenn Dei­ne Geschich­te bei jeman­dem einen wun­den Punkt getrof­fen hat, ist natür­lich erst mal zu prü­fen, ob Du die ent­spre­chen­den The­men wirk­lich sen­si­bel gehand­habt hast. Ver­giss dabei jedoch nicht, dass Men­schen indi­vi­du­ell sind und Du nicht jeden sub­jek­ti­ven Trig­ger vor­her­se­hen kannst. Irgend­wann, wenn bestimm­te Stan­dards eige­hal­ten wur­den, ist mit der Sen­si­bi­li­tät auch Schluss. Wenn jemand sich dann sub­jek­tiv getrig­gert fühlt, ist das eine Über­re­ak­ti­on. Das ist irra­tio­nal. Aber es sind auch ech­te Gefüh­le im Spiel. Und Gefüh­le kann man nicht weg­dis­ku­tie­ren. Solan­ge der getrig­ger­te Kri­ti­ker sich irra­tio­nal auf­regt, kann er kei­ne ratio­na­len Argu­men­te auf­neh­men – sofern Dei­ne Argu­men­te denn über­haupt ratio­nal sind und nicht eben­falls eine Aus­ge­burt Dei­nes sub­jek­ti­ven Innen­le­bens und des Dun­ning-Kru­ger-Effekts. Und wenn Du die Per­son zu beru­hi­gen ver­suchst, indem Du die­sen Gefüh­len, die ja eine rea­le Ursa­che haben, die Legi­ti­mi­tät absprichst, dann ist das bereits Gas­light­ing und damit eine emo­tio­na­le Gewalt­tat. Sol­ches Vor­ge­hen ist unsen­si­bel, unem­pa­thisch und führt nur zur Eskalation.

Was ich also sagen will, ist:

Jeder hat ein Recht dar­auf, so zu füh­len, wie er fühlt. Weil jeder einen Grund hat so zu füh­len, wie er fühlt. Und wenn die­se Gefüh­le aus Dei­ner Sicht irra­tio­nal wir­ken, ist das ledig­lich nur Dei­ne sub­jek­ti­ve Sicht. Du weißt nicht alles über die Per­son vor Dir und somit hast Du auch kein Recht zu beur­tei­len, ob ihre Gefüh­le berech­tigt sind oder nicht.

Ob Du nun also mit star­ken Gefüh­len oder ein­fach nur mit bana­ler Sub­jek­ti­vi­tät kon­fron­tiert bist: Am bes­ten, Du nimmst so etwas ein­fach hin. Ver­su­che nach­zu­voll­zie­hen, war­um der Kri­ti­ker so reagiert, wie er reagiert, und ver­ur­tei­le ihn nicht. Fin­de her­aus, ob sei­ne Reak­ti­on für Dich rele­vant ist, aber sprich ihr nicht die Legi­ti­mi­tät ab. Nimm die Gefüh­le und die sub­jek­ti­ven Wer­tun­gen als indi­rek­te Hin­wei­se auf die Erwar­tun­gen und den per­sön­li­chen Geschmack die­ses Men­schen und nicht als Aus­druck per­sön­li­cher Mängel.

Schritt 3: Überprüfe die Kritik.

Nun weißt du also, wer der Feed­back-Geber ist und war­um er Dir das Feed­back gibt, das er Dir gibt. Im nächs­ten Schritt machst Du von die­sen Infor­ma­tio­nen Gebrauch und über­legst, ob an der Kri­tik tat­säch­lich etwas dran ist.

Dabei ist wich­tig zu beden­ken, dass Kri­tik nicht immer wört­lich zu neh­men ist. Ein anschau­li­ches Bei­spiel gibt es in einem ande­ren Bereich als dem Schrei­ben, näm­lich in der Welt der Suchmaschinen:

Sicher­lich kennst Du das, wenn Du bei Goog­le etwas ein­gibst, Dich aber ver­tippst und Goog­le Dir die rich­ti­ge Schreib­wei­se vor­schlägt. – Nun, die­se Funk­ti­on hat­te Goog­le nicht immer und eines Tages häuf­ten sich Beschwer­den, dass Goog­le nicht ein­mal etwas über Stars wie Brit­ney Spears fin­den konn­te. Im Prin­zip wur­de also die Funk­ti­ons­wei­se des Algo­rith­mus infra­ge gestellt. In Wirk­lich­keit jedoch funk­tio­nier­te der Algo­rith­mus völ­lig ein­wand­frei und das Pro­blem lag bei den Nut­zern selbst, die ihre Such­an­fra­gen mit Tipp­feh­lern übersäten.

Nun hat Goog­le aber nicht ein­fach die Schuld auf sei­ne Nut­zer gescho­ben, son­dern ein­ge­se­hen, dass sei­ne Ziel­grup­pe aus fehl­ba­ren Men­schen besteht. Des­we­gen wur­de eben die Auto­kor­rek­tur ein­ge­baut und das Pro­blem war für alle gelöst. Die unbe­rech­tig­te Kri­tik am Algo­rith­mus ent­pupp­te sich also als wert­vol­le Anre­gung, wie Goog­le sei­nen Ser­vice ver­bes­sern konnte.

Über­tra­gen auf das Schrei­ben bedeu­tet das: Wenn eine Geschich­te nicht gefällt, dann ist etwas schief­ge­lau­fen. – Aber was? Manch­mal kann der Feed­back-Geber das Pro­blem sehr genau benen­nen - vor allem, wenn er ein Pro­fi ist. Manch­mal ist es jedoch nötig, um die Ecke zu den­ken und nach alter­na­ti­ven Ursa­chen für das Miss­fal­len zu suchen.

Viel­leicht wun­derst Du Dich, war­um Dei­ne Leser den Prot­ago­nis­ten für eine Mary Sue hal­ten. Ich mei­ne, Du hast peni­bel dar­auf geach­tet, dass Dein Prot­ago­nist gra­vie­ren­de Schwä­chen hat und Feh­ler macht. Und trotz­dem beschwe­ren sich die Leu­te, dass er doch ach so per­fekt ist. Also erin­nerst Du Dich an John Tru­bys Emp­feh­lung, dass der Prot­ago­nist mög­lichst früh in der Geschich­te jeman­den ver­letz­ten soll­te. Und Dir fällt auf: Am Anfang der Geschich­te macht der Prot­ago­nist tat­säch­lich kei­ne Feh­ler! Somit ist der ers­te Ein­druck, den die Leser bekom­men, tat­säch­lich, dass der Prot­ago­nist feh­ler­los ist. Und der ers­te Ein­druck zählt nun mal am meisten.

Oder hast Du Dei­ne Aben­teu­er­ge­schich­te viel­leicht unge­schick­ter­wei­se als Lie­bes­ge­schich­te „ver­kauft“? Hast Du in der Beschrei­bung viel zu stark betont, dass die Prot­ago­nis­tin einem geheim­nis­vol­len Prin­zen begeg­net, und damit unbe­ab­sich­tigt Erwar­tun­gen geschürt und eine ganz bestimm­te, roman­zen­lie­ben­de Kli­en­tel ange­zo­gen? Natür­lich sind die Leu­te dann ent­täuscht, wenn die Prot­ago­nis­tin nicht mit dem Prin­zen zusammenkommt!

Oder hast Du viel­leicht nicht aus­rei­chend klar gemacht, dass der Leser sich nicht mit dem Prot­ago­nis­ten iden­ti­fi­zie­ren soll? Hast Du den Sub­text nicht klar genug rüber­ge­bracht? Oder viel­leicht soll­test Du die Sym­bo­le und Moti­ve etwas ver­ständ­li­cher machen?

Mit ande­ren Worten:

Über­prü­fe, ob der Feed­back-Geber die Geschich­te wirk­lich rich­tig ver­stan­den und die essen­zi­el­len Details wahr­ge­nom­men hat. Nut­ze Dein Wis­sen über ihn, um zu ver­ste­hen, war­um er etwas nicht ver­stan­den oder über­se­hen hat. Und sofern er zu Dei­ner Ziel­grup­pe gehört und die­sel­be Kri­tik auch von ande­ren Lesern kommt, soll­test Du Dei­nem Publi­kum ent­ge­gen­kom­men und das Pro­blem ausbügeln.

Dabei kann es übri­gens hilf­reich sein, bei den Feed­back-Gebern ein­fach wei­ter nach­zu­fra­gen. Vor allem, wenn das Feed­back schwam­mig ist. Viel­leicht kön­nen sie, wenn Du nach­hakst, kon­kret benen­nen, war­um sie etwas lang­wei­lig oder unver­ständ­lich fanden.

Auch gibt es die Mög­lich­keit, von vorn­her­ein mit einem Fra­gen­ka­ta­log zu arbei­ten. Nicht nur kannst Du dar­in Fra­gen zum Feed­back-Geber selbst unter­brin­gen, bei­spiels­wei­se zu sei­nem Lese­ver­hal­ten, son­dern Du kannst auch fra­gen, was kon­kret die Per­son wie ver­stan­den hat, was ihr gefal­len hat und was nicht und was sie sich viel­leicht noch gewünscht hät­te. Ob der Text sich flüs­sig liest, ob die Moti­va­tio­nen der Figu­ren nach­voll­zieh­bar sind, ob der Plot Sinn ergibt etc. Gera­de, wenn Dei­ne Feed­back-Geber Dilet­tan­ten sind, bei­spiels­wei­se Fami­lie, Freun­de oder Bekann­te, wis­sen sie oft nicht, wor­auf genau sie ach­ten sol­len, und wenn Du sie dann um Rück­mel­dun­gen bit­test, setzt die Angst vor dem lee­ren Blatt ein und sie wis­sen erst recht nicht, was sie sagen sol­len. Da kann es durch­aus hilf­reich sein, wenn sie Fra­gen haben, an denen sie sich end­lang­han­geln kön­nen. Und wenn jemand kei­ne Angst vor dem lee­ren Blatt hat und Dir sein Feed­back lie­ber „frei nach Schnau­ze“ geben möch­te, kann die­se Per­son es ja immer noch ger­ne tun.

Wenn Nach­fra­gen Dich aber nicht wei­ter­bringt, wirst Du wohl nicht umhin kön­nen, Dein theo­re­ti­sches Wis­sen ein­zu­set­zen bzw. das nöti­ge theo­re­ti­sche Wis­sen zu recher­chie­ren: Wenn eine bestimm­te Sze­ne als lang­wei­lig emp­fun­den wird, dann infor­mie­re Dich, was eine Sze­ne inter­es­sant macht, und che­cke die Sze­ne auf die ent­spre­chen­den Ele­men­te und Tech­ni­ken durch. Wenn jemand ganz pam­pig meint, dass Du Dich ein­fach nicht ver­ständ­lich aus­drü­cken kannst, dann nimm Dei­nen Schreib­stil und den Text­auf­bau genau­er unter die Lupe. – Ein auf­wen­di­ges, aber ein­fa­ches Prin­zip also.

Was erfah­re­ne­re Feed­back-Geber angeht, so wis­sen sie in der Regel ziem­lich genau, wor­auf man so ach­ten kann. Lang­jäh­ri­ge Lese­rat­ten kön­nen Dein Werk mit zahl­rei­chen ande­ren Büchern ver­glei­chen und wis­sen in der Regel, was ein Buch aus­macht, das ihnen gefällt. Dass Lek­to­ren einen Text in all sei­nen Facet­ten pro­fes­sio­nell durch­che­cken, ver­steht sich von selbst. Weder die Lese­rat­ten noch die Pro­fis brau­chen also einen Fra­gen­ka­ta­log. Doch wenn Dich bestimm­te Aspek­te beson­ders beschäf­ti­gen, kannst Du die Leu­te natür­lich bit­ten, auf die­se Din­ge ver­stärkt zu achten.

Bei allen Feed­back-Gebern soll­te aber das Prin­zip gelten:

Das Feed­back ist nur eine Mei­nung von vie­len.

Wenn ein ein­zi­ger Test­le­ser Dei­nen Prot­ago­nis­ten blöd fin­det, alle ande­ren aber begeis­tert sind, dann liegt es wahr­schein­lich an dem einen Test­le­ser und sei­nem indi­vi­du­el­len Geschmack. Ande­rer­seits aber wür­de ich durch­aus sagen, dass die Mei­nung von erfah­re­nen Lese­rat­ten und Lite­ra­tur­pro­fis schwe­rer wie­gen soll­te als die von Gele­gen­heits­le­sern oder sogar Nicht-Lesern. Denn Letz­te­re haben oft ein­fach nicht die Kom­pe­tenz, Qua­li­tät ein­zu­schät­zen, weil sie Dei­ne Geschich­te nicht wirk­lich mit rich­tig guten und rich­tig schlech­ten Wer­ken ver­glei­chen kön­nen und auch die aktu­el­len Trends nicht ken­nen. Das kann dazu füh­ren, dass sie einen Text loben, von dem jeder erfah­re­ne Leser oder Pro­fi sofort sagen wür­de, dass er sämt­li­che Kli­schees sei­nes Gen­res ent­hält und daher zum Schei­tern ver­ur­teilt ist.

Schritt 4: Auf die Kritik antworten und den Text korrigieren.

Wenn Du nun also weißt, was genau das „Pro­blem“ ist, kannst Du ent­schei­den, wie Du dar­auf reagierst.

In jedem Fall soll­test Du Dich als Ers­tes bedan­ken. Selbst dann, wenn die Kri­tik unan­ge­mes­sen und ver­let­zend war. Tue wenigs­tens so, als wärst Du dank­bar. – Es sei denn, das Feed­back war wirk­lich sub­stanz­los und durch­gän­gig belei­di­gend, ein klas­si­scher Hater-Kom­men­tar. Dann kannst Du die­ses „Feed­back“ getrost igno­rie­ren und nicht wei­ter Dei­ne Zeit damit verschwenden.

Alles Wei­te­re ist optio­nal. Wenn Du Dich mit dem Feed­back-Geber wei­ter aus­tau­schen möch­test und er das auch will, soll euch nichts im Weg ste­hen. Aber grund­sätz­lich bist Du nicht ver­pflich­tet, Dei­ne Ent­schei­dun­gen zu erklä­ren und zu rechtfertigen.

Eine Aus­nah­me ist es jedoch, wenn Dir etwas Schlim­mes vor­ge­wor­fen wird. Beson­ders, wenn es öffent­lich pas­siert. Hier geht es um Dei­nen Ruf und eine Erläu­te­rung Dei­ner Posi­ti­on, eine Rich­tig­stel­lung der Tat­sa­chen oder auch eine Ent­schul­di­gung wäre durch­aus sinn­voll. Aber sei vor­sich­tig und lass Dich nicht in eine toxi­sche End­los-Dis­kus­si­on verwickeln.

Nach der Reak­ti­on gegen­über dem Feed­back-Geber kannst Du Dich dar­an machen, die Kri­tik umzu­set­zen. Hier soll­test Du Dich zuerst aber ent­schei­den, ob Du sie über­haupt umset­zen kannst und willst. Fra­ge Dich daher:

Pas­sen die gewünsch­ten Ände­run­gen zu Dei­ner Visi­on und bist Du über­haupt in der Lage, sie einzubauen?

Wenn ein Kri­ti­ker sich poe­ti­sche­re Beschrei­bun­gen wünscht, dann ist erst mal zu prü­fen, ob es über­haupt etwas zu Dei­ner Geschich­te bei­tra­gen wür­de und ob Du sie wirk­lich haben willst. Denn wenn Du selbst kei­ne poe­ti­schen Beschrei­bun­gen magst, dann musst Du sie auch nicht ein­bau­en. Wenn Du den Vor­schlag aber für eine gute Idee hältst, dann kannst Du Dich bemü­hen, recher­chie­ren, üben und viel­leicht kommt auch etwas Gutes dabei her­aus. Viel­leicht hast Du aber auch ein­fach kein Talent für sowas und die Beschrei­bun­gen so zu las­sen, wie sie sind, wäre das gerings­te Übel. Ent­schei­de selbst.

Und damit hängt zusammen:

Lass Dir nichts aufdrängen!

Nicht jeder, der vor­gibt, Dir hel­fen zu wol­len, meint es tat­säch­lich gut mit Dir. Man­che Men­schen glau­ben ein­fach, alles bes­ser zu wis­sen, und wol­len sich wich­tig­ma­chen. Set­ze daher nur das um, was Dei­ne Geschich­te tat­säch­lich berei­chert: Feed­back soll auf­zei­gen, wie Dein Werk ver­bes­sert wer­den kann. Ob die­se Mög­lich­kei­ten nun direkt benannt oder erst von Dir ermit­telt wer­den müs­sen. Aber sofern Dei­ne Bot­schaft und Visi­on nicht toxisch sind und Du wei­ter­hin zu ihnen ste­hen willst, besteht auch kein Grund, sie über den Hau­fen zu wer­fen, nur weil jemand ande­res das so will.

Schlusswort: Wann welches Feedback einholen?

Am Ende die­ses Arti­kels möch­te ich nur noch sagen, dass jeder Text vor der Ver­öf­fent­li­chung mehr­mals geprüft und über­ar­bei­tet wer­den soll­te. Ob Du Dir jedoch schon wäh­rend des Schrei­bens Feed­back ein­holst oder Dei­nen Feed­back-Gebern erst einen fer­ti­gen Ent­wurf prä­sen­tierst, musst Du selbst ent­schei­den: Je nach dem, wie Du bes­ser arbei­ten kannst.

In der Pra­xis ist aber auch die Ver­füg­bar­keit von poten­ti­el­len Feed­back-Gebern ein Fak­tor. Freun­de, Fami­lie und Bekann­te sind oft ger­ne ver­füg­bar, aber wie Du sicher­lich bereits gemerkt hast, sind sie nicht immer die bes­ten Kri­ti­ker. Man­che Autoren suchen sich daher Kri­tik­part­ner, also ande­re Autoren, mit denen sie sich aus­tau­schen. Oder einen Nicht-Autor, der sich aber trotz­dem mit dem Schrei­ben aus­kennt:

Denn in den ganz frü­hen Sta­di­en der Ent­ste­hung des Tex­tes soll­te sich der Feed­back-Geber in Dei­ne Lage ver­set­zen kön­nen. Die spä­te­ren Test­le­ser, die den fer­ti­gen Ent­wurf oder das bereits über­ar­bei­te­te Manu­skript lesen sol­len, kön­nen ruhig ein­fach nur Leu­te sein, die ger­ne lesen und in Dei­ne Ziel­grup­pe passen.

Bevor Du einen fer­ti­gen Ent­wurf ver­schickst, ist es übri­gens sinn­voll, ihn erst mal selbst zu prü­fen. So kannst Du bereits ers­te Feh­ler und Unge­reimt­hei­ten besei­ti­gen. – Aber tu, was für Dich am meis­ten Sinn macht.

Wich­tig ist, dass vor der Ver­öf­fent­li­chung auf jeden Fall ein Lek­to­rat kommt. Wenn Du bei einem Ver­lag unter­kommst, küm­mert sich der Ver­lag dar­um. Wenn Du aber die Self-Publi­shing-Rou­te ein­schla­gen willst, musst Du selbst einen pas­sen­den Lek­tor fin­den, der Dei­nen Text auch annimmt. Vie­le Lek­to­ren haben da ihre Schwer­punk­te und Du soll­test einem Lek­tor, der sich auf Lie­bes­ge­schich­ten spe­zia­li­siert, kei­nen Kri­mi zusenden.

Idea­ler­wei­se soll­te der Ent­wurf, den Du an einen Lek­tor schickst, abge­schlos­sen sein. Solan­ge die Roh­fas­sung noch im Ent­ste­hen ist, sind vie­le Din­ge unklar, sodass kein wirk­lich umfas­sen­des Feed­back gege­ben wer­den kann: Wenn die Geschich­te noch kein Ende hat, dann kann noch nicht viel über den Arc des Prot­ago­nis­ten gesagt wer­den, das The­ma und die Bot­schaft wur­den noch nicht voll ent­fal­tet, man kann noch nicht ein­schät­zen, wel­che Sze­nen und Details even­tu­ell über­flüs­sig sind, etc. Außer­dem: Ein Lek­to­rat kos­tet und wer weiß, ob Du den Ent­wurf über­haupt beendest?

Also mei­ne Emp­feh­lung lautet:

Suche Dir schreib­freu­di­ge Mit­strei­ter, tau­sche Dich mit ihnen aus, been­de den Ent­wurf und schi­cke ihn erst dann an Test­le­ser und Lektor.

Aber wenn Du trotz­dem pro­fes­sio­nel­le Hil­fe wäh­rend der Ent­ste­hung des Manu­skripts brauchst, kannst Du ger­ne auch eine Bera­tung buchen. Ich wür­de mit Dir dann über Dei­ne Visi­on, das Kon­zept und Dei­ne Stol­per­stei­ne reden. Über was immer Dir Kopf­schmer­zen bereitet.

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