Wenn Du ein Buch schreibst, dann willst Du wahrscheinlich auch, dass es gelesen wird. Wie erreichst Du das also? Worauf musst Du beim Buch selbst achten und wie präsentierst Du es potentiellen Lesern? Auf welchem Wege erreichst Du sie am besten und mit welchen Botschaften? Darum geht es in diesem Artikel.
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Heute schreibt jeder ein Buch. Was macht Dein Buch also besonders? Und wie erklärst Du es potentiellen Lesern?
Die Beantwortung dieser Fragen ist der Kernpunkt des Buch-Marketings. Und weil heutzutage jeder Autor darauf angewiesen ist, zumindest einen Teil des Marketings selbst zu übernehmen, müssen wir das Thema so langsam mal anpacken.
Deswegen reden wir heute über die Grundlagen des Marketings mit Schwerpunkt auf dem Verkauf von Büchern.
Was ist Marketing?
Zuallererst müssen wir klären, was Marketing überhaupt ist. Denn außerhalb der Marketing-Branche scheinen es nur wenige wirklich zu wissen. Meistens wird es sogar mit Werbung gleichgesetzt, obwohl sie nur einen Teilbereich des Marketings darstellt.
Die verständlichste und treffendste Definition, die ich kenne, ist:
Marketing ist marktorientiertes Denken und Handeln.
Damit schließt Marketing alle Tätigkeiten und Entscheidungen ein, die sich irgendwie an den Gegebenheiten des Marktes bzw. der Umwelt orientieren. Dass ich meine Leser duze, war zum Beispiel eine sehr bewusste strategische Entscheidung, die auf folgenden Überlegungen beruht:
Ich bin ja hauptsächlich auf YouTube tätig und die Klientel, die dort Infotainment-Videos konsumiert, ist überwiegend in meinem Alter und jünger. Auch sind es tendenziell eher jüngere Leute, die überhaupt die Zeit haben, sich intensiver mit ihrem Schreibhobby zu beschäftigen, und die noch optimistisch ihren Träumen hinterherjagen. Und in diesen Kreisen funktioniert eine vertrauliche, familiäre Atmosphäre erfahrungsgemäß besser. Das soll natürlich nicht heißen, dass ich mich nicht auch über ältere Semester freue – denn das tue ich sogar sehr –, aber ich kann mehr Zuschauer erreichen, wenn ich von einem jüngeren Publikum ausgehe. Und außerdem hat sich bisher niemand von den Älteren über das Duzen beschwert: Sie sind in der Regel sehr locker drauf und in ihrem Inneren jung, frisch und knackig.
Wie Du an diesem Beispiel erkennen kannst, beginnt Marketing schon beim Produkt selbst: Denn die Marketing-Entscheidung, mein Publikum zu duzen, ging der Video-Produktion ja voraus. Gib Dich also bloß nicht der Illusion hin, Du könntest das Marketing komplett dem Verlag oder der Marketing-Agentur überlassen. Denn damit ein Verlag, eine Literatur- und/oder eine Marketing-Agentur mit Dir überhaupt zusammenarbeiten möchte, sollte Dein Werk bereits markttauglich sein, d. h. Du solltest beim Konzept bereits erste Marketing-Entscheidungen gefällt haben. Und außerdem wirst Du später, wenn Dein Buch in die Veröffentlichung geht, auch selbst die Werbetrommel rühren müssen, denn erstens wird der Verlag mit größter Wahrscheinlichkeit kein allzu großes Marketing-Budget für Dein Werk einplanen und zweitens erwarten die Leser heutzutage direkten Kontakt zum Autor via Social Media.
Doch besprechen wir eins nach dem anderen und beginnen am Anfang, nämlich – wie gesagt – bei Deinem Buch selbst …
USP und Markttauglichkeit
Niemand mag 08/15. Niemand will für ein Buch bezahlen, das er schon zwanzigtausenmal gelesen hat. Denn der Mensch ist ein Entdecker, er ist neugierig und er sehnt sich nach neuen Eindrücken.
Was macht Dein Buch also besonders? Was ist Dein USP?
„USP“ ist dabei die Abkurzung für „unique selling proposition“, d. h. „Alleinstellungsmerkmal“. Es ist die Antwort auf die Frage:
Was machst Du anders als andere Autoren und was haben Deine Leser davon?
Wichtig sind in diesem Zusammenhang vor allem eine starke Prämisse sowie Überlegungen zu Deinem persönlichen Anliegen bzw. Deiner Mission, also was Du mit dem Buch erreichen möchtest, und zu Deiner Qualifikation, also warum ausgerechnet Du dieses Buch schreiben solltest.
Zum Beispiel:
Meinst Du, Der Herr der Ringe wäre so ein glaubhaftes Epos über Kameradschaft, Krieg und Mut mit einem dermaßen detaillierten World-Building und sogar vollständig herausgearbeiteten Sprachen geworden, wenn Tolkien kein nerdiger Philologe mit Weltkriegserfahrung gewesen wäre? Er wollte eine Mythologie für England erschaffen und kannte seine Materie sehr genau – im Gegensatz zu seinen zahlreichen und weniger erfolgreichen Nachahmern.
Neben Prämisse, Anliegen und Qualifikation spielen natürlich auch noch äußere Eigenschaften eine Rolle, nämlich die Beobachtungen von Jodie Archer und Matthew L. Jockers in ihrem Bestseller-Code, die wir bereits in einer früheren Reihe auseinandergenommen haben. Von einer interessanten und sinnvollen Themenmischung bis hin zu starken und zugleich den aktuellen Trends entsprechenden Protagonisten gibt es viele Aspekte, die einem Werk einen individuellen Charakter verleihen und es zugleich markttauglich machen.
Übrigens gibt es eine deutschsprachige Software, die vom Prinzip her ähnlich zu funktionieren scheint wie der Algorithmus von Archer und Jockers. Das Tool nennt sich LiSA und wurde von QualiFiction entwickelt. Was praktisch ist: Bevor Du eine Analyse kaufst, kannst Du Dir einen kostenlosen Demozugang anlegen und auf Blogs von Autoren schnuppern, die ihre Werke durch den Algorithmus gejagt haben:
- RINDLERWAHN-schreibverrückt: Bestseller-Code – Künstliche Intelligenz checkt meinen Roman
https://youtu.be/oHQCIUy6v8s - Ben Becker: QualiFiction – Das Buch in Zahlen
https://ben-becker.blogspot.com/2019/07/qualifiction-das-buch-in-zahlen.html - Kia Kahawa: Eine KI prüft mein Manuskript – das kann Qualifiction!
https://www.kiakahawa.de/das-kann-qualifiction/ - Matthias Matting: Bestseller-Potenzial mit Künstlicher Intelligenz ermitteln: Wie Qualifiction funktioniert
https://www.selfpublisherbibel.de/bestseller-potenzial-mit-kuenstlicher-intelligenz-ermitteln-wie-qualifiction-funktioniert/
Markt- und Wettbewerbsanalyse
Wenn Du nun also weißt, was Du fabriziert hast, ist es an der Zeit zu überlegen, wem Du es am ehesten andrehen kannst und wie Du dabei im Vergleich zur Konkurrenz dastehst. Sprich: Wir gehen über zur Markt- und Wettbewerbsanalyse, im Zuge derer es übrigens auch zu einer Überarbeitung des Manuskripts kommen kann. Doch besprechen wir auch hier eins nach dem anderen …
Zielgruppe
Ich kann es nicht oft genug wiederholen:
Eine perfekte Geschichte gibt es nicht!
Aber eine perfekte Geschichte für eine bestimmte Zielgruppe ist durchaus realistisch.
Damit im Zusammenhang können wir folgende Faustregel formulieren:
Eine Geschichte, die sich an alle richtet, richtet sich an niemanden.
Zwar gibt es Bücher, die von vielen verschiedenen Gruppen gemocht werden, doch auch hier gibt es in der Regel eine primäre Zielgruppe:
Harry Potter ist eine Reihe für Kinder und Jugendliche, die sie beim Erwachsenwerden begleitet und somit auch Themen behandelt, die für diese Zielgruppe relevant sind. Dass sich schon in den Veröffentlichungsjahren auch viele Erwachsene für die Serie begeistern konnten, ist eher ein positiver Nebeneffekt. Viele sind durch ihre Kinder damit in Berührung gekommen und lernten die fantasievolle Welt und die Krimi-Plots kennen und lieben. Vor allem zeichnet sich Harry Potter auch dadurch aus, dass Rowling ihre Leser nicht bevormundet, was ebenfalls dafür sorgt, dass die Reihe auch für ein erwachsenes Publikum genießbar ist. Die eigentliche Zielgruppe sind und bleiben jedoch Kinder und Jugendliche, denn als Buchreihe für Erwachsene würde Harry Potter ganz anders aussehen.
Es ist daher auf jeden Fall sinnvoll, genau zu wissen, für wen man schreibt und warum. Und das wiederum sollte an die Prämisse gekoppelt sein.
Zum Beispiel haben wir die Prämisse von Harry Potter ja folgendermaßen definiert:
„Ein Waisenjunge erfährt, dass er magische Kräfte hat, geht auf eine Zauberschule und stellt sich einem bösen Zauberer, um die Welt zu retten.“
Wenn wir von einem Zielpublikum von 10–16 Jahren für die ersten und mittleren Bände ausgehen, dann sind die Leserlein gerade am Anfang oder inmitten ihrer Pubertät und wollen sich so langsam mal von ihren Eltern abnabeln. Dabei möchten sie Außergewöhnliches erleben und die Welt erobern. Harry Potter trifft da voll ins Schwarze mit seinem Protagonisten ohne Eltern, der auf ein magisches Internat geht und sich dem Bösen stellt.
Doch das ist etwas oberflächlich. Greifen wir daher auf ein Werkzeug zurück, das wir ebenfalls schon in einem früheren Artikel besprochen haben: Personas.
Zur Erinnerung:
Bei Personas geht es darum, ein Profil des typischen Vertreters einer Zielgruppe zu erstellen.
Wichtig ist dabei, dass Du Deine Persona nicht einfach aus der Luft greifst, sondern Deine Zielgruppe entweder bereits kennst oder aktiv beobachtest bzw. Recherche betreibst und anschließend sozusagen den Querschnitt bildest.
Dieser Querschnitt könnte für Harry Potter in der heutigen Zeit zum Beispiel so aussehen:
- Name: Leon
- Alter: 14
- Beruf/Bildung: Schüler
- Familie: Eltern, Schwester, Mittelstand
- Traum: wollte schon immer ein Haustier, aber seine Eltern sind dagegen; will später Influencer/Gaming-Streamer werden
- Interessen: Videospiele, Tiere
- Hobbys: Videospiele, Freunde, Filme
- Mediennutzung: Gaming-Livestreams, TikTok, Instagram
- Erwartungen ans Buch: Abenteuer!!
- Abneigungen: von Erwachsenen nicht ernst genommen werden, seine Mathelehrerin
Natürlich ist Leon ein Klischee auf zwei Beinen, aber uns geht es ja nicht um einen realen Menschen, sondern eben um einen Querschnitt. Und wie Dir sicherlich aufgefallen ist, stellt Harry Potter für ihn eine perfekte Identifikationsfigur dar:
Harry ist – je nach Band – in seinem Alter und geht auf eine Schule – aber eine besondere, die Leons Sehnsucht nach Abenteuern und Eskapismus bedient, wo die Eltern ganz weit weg sind und wo man stattdessen seine Freunde immer um sich hat. Auch erfüllt sich für Harry Leons Traum von einem coolen Haustier sowie seine Sehnsucht nach Berühmtheit. Die fiesen Dursleys assoziiert Leon mit seinen Eltern, die ihm in der Realität ja kein Haustier gönnen und sowieso nervig sind. Auch fühlt er sich durch das Buch nicht bevormundet und in Harrys Feindschaft mit seinem Lehrer Severus Snape erkennt Leon sich selbst und seine Mathelehrerin wieder. Nicht zuletzt muss Leons Familie nicht auf jeden einzelnen Cent achten und kann sich die Bücher überhaupt leisten.
Doch Leon existiert nicht in einem Vakuum und möglicherweise ist es nicht er selbst, der das Buch kauft. Das sollte vor allem bei Kinderbüchern berücksichtigt werden, denn die Käufer sind hier – je nach Alter des Kindes – oft Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel, und auch generell fungieren Bücher gerne als Geschenke. Die Zielgruppe des Produkts ist also nicht immer automatisch die Zielgruppe des Marketings.
Machen wir also, weil es heutzutage statistisch betrachtet immer noch eher Frauen sind, die die emotionale Arbeit in der Familie erledigen, noch ein Persona-Profil zu Leons Mama:
- Name: Nicole
- Alter: 46
- Beruf/Bildung: Angestellte in Teilzeit
- Familie: Mann, zwei Kinder, Mittelstand
- Traum: glückliche Familie
- Interessen: Krimis, Thriller, Liebesromane, Historisches
- Hobbys: Lesen, Serien
- Mediennutzung: Facebook, Netflix
- Erwartungen ans Buch: Wertevermittlung, dass Leon endlich mehr liest und weniger Zeit mit Videospielen verbringt
- Abneigungen: Gewaltexzesse in den Medien, frei zugängliche Pornografie im Internet
Wie Du also siehst, dürfte Harry Potter auch Mama Nicole zufriedenstellen:
Weil die Bücher sehr spannend sind, entwickelt sich Leon zu einer Leseratte, während seine Psyche vor jugendgefährdenden Themen geschützt wird, weil er nicht mehr so viel im Internet hockt. Außerdem findet sie als Krimi-Fan selbst Gefallen an den Büchern und so bringt Harry Potter sie ihrem Sohn sogar näher.
Natürlich gibt es aber größere und kleinere Zielgruppen. Harry Potter bedient eine große. Es ist jedoch absolut kein Problem, wenn Dein Werk nur ein kleines Nischenpublikum anspricht. Soll heißen: Du musst nicht auf Teufel komm raus versuchen, einen Bestseller zu schreiben. Denn wenn ein Buch sich nicht gut verkauft, ist es von der Qualität her nicht zwangsläufig schlecht. Schreibe das Buch, das Du schreiben willst. Passe nur auf, dass Deine Erwartungen dabei realistisch bleiben, Du also nicht mit allzu hohen Einnahmen rechnest.
Wettbewerb
Doch zu wissen, für wen Du schreibst und warum, ist immer noch nicht genug. Denn selbst wenn Du das perfekte Buch für Deine Zielgruppe geschrieben hast, wirst Du nur mäßig Erfolg haben, wenn der Markt bereits mit ähnlichen Büchern überfüllt ist und Du im Grunde nichts Neues beisteuerst.
Der Wettbewerb durch andere Autoren ist Fluch und Segen zugleich: Einerseits sind sie natürlich Deine Konkurrenz, aber andererseits sind Leser von Büchern, die Deinem Werk ähneln, auch Deine potentielle Leserschaft und Du kannst sie somit leichter ausfindig machen und ansprechen.
Durch eine Wettbewerbsanalyse findest Du also nicht nur heraus, was die aktuellen Trends sind und wie Du Dich von der Masse abheben kannst, sondern sie fungiert gleichzeitig auch als Kompass bei Deiner Suche nach Lesern.
Auch hier musst Du recherchieren, diesmal nach Werken und Autoren, mit denen Du Deine Zielgruppe teilst. Was macht sie erfolgreich oder auch nicht erfolgreich? Was gibt es für Genrekonventionen und wie reagieren die Leser darauf? Wie lang sind die Bücher? Was sind die USPs der einzelnen Wettbewerber und über welche Kanäle vertreiben und bewerben sie ihre Werke? Was kannst Du sonst noch beobachten? Gibt es vielleicht sogar Marktlücken, ein Buch, das eine bestimmte Zielgruppe gerne lesen würde, das bisher aber einfach nicht existiert?
Beachte auch, dass Trends kommen und gehen. Es macht oft also nicht viel Sinn, ihnen gezielt hinterherzujagen, denn wenn Du Dein Buch endlich fertiggestellt und überarbeitet hast, ist der Trend wahrscheinlich schon vorbei. – Es sei denn, du schreibst sehr, sehr schnell und hast kein Problem damit, ein ewiger Trittbrettfahrer im Schatten innovativerer Autoren zu sein.
Worauf es bei der Wettbewerbsanalyse eher ankommt, ist, Angebot und Nachfrage zu prüfen, die Stärken und Schwächen Deiner Konkurrenz zu ermitteln und Deinen ganz eigenen Platz auf dem Markt zu finden. Picke Dir also ruhig einzelne Konkurrenzwerke heraus und analysiere sie und die Rolle, die sie auf dem Markt spielen. Lerne aus ihren Fehlern und Erfolgen.
SWOT-Analyse
Nun hast Du viele wertvolle Ergebnisse und kannst sie alle in der sog. SWOT-Analyse zusammentragen:
- S → Strengths → die Stärken Deines Werkes im Vergleich zur Konkurrenz
- W → Weaknesses → die Schwächen Deines Werkes im Vergleich zur Konkurrenz
- O → Opportunities → Deine Chancen auf dem Markt
- T → Threats → Risiken, denen Dein Werk auf dem Markt ausgesetzt ist
Es geht also im Grunde um folgende Fragen:
- Auf welche Stärken willst Du bauen und wie kannst Du Deine Schwächen ausbügeln oder gar zu Stärken machen? – Hier fragt man nach den Eigenschaften des Werks an sich, beispielsweise nach einem flüssigen Schreibstil, interessanten Figuren, einer spannenden Handlung etc.
- Welche Marktlücken kannst Du bedienen, bei welchen Trends mitmachen und wie kannst Du Dich vor Risiken schützen? – Hier fragt man nach den äußeren Gegebenheiten, auf die Du kaum oder gar keinen Einfluss hast, beispielsweise zeitgleiches Erscheinen eines fast identischen Werks, Kritiken, eine allgemeine Krise des Buchmarkts etc.
Natürlich greifen diese Fragen auch sehr stark ineinander:
Zum Beispiel hat mein Lieblingsautor Remarque einen sehr knappen, prägnanten Stil, was häufig als Folge des Ersten Weltkrieges interpretiert wird, weil diese Art, sofort zur Sache zu kommen, sehr soldatisch anmutet. Und es gibt durchaus Stimmen, die diesen Stil als Schwäche sehen, vor allem so kurz nach der eher schwafeligen Literatur des 19. Jahrhunderts. Gleichzeitig ist diese vermeintliche Schwäche auch eine Chance, weil dieser Stil hervorragend zum von Remarque beschriebenen Frontalltag passt und sich außerdem in die damals aktuelle Strömung der Neuen Sachlichkeit einfügt.
An dieser Stelle ist jedoch auch Vorsicht geboten: Das Ziel einer SWOT-Analyse besteht nicht darin, sich die Schwächen und Risiken im Zusammenhang mit Deinem Werk schönzureden. Wenn eine Schwäche eine Schwäche ist, gehört sie beseitigt oder kompensiert. Sei ehrlich zu Dir selbst, denn Du willst das Werk bei der anschließenden Überarbeitung ja verbessern.
Und damit wären wir auch schon bei einer Frage von twinflame01, nämlich inwieweit es dienlich ist, schon beim Schreiben eine Zielgruppe im Kopf zu haben. Diese Frage ist vor allem vor dem Hintergrund der Plotter und Pantser interessant, weil Letztere oft ja erst beim Schreiben entdecken, was das Ganze werden soll und für wen. Autoren sind eben verschieden und während manche gezielt für eine bestimmte Zielgruppe schreiben können, ist das für andere unmöglich. Und das ist auch völlig in Ordnung so. Denn im Grunde ist es egal, an welchem Punkt genau Du Überlegungen zur Zielgruppe und Markttauglichkeit generell in Dein Konzept aufnimmst – Hauptsache, es passiert vor der finalen Überarbeitung des Manuskripts und geht auch mit einer entsprechenden SWOT-Analyse einher. Denn Du willst ja, dass Dein Buch sich möglichst gut verkauft und den Lesern gefällt.
Konkrete Maßnahmen
So viel zum abstrakteren Part des Marketing-Plans. Wenn hier alles steht, überlegst Du, wie Du Dein Konzept in der Praxis umsetzen willst. Du setzt Dir realistische Ziele – zum Beispiel, wie viele Exemplare Du in welchem Zeitraum verkaufen willst -, formulierst konkrete Marketing-Botschaften, die Du in Dein Werbematerial packst, und Du entscheidest Dich für konkrete Plattformen auf denen Du veröffentlichen und werben willst.
Werbung im Internet
Gehe dabei immer davon aus, was Du welcher Zielgruppe zu bieten hast:
Zum Beispiel macht es durchaus Sinn, Werbebanner speziell für Leon zu erstellen, damit er sich – je nach Alter – das Buch von seiner Mutter erquengelt oder von seinem Taschengeld kauft. Es macht aber keinen Sinn, diese Werbung auf Facebook zu schalten, denn heutzutage gilt das als Plattform für ältere Leute. Wenn Du Leon ansprechen willst, dann packst Du ein buntes, vor Abenteuer und Magie strotzendes Banner auf Instagram und lässt eventuell sogar – wenn Du zu viel Geld hast – einen professionell animierten Buchtrailer bei Gaming-Livestreams laufen. Und das am besten noch in den Wochen vor Weihnachten: Dann weiß Leon nämlich, was er sich von seiner Großtante Frida wünschen kann. Leons Mutter hingegen erreichst Du durchaus auf Facebook, aber Du müsstest Deine Botschaft anpassen und ihr eine packende und zugleich altersgerechte Lektüre für ihr Kind versprechen. Und auch Tante Frida kannst Du auf Facebook erreichen und ihrer Ratlosigkeit, was sie ihrem Großneffen in der Pubertät schenken soll, ein Ende setzen.
Solche Überlegungen sind der erste Schritt, um Deine Werbemaßnahmen interessant zu machen: Denn Deine Zielgruppe soll erkennen, dass Du ihre Bedürfnisse ansprichst. Sonst wird Deine Werbung ignoriert. Und dass die Werbung an sich nicht langweiliges, billiges 08/15 sein sollte, versteht sich von selbst: Denn wir schließen nun mal gerne von der Qualität der Werbung auf die Qualität des Produkts. Nutze also anspruchsvolles Werbematerial.
Und wenn Du Dich jetzt wunderst, warum ich gleich mit Internet-Werbung loslege: Offline-Werbung (zum Beispiel Lesezeichen und Flyer oder Anzeigen in der Presse) lohnt sich für Autoren meistens nicht, weil sie teuer ist und dabei hohe Streuverluste hat. Eine Ausnahme bilden Anlässe rund um Bücher und Literatur, beispielsweise Lesungen oder Buchmessen. Denn hier tummeln sich viele Lesewillige und die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand für Dein Buch interessiert, ist dementsprechend höher als zum Beispiel irgendwo auf der Straße, in Geschäften oder Praxen. Außerdem kannst Du natürlich auch schauen, wo sich Deine Zielgruppe herumtreibt und es dort versuchen. Fakt ist aber: Offline-Werbung geht mit Printkosten einher und Anlässe, bei denen Du einer hohen Konzentration von Lesewilligen begegnest, sind verhältnismäßig selten. Deswegen werben Autoren heutzutage vor allem online. Die sozialen Medien und Plattformen wie Amazon sind in erster Linie riesige Datenkraken, die für relativ wenig Geld ihre Algorithmen in Deinen Dienst stellen:
Du willst gezielt Leons Mutter Nicole ansprechen, also eine Frau in ihren Vierzigern mit Kindern im Teenager-Alter und Interesse an Literatur? Herzlichen Glückwunsch, praktisch alle Werbeplattformen im Internet bieten Dir die Möglichkeit, die Zielgruppe Deiner Werbeanzeigen dermaßen präzise einzuschränken. Deine Werbung wird also nicht an Leute verschleudert, die sich grundsätzlich nicht dafür interessieren, und die Nicoles dieser Welt freuen sich, endlich ein tolles Buch für ihre Kinder gefunden zu haben.
Nun ist Werbung schön und gut, aber die wenigsten Autoren können mit Geld um sich werfen. Zumal eine Conversion Rate von 2 Prozent grob, allgemein und im Durchschnitt als gutes Ergebnis gilt. Das heißt: Wenn von 100 Nicoles, die Dein Werbebanner sehen, zwei das Buch kaufen, ist das ein Erfolg. Daher ist es sehr zu empfehlen, so viele kostenlose Optionen zu nutzen wie möglich.
Das sind vor allem …
Soziale Medien und Blogs
Verschiedene Autoren veröffentlichen verschiedene Inhalte und alles hat seine Vor- und Nachteile: Während berühmte Autoren es sich leisten können zu posten, was immer sie wollen, lohnt es sich für weniger bekannte, ihren Content strategisch zu durchdenken. Am besten wäre es, wenn Du für Deine Social-Media-Kanäle einen gesonderten Marketingplan samt USP und Markt- und Wettbewerbsanalyse erstellst. Denn die Inhalte, die Du in den sozialen Medien kostenlos veröffentlichst, mögen grundsätzlich dem Buchverkauf dienen, doch sie sind auch selbst ein Produkt, das mit den Angeboten anderer Autoren konkurriert. Recherchiere also sorgfältig, was andere Autoren auf den verschiedenen Plattformen so treiben, wie das ankommt und ob es dort eine Marktlücke gibt.
Dabei kannst Du mit den Rechercheergebnissen meiner wunderbaren Praktikantin Lara beginnen: Im Juli hat sie eine Reihe von Social-Media-Präsenzen englisch- und deutschsprachiger Autoren herausgesucht und eine Vergleichstabelle angelegt. In den nachfolgenden Wochen habe auch ich selbst noch ein paar Autoren hinzugefügt. Du kannst diese Tabelle gerne kostenlos nutzen. Du findest sie hier.
Ansonsten sind auch Buchblogger eine interessante Möglichkeit. Ob sie in den sozialen Medien oder auf einer eigenen Plattform veröffentlichen – sie haben ein Publikum, das ihrem Geschmack vertraut. Wenn ein Buchblogger sich also bereiterklärt, Dein Werk zu rezensieren und die Kritik auch noch positiv ausfällt, dann kannst Du Dich wohl auf ein paar Verkäufe freuen. Dafür müsstest Du aber natürlich Beziehungen zu den Bloggern pflegen und ihnen Rezensionsexemplare liefern.
Sonstiges
Wenn die ganze Zeit von Internet die Rede ist, denkst Du sicherlich auch an eine Website – ist eine solche meistens doch sozusagen die virtuelle „Homebase“ eines jeden Angebots. Und ja, eine Website ist sehr, sehr sinnvoll. Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig vom Selbermachen mit einem Baukasten bis hin zum Beauftragen eines Webdesigners. Allerdings sollte das Ergebnis am Ende unbedingt professionell aussehen. Denn wie auch bei Werbung, schließen Menschen gerne von der Qualität der Website auf das Produkt. Und weil ich selbst einen Fuß im Webdesign habe, können wir, wenn Du möchtest, in einem späteren Artikel gerne über Autorenwebsites reden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist – sofern Du selfpublishen möchtest – die Entscheidung darüber, über welchen Distributor Dein Buch veröffentlicht wird. Im Interview mit Daniel Greene erläutert zum Beispiel der Bestseller-Autor Evan Winter, warum er sein Buch ursprünglich exklusiv über Amazon KDP veröffentlicht hat. Recherchiere also sehr genau, welche Plattformen unter welchen Bedingungen welche Vorteile bieten. Und entscheide auf dieser Grundlage, welcher Distributor sich am besten für Dein konkretes Buch eignet.
Und grundsätzlich solltest Du bei allen Marketingkanälen, ob Flyer, Werbebanner oder auch Buchcover etc., auf die AIDA-Formel achten, die ich bereits in einem früheren Artikel erläutert habe. Denn sie hilft Dir, Dein Material und Deine Präsenzen auf ihre Werbetauglichkeit durchzuchecken, damit Deine Marketing-Maßnahmen für Deine Zielgruppe ansprechend sind und Du kein Geld für ineffektive Aktionen ausgibst.
Schlusswort
Das war jetzt nur ein sehr oberflächlicher Galopp durch die Welt des Marketings. Grundsätzlich können wir auch noch den Operationsplan anschneiden mit dem Aufstellen eines Zeitplans, der Budgetkalkulation und Maßnahmen zur Erfolgskontrolle. Aber ich denke, es ist genug für heute. Ich hoffe, Du hast jetzt ein erstes Verständnis dafür, was Marketing ist und welche Möglichkeiten Dir zur Verfügung stehen. Wenn Du an tiefergehenden Artikeln zu einzelnen Aspekten interessiert bist, lass es mich gerne wissen.
Herzlichen Dank!
Ich schreie jetzt schon einmal laut „AUTORENWEBSITE“ *hust*. Nicht dass es dir an Themenvorschlägen mangeln würde…
Ich finde aber, eine Information sollte man auch bedenken. Wenn man, wie Shad M Brooks beispielsweise eine Reihe Youtube Follower hat, kann die Reaktion der Follower auch recht heftig auffallen, weil man eben Erwartungen weckt. Sein erstes Buch Shadow of the Conquerer hat zwar in Summe recht gute Bewertungen. Schaut man sich aber einmal die tatsächlichen Bewertungen an, sieht man recht schnell, dass ein bestimmtes Problem immer und immer wieder erwähnt wird – nämlich, dass er sein Magiesystem und die verwendeten Schwerter viel zu intensiv beschreibt (offenbar auch mehr als tell, als als show). Die Sternzahl hängt im Wesentlichen davon ab, inwieweit die Leser das Problem werten und reicht von einem bis zu 4 Sternen Abzug.
Shad wohl hat Glück, aber das kann sich natürlich auch anders äußern. Wenn man einen üblen Schnitzer drin hat, kann sich das dann eben auch sehr schnell herumsprechen.
Meg LaTorre hat ein ähnliches Problem.
Ganz zu schweigen davon, dass sich ein Auftritt von Autoren bei Social Media heutzutage auch sehr schnell sehr ungünstig auswirken kann, wie J.K. Rowling zeigt. Sie hatte aber zu dem Zeitpunkt ihre sieben Bücher bereits in einen Geldspeicher umgewandelt. Vermutlich wäre sie (egal ob man das berechtigt findet oder nicht) heute kaum einer Erwähnung wert, wenn sie sich so nach dem ersten Buch geäußert hätte.
Daraus folgt dann wohl, dass man sich mit kontroversen Meinungen zurückhalten sollte, wenn man einen Bestseller schreiben will und sich noch nicht etabliert hat.
Eine Sache, die vielleicht auch nicht unwichtig ist, ist, dass im Internet nicht nur nette Leute sind. Je mehr Fische, desto mehr Trolle kommen unter der Brücke hervor. Darauf sollte man sich einstellen, insbesondere wenn man als Autor noch minderjährig ist. Ist vielleicht auch was für einen Artikel „Autorenwebsite“ … *Hundeaugen*
Alles klar, „Autorenwebsite“ kriegt eine höhere Priorität, kommt also wahrscheinlicher dran. 🙂
Mit Deiner Ergänzung hast Du natürlich recht. Wenn man bereits bekannt ist, werden die Bücher zwar eher gekauft, aber auch die Erwartungen sind entsprechend hoch und die Reaktionen unter Umständen heftig. Gutes Marketing durch soziale Medien kann eben riskant sein. – Aber nicht nur für Autoren, sondern auch generell. Das bringt eine gewisse Bekanntheit schon mit sich und damit muss man umgehen können. Ebenso mit Trollen. Da durfte ich auch schon Bekanntschaft mit machen. 🙄 Aber thematisch ist das eher für soziale Medien. Ich würde deinen Kommentar also auch als Anregung für dieses Thema sehen.
Vielen Dank also für den Input und für die Bereicherung der Themenliste! 😊