Sympathische Figuren erschaffen

Sympathische Figuren erschaffen

Beim Rezi­pie­ren von Geschich­ten begeg­nen wir ver­schie­de­nen Figu­ren. – Und man­che sind uns dabei sym­pa­thi­scher als ande­re. Wenn wir dann selbst Geschich­ten schrei­ben, wol­len wir die Sym­pa­thien der Leser oft steu­ern. Denn schließ­lich sol­len die Leser doch mehr mit dem Hel­den sym­pa­thi­sie­ren als mit dem Böse­wicht und den Love Inte­rest der Haupt­fi­gur eben­falls attrak­tiv fin­den. Wie stel­len wir das also an? In die­sem Arti­kel gebe ich eini­ge Anregungen.

Die Foli­en für die­ses Video gibt es für Ste­ady-Abon­nen­ten und Kanal­mitglieder auf You­Tube als PDF zum Download.

Vor eini­ger Zeit habe ich einen Arti­kel über das Ver­lie­ben in fik­ti­ve Figu­ren ver­öf­fent­licht. Dar­auf­hin kamen gleich meh­re­re Fra­gen nach Tipps, wie man es denn über­haupt hin­be­kommt, dass die Leser sich in eine bestimm­te Figur verlieben.

Auch ich fin­de das The­ma unglaub­lich span­nend – und zwar nicht nur im Hin­blick auf das Ver­lie­ben, son­dern auch auf Sym­pa­thien ganz all­ge­mein. Denn manch­mal wol­len wir als Autoren die Sym­pa­thien der Leser bewusst steu­ern, um einen bestimm­ten emo­tio­na­len Effekt zu erzie­len. Sei es ein Mit­fie­bern mit dem Hel­den oder Freu­de dar­über, dass die Haupt­fi­gur am Ende mit einem Love Inte­rest zusam­men­kommt, den auch die Leser selbst gewählt hätten.

Reden wir also dar­über, wie man Figu­ren erschafft, die Leser­sym­pa­thien auf sich zie­hen. Und weil die­se Fra­ge zum Teil auch damit zusam­men­hängt, wie man das Gegen­teil bewirkt, also Anti­pa­thie her­vor­ruft, wird das Gan­ze ein Zwei­tei­ler. – Heu­te mit Teil 1, in dem es um das Erwe­cken von Sym­pa­thien geht. In Teil 2 wer­den wir uns mit dem Erwe­cken von Anti­pa­thie befassen.

Sympathie und Empathie

Begin­nen wir mit einer Behaup­tung, der, wie ich den­ke, wir alle zustim­men können:

Wenn Figur A jemand ist, mit dem man im rea­len Leben ger­ne befreun­det wäre, und Figur B jemand, vor dem man in der Rea­li­tät schrei­end weg­lau­fen wür­de, dann ist es erst­mal wahr­schein­li­cher, dass die Mehr­heit der Leser Figur A sym­pa­thi­scher fin­den wird.

Natür­lich ist das kei­nes­wegs eine in Stein gemei­ßel­te Regel, son­dern ein Anlass zu über­le­gen, wel­che Eigen­schaf­ten Men­schen nor­ma­ler­wei­se sym­pa­thisch finden.

Perfektion ist nicht perfekt

Und natür­lich ist da zunächst die brei­te Palet­te an von der All­ge­mein­heit als posi­tiv bewer­te­ten Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten:

  • Freund­lich­keit, Hilfs­be­reit­schaft, Mit­ge­fühl, Opti­mis­mus, Güte …

Das Pro­blem mit die­sen Eigen­schaf­ten ist nun, dass zu vie­le von ihnen durch­aus in der Lage sind, die Sup­pe zu ver­sal­zen. Wir akzep­tie­ren über­mä­ßi­ge Güte und Per­fek­ti­on viel­leicht bei Mär­chen­hel­den, aber sobald es etwas rea­lis­ti­scher wird, geht es auch ger­ne nach hin­ten los. Denn über­mä­ßig per­fek­te Figu­ren lau­fen beson­ders schnell Gefahr, als Mary Sue beti­telt zu wer­den.

Kein rea­ler Mensch der Welt ist durch und durch gut und perfekt.

Und es geht dabei nicht unbe­dingt um Min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xe ange­sichts von (zumin­dest ver­meint­li­cher) Per­fek­ti­on, son­dern vor allem dar­um, dass über­mä­ßig per­fek­te Figu­ren so weit weg von unse­rem Leben sind, dass wir kei­ne wirk­li­che Bin­dung zu ihnen auf­bau­en können.

Bestseller-Figuren

In einem frü­he­ren Arti­kel habe ich die Erkennt­nis­se von Jodie Archer und Matthew L. Jockers zusam­men­ge­fasst, die anhand von einem Com­pu­ter-Algo­rith­mus (Der Best­sel­ler-Code) u.a. ermit­telt haben, wel­che Eigen­schaf­ten die Prot­ago­nis­ten von Best­sel­lern gemein­sam haben. – Und wenn ein Buch sich gut ver­kauft, dann kön­nen wir anneh­men, dass die Figu­ren dar­in sym­pa­thisch genug sind, um die Leser zumin­dest nicht in die Flucht zu schlagen.

Was hat der Algo­rith­mus nun also erge­ben? Ich fas­se ganz kurz zusammen:

  • Best­sel­ler-Prot­ago­nis­ten neh­men ihr Schick­sal selbst in die Hand. Sie ergrei­fen aktiv die Initia­ti­ve, ver­fol­gen ihre Zie­le und trei­ben damit die Hand­lung voran.
  • Häu­fig nut­zen sie dazu eine beson­de­re Gabe. Das kön­nen über­na­tür­li­che Fähig­kei­ten sein, aber auch spe­zi­el­les Fach­wis­sen, Talen­te und Intel­li­genz zäh­len dazu.

Sympathische Unsympathen

Inter­es­sant ist hier­bei auch der Blick in ein ande­res Buch, näm­lich The Ana­to­my of Sto­ry von John Tru­by. In Bezug auf Sym­pa­thien sagt er klar und deutlich:

„Make the audi­ence empa­thi­ze with your hero, not sympathize.“
John Tru­by: The Ana­to­my of Sto­ry, Chap­ter 4: Cha­rac­ter, Crea­ting Your Hero.

… Huch? Und wie passt das jetzt zum The­ma die­ses Arti­kels? Nun, Tru­by selbst erklärt sei­ne Ein­stel­lung folgendermaßen:

„[S]ome of the most powerful heroes in sto­ries are not lika­ble at all. Yet we are still fasci­na­ted by them. […] What’s real­ly important is that audi­en­ces under­stand the cha­rac­ter but not neces­s­a­ri­ly like ever­y­thing he does.“

Tru­by trennt klar zwi­schen Empa­thie und Sym­pa­thie - und ich den­ke, genau das ist der Kern des Problems:

Es gibt einen gra­vie­ren­den Unter­schied zwi­schen dem, was wir bei rich­ti­gen Men­schen mögen, und dem, was wir bei fik­ti­ven Figu­ren mögen.

Im Rah­men eines fik­ti­ven Wer­kes kön­nen wir mit Gestal­ten wie Micha­el Cor­leo­ne mit­fie­bern. – Aber ich bin mir nicht sicher, wie vie­le von uns ger­ne einem rea­len Mafia­pa­ten begeg­nen würden.

Womit wir wie­der bei den von der All­ge­mein­heit als posi­tiv bewer­te­ten Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten vom Anfang wären. Denn selbst wenn wir Empa­thie und Fas­zi­na­ti­on für eine Figur emp­fin­den, heißt das noch lan­ge nicht, dass wir sie als Per­son bewun­dern und uns von ihr inspi­riert fühlen.

John Tru­by ver­rät uns, wie wir gute Figu­ren erschaf­fen, für deren Schick­sal sich das Publi­kum inter­es­siert. Wenn wir aber dazu auch noch wol­len, dass das Publi­kum die Figur als Per­son mag, müs­sen gute Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten her. Die­se aber nur in Maßen. Denn, wie gesagt, Mary Sues schre­cken ab, und außer­dem wird fik­ti­ven Figu­ren, wenn man ihre Beweg­grün­de ver­steht, sowie­so mehr ver­zie­hen als rea­len Menschen:

Denn ja, Micha­el Cor­leo­ne ent­wi­ckelt sich am Ende zum Mafia­boss, aber wir kön­nen sei­ne Moti­va­ti­on nach­voll­zie­hen und er sam­melt im Ver­lauf der Geschich­te durch sei­ne guten Eigen­schaf­ten eini­ges an Sympathiepunkten.

Wichtige Schattenseiten

Eine wich­ti­ge Rol­le beim Erschaf­fen von Figu­ren spielt laut Tru­by tat­säch­lich eine Schwä­che und die dar­aus resul­tie­ren­de Not­wen­dig­keit, sich zu ent­wi­ckeln. Denn das ist es, was eine gute Geschich­te aus­macht: eine Cha­rak­ter­ent­wick­lung. Ist der Prot­ago­nist von Anfang an per­fekt, gibt es kei­nen Raum für Ent­wick­lung und es ist somit schwie­rig, eine inter­es­san­te Geschich­te zu erzählen.

Und damit kom­men wir zurück zu den Best­sel­ler-Prot­ago­nis­ten, die tat­säch­lich gut zu Tru­bys Modell pas­sen. Denn zusam­men erge­ben sie ein ziem­lich prä­zi­ses Bild von einer Haupt­fi­gur, deren Geschich­te man ger­ne ver­folgt und mit der man mit­fie­bert:

Die­se Figur hat einen Man­gel und muss an sich selbst oder ihrer Situa­ti­on etwas ändern. Also ergreift sie Initia­ti­ve, han­delt und macht dabei eine Ent­wick­lung durch.

Die Rolle der Präsentation

Nun ist die Theo­rie ja schön und gut – aber was die Pra­xis angeht, so habe ich ein kon­kre­tes Bei­spiel, über das ich mir seit Jah­ren den Kopf zerbreche.

Ein verhasster Protagonist

Wie Du sicher­lich bereits mit­be­kom­men hast, spie­le ich hin und wie­der Video­spie­le. Dabei emp­fin­de ich eine beson­de­re Fas­zi­na­ti­on für die Assassin’s Creed-Rei­he. Mein per­sön­li­cher Lieb­lings­ass­as­si­ne ist dabei Ratonhnhaké:ton, bes­ser bekannt als Con­nor, der Prot­ago­nist von Assassin’s Creed III. – Und damit bin ich eine ziem­li­che Aus­nah­me, denn im AC-Fan­dom ist Con­nor eher unbe­liebt:

Vie­le fin­den ihn lang­wei­lig, sind von sei­nen Wut­an­fäl­len genervt und emp­fin­den ihn als naiv.

Dabei passt er durch­aus in das Sche­ma eines idea­len Protagonisten:

Der trau­ma­ti­sche Ver­lust sei­ner Mut­ter und die Bedro­hung der Mohawk durch die wei­ßen Sied­ler haben ihn zu einem eher ver­schlos­se­nen, aber auch extrem idea­lis­ti­schen Zeit­ge­nos­sen gemacht, womit er bei ande­ren häu­fig aneckt. Er ver­folgt aktiv das Ziel, den Lebens­raum sei­nes Vol­kes zu schüt­zen, lässt sich zu die­sem Zweck zum Ass­as­si­nen aus­bil­den und mischt im ame­ri­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keits­krieg mit. Dabei geht sein Idea­lis­mus Hand in Hand mit unge­heu­er­li­cher Nai­vi­tät, die wohl sei­ne größ­te Schwä­che dar­stellt. Letzt­end­lich wird er an vie­len Fron­ten ver­ra­ten, schei­tert und muss ein­se­hen, dass sei­ne Idea­le nicht so leicht umzu­set­zen sind.

Soweit zumin­dest die depri­mie­ren­de Haupt­sto­ry

Heimlich sympathisch

Nun ist Assassin’s Creed III aber nicht ein­fach eine linea­re Geschich­te, son­dern ein Video­spiel vol­ler Neben­mis­sio­nen und Teil eines Fran­chi­ses, das auch ande­re Medi­en umfasst. Und schaut man über den Tel­ler­rand der Haupt­sto­ry hin­aus, bie­tet sich plötz­lich ein viel posi­ti­ve­res und viel­schich­ti­ge­res Bild:

Wäh­rend des ame­ri­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keits­kriegs hat Con­nor unzäh­li­ge Men­schen geret­tet, er hat sie beschützt und ihr Leben in den ein­zel­nen Vier­teln von Bos­ton und New York ver­bes­sert. Er hat eine Trup­pe von enga­gier­ten Bür­gern für die Ass­as­si­nen-Bru­der­schaft rekru­tiert, die mit ihm zusam­men für die Inter­es­sen des Vol­kes kämp­fen. Und er hat eine idyl­li­sche Sied­lung auf­ge­baut und zumin­dest in die­sem klei­nen Rah­men das erreicht, was er sich von der ame­ri­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keit erhofft hat.

Im Roman zum Video­spiel fin­det sich außer­dem ein Mono­log, der aus dem Spiel lei­der her­aus­ge­schnit­ten wur­de: Dar­in sieht Con­nor zwar ein, dass sei­ne Idea­le nicht so leicht umzu­set­zen sind, und er zwei­felt, dass er die Welt, die er erschaf­fen will, jemals sehen wird. Aber er will trotz­dem die Hoff­nung nicht auf­ge­ben und wei­ter­kämp­fen. Damit schlägt er einen völ­lig ande­ren Pfad ein als sein Vater, der sich nach sei­nen eige­nen Erleb­nis­sen von Ver­lust und Ver­rat der Resi­gna­ti­on hin­ge­ge­ben hat.

Bezieht man wirk­lich alles ein, was mit Con­nor zu tun hat, ergibt sich das Bild von einem zwar sehr nai­ven, zuwei­len düs­te­ren und wüten­den, aber auch auf­rich­ti­gen, äußerst hilfs­be­rei­ten, mit­füh­len­den, pflicht­be­wuss­ten, fried­lie­ben­den und manch­mal sogar drauf­gän­ge­ri­schen Hel­den, der zwar lernt, dass die Welt ein grau­sa­mer Ort ist, aber trotz­dem die Hoff­nung nicht auf­gibt. Denn ja, die Haupt­sto­ry ist die Geschich­te eines Schei­terns, doch beim genaue­ren Hin­se­hen erkennt man, dass Con­nor auch sehr viel erreicht hat und sei­ne Taten damit nicht umsonst waren. Sei­ne Hoff­nung auf eine bes­se­re Zukunft kommt also kei­nes­wegs aus dem Nichts.

Die Moral von der Geschicht‘

War­um fas­se ich das alles nun so aus­führ­lich zusammen?

Das Span­nen­de an Spie­len wie Assassin’s Creed ist, dass der Spie­ler eini­ge Ent­schei­dungs­frei­heit hat, wann er wel­che Mis­si­on spielt. Dadurch ist das Erleb­nis der Geschich­te von Spie­ler zu Spie­ler ver­schie­den. Und das wie­der­um macht einen äußerst wich­ti­gen Punkt deutlich:

Eine Figur kann noch so toll kon­zi­piert sein – aber wenn das in der Geschich­te, die das Publi­kum erlebt, nicht rüber­kommt, ist so ein Kon­zept nutzlos.

Das bedeu­tet:

Es reicht nicht, sich eine sym­pa­thi­sche, inter­es­san­te und/​oder inspi­rie­ren­de Figur aus­zu­den­ken, son­dern das Kon­zept muss auch in der Geschich­te selbst durch kon­kre­te Sze­nen umge­setzt wer­den.

Oft tatsächlich ein Problem

Ja, es klingt selbst­ver­ständ­lich, ist es in der Pra­xis aber nicht. Wenn die sym­pa­thi­sche und inspi­rie­ren­de Sei­te von Con­nor in der Haupt­sto­ry kaum vor­kommt, ist es nicht ver­wun­der­lich, wenn vie­le Spie­ler ihn ein­di­men­sio­nal und lang­wei­lig finden.

Bei Pro­sa-Geschich­ten gilt das an Con­nor demons­trier­te Prin­zip umso mehr. Denn hier ist der Leser dem Ver­lauf der Hand­lung aus­ge­lie­fert – und was nicht Teil der Geschich­te ist, ist eben nicht Teil der Geschichte:

Alles, was der Erzäh­ler behaup­tet, muss durch die Hand­lung belegt werden.

Die Figur und der Leser

Nun haben wir also eine inter­es­san­te, viel­schich­ti­ge Figur, die aktiv ihre Pro­ble­me anpackt, und all das kommt in den kon­kre­ten Sze­nen der Geschich­te auch gut rüber. – Sind die Sym­pa­thien der Leser nun garantiert?

Nicht unbe­dingt.

Das liegt vor allem dar­an, dass jeder Leser hoch­gra­dig indi­vi­du­ell ist. Jeder hat ande­re Erfah­run­gen im Leben gemacht und schätzt ande­re Eigen­schaf­ten. Das gilt ins­be­son­de­re, wenn die Zunei­gung der Leser zu einer bestimm­ten Figur beson­ders stark sein soll.

Gleich­zei­tig bedeu­tet die Indi­vi­dua­li­tät der Leser auch, dass die Schat­ten­sei­ten der bestimm­ten Figur beim Leser einen Nerv tref­fen kön­nen. Dass die Figur also etwas tut, was der Leser auf­grund sei­ner bis­he­ri­gen Lebens­er­fah­run­gen unver­zeih­lich fin­det. Ich bezweif­le, dass es in die­sem Fall einen Weg gibt, den Leser doch noch auf sei­ne Sei­te zu zie­hen. Das gin­ge höchs­tens mit außer­ge­wöhn­lich viel Empa­thie - und dazu braucht man vor allem sehr viel Erfah­rung und Fin­ger­spit­zen­ge­fühl.

Es ist also eine ziem­li­che Gratwanderung:

  • Ich bezweif­le, dass die Fif­ty Shades-Bücher sich einer so gro­ßen Popu­la­ri­tät erfreut hät­ten, wenn Chris­ti­an Grey kein Kon­troll­freak wäre. Gleich­zei­tig gibt es aber auch vie­le, die sei­nen Cha­rak­ter unaus­steh­lich finden.
  • Jack aus James Come­rons Tita­nic scheint per­fekt. Vie­len ist er sogar zu per­fekt und ein­di­men­sio­nal. Einen Makel hat er aber trotz­dem, wenn auch kei­nen cha­rak­ter­li­chen: Er gehört einer ande­ren sozie­len Schicht an als Rose. Wäre er ein­fach nur ein ande­rer rei­cher Pas­sa­gier der 1. Klas­se, wären gleich meh­re­re wich­ti­ge Kon­flik­te des Films ruiniert.
  • Erik im Musi­cal Das Phan­tom der Oper ist ent­stellt und grau­sam. Aber er ist außer­or­dent­lich talen­tiert, geheim­nis­voll und sei­ne Hin­ter­grund­ge­schich­te lädt zum Mit­füh­len ein. – Natür­lich fin­den ihn vie­le inter­es­san­ter als den plat­ten, ein­di­men­sio­na­len Raoul.

Das waren nur eini­ge Bei­spie­le. Ich hal­te eine Figur, die wirk­lich allen gefällt, daher für sehr unwahr­schein­lich. Viel­mehr wür­de ich dazu raten, sich beim Erwe­cken von Leser­sym­pa­thien tat­säch­lich an sei­ner Ziel­grup­pe zu ori­en­tie­ren.

In meh­re­ren frü­he­ren Arti­keln habe ich betont, dass es kei­ne per­fek­ten Geschich­ten gibt, son­dern nur Geschich­ten, die für eine bestimm­te Ziel­grup­pe per­fekt sind.

Das­sel­be gilt auch für Figuren:

Wäh­rend eine Figur, die allen gefällt, sehr unwahr­schein­lich ist, ist eine Figur, die einer bestimm­ten Grup­pe von Men­schen mit ähn­li­chem Geschmack und womög­lich ähn­li­chen Erfah­run­gen im Leben gefällt, durch­aus machbar.

Für wen schreibst Du also Dei­ne Geschich­te? Wel­che Geschich­ten lesen Dei­ne Leser sonst noch? Wel­che Figu­ren mögen sie in die­sen Geschich­ten und war­um? Die Ant­wor­ten dürf­ten bei jeder Ziel­grup­pe etwas anders aus­fal­len. Daher ist es wich­tig, dass Du mit dem Typ Mensch, für den Du schreibst, mög­lichst viel Kon­takt hast.

(Zwischen-)Fazit

Am Ende hal­ten wir also drei Punk­te fest:

  • Ers­tens braucht die sym­pa­thisch zu sei­en­de Figur eine inter­es­san­te, viel­schich­ti­ge und vor allem hand­lungs­star­ke Per­sön­lich­keit.
  • Zwei­tens muss die­se Per­sön­lich­keit in der Erzäh­lung auch tat­säch­lich rüber­kom­men.
  • Und drit­tens muss die Figur dem spe­zi­el­len Geschmack der Ziel­grup­pe.

Das war aber natür­lich nicht alles. Hier geht’s zur Fortsetzung.

2 Kommentare

  1. Ich habe einen Tipp­feh­ler ent­deckt. In dem Text steht „heißt das nich lan­ge nicht“. Mach dir nichts drauß und ver­bes­se­re es still­schwei­gend. Das „i“ und „o“ lie­gen aber auch viel zu nahe bei­ein­an­der auf der Tas­ta­tur und, weiß man, was man schrei­ben woll­te, über­ließt man das nur zu gerne.

    Torsten Bastuck

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