„Show, don’t tell“ – Unverzichtbare Regel oder überbewertet?

„Show, don’t tell“ – Unverzichtbare Regel oder überbewertet?

Kaum ein Schreib­tipp ist so geläu­fig wie „Show, don’t tell“. Und gräbt man tie­fer, ent­deckt man auch immer wie­der Stim­men, die „Show, don’t tell“ für über­be­wer­tet hal­ten. Was steckt also dahin­ter? In die­sem Arti­kel neh­men wir die­sen Lieb­lings­tipp aller Schreib­rat­ge­ber genau­er unter die Lupe.

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„Show, don’t tell“ ist ein häu­fi­ger Rat­schlag für begin­nen­de Autoren. Zuwei­len hört man sogar, man sol­le nur „zei­gen“ und mög­lichst wenig „erzäh­len“.

Ich selbst fin­de, dass die­se Her­an­ge­hens­wei­se auch mäch­tig nach hin­ten los­ge­hen kann. Den­noch ist „Show, don’t tell“ das, was ich ande­ren Autoren beim Test­le­sen ihrer Wer­ke wohl am häu­figs­ten um die Ohren haue.

Was ist also die­ses geheim­nis­vol­le „Show, don’t tell“? Wann wen­det man es an? Und wann soll­te man es las­sen? – In die­sem Arti­kel bespre­che ich zumin­dest mei­ne eige­ne Sicht auf das Thema.

Das Besondere am Erzählen

„Show, don’t tell“ – Man sol­le zei­gen, nicht erzäh­len. Es erscheint wie ein Schritt hin zum Film. Der Leser soll ein Kopf­ki­no erleben.

Der Haken ist jedoch:

Ein Text ist abs­trakt. Denn Wor­te sind abs­trakt. Es liegt in ihrer Natur, dass man damit nichts zei­gen kann.

Es ist das, was das Erzäh­len mit Wor­ten von vie­len ande­ren Arten des Erzäh­lens unterscheidet:

  • In einem Film kann man bei­spiel­wei­se nicht ein­fach einen Baum zei­gen. Man kann nur einen ganz kon­kre­ten Baum zei­gen. – Und die­ser ganz kon­kre­te Baum ist es dann auch, den das Publi­kum wahrnimmt.
  • Ein Text hin­ge­gen kann ein­fach nur einen Baum ent­hal­ten. Jeder Leser stellt sich dann sei­nen höchst eige­nen Baum vor. Die­ser höchst eige­ne Baum hängt dabei nicht zuletzt von der Indi­vi­dua­li­tät des ein­zel­nen Lesers ab, von sei­nen Vor­lie­ben und Erfah­run­gen; sehr wesent­lich aber auch von der Flo­ra der Gegend, in der er erlebt: In jedem Teil der Welt wach­sen ande­re Bäu­me und somit vari­iert auch die Vor­stel­lung von einem „Stan­dard-Baum“.

Natür­lich kann man nun her­ge­hen und den Baum in allen mög­li­chen Details beschrei­ben. – Aber abge­se­hen davon, dass das lang­wei­lig wäre, wird sich jeder Leser die­sen Baum erfah­rungs­ge­mäß immer noch etwas anders vorstellen.

Tex­te kön­nen nun mal nicht zei­gen.

Was Tex­te aber durch­aus kön­nen, ist, Emo­tio­nen und Asso­zia­tio­nen zu erwe­cken und die Gedan­ken und die Fan­ta­sie des Lesers anzuregen.

Denn Lesen stellt die viel­leicht höchs­ten Anfor­de­run­gen an das Publi­kum: Wäh­rend man sich bei visu­el­le­ren Geschich­ten mehr oder weni­ger zurück­leh­nen und die Geschich­te auf sich wir­ken las­sen kann, muss der Leser eines Tex­tes die Bil­der selbst pro­du­zie­ren. – Und ein guter Autor macht es ihm so ein­fach wie mög­lich. Das ist es, was in mei­nem Ver­ständ­nis „Show, don’t tell“ ausmacht.

„Show“ und „Tell“

Die Gedan­ken und die Fan­ta­sie des Lesers anzu­re­gen bedeu­tet, den Text weni­ger abs­trakt zu machen. Es dem Leser zu erleich­tern, sich kon­kre­te Din­ge vor­zu­stel­len. Zum Beispiel:

„Sie hat­te Angst.“

  • Die­ser Satz ist sehr abs­trakt. Er ent­hält nur nack­te Infor­ma­ti­on. Kon­kre­te Gedan­ken, Hand­lun­gen und Gefüh­le muss sich der Leser selbst ausdenken.

Das war ein Bei­spiel für „Tell“, also nack­tes Erzäh­len. Was beim Leser aber eher Kopf­ki­no und Gefüh­le aus­löst, wäre „Show“. Zum Beispiel:

„Kal­ter Schweiß perl­te ihre Stirn hin­ab und ihre Hän­de zit­ter­ten, als sie nach ihrem Mes­ser griff. Ihr Herz poch­te. Es war das Ende.“

  • In die­sem Bei­spiel wer­den kon­kre­te kör­per­li­che Reak­tio­nen beschrie­ben. Hin­zu kom­men die Gedan­ken der Figur in Form von erleb­ter Rede. Der Leser muss sich also nicht erst über­le­gen, wie Angst sich in die­ser kon­kre­ten Situa­ti­on anfüh­len wür­de, son­dern bekommt hand­fes­tes Mate­ri­al für sein Kopf­ki­no.

Was eben­falls das Kopf­ki­no anregt, sind rhe­to­ri­sche Stil­mit­tel. Vor allem Meta­phern und Ver­glei­che, weil sie ja kon­kre­te Bil­der hervorrufen:

„Edu­ard fährt hoch, als hät­te er einen Tritt in den Hin­tern bekommen.“
Erich Maria Remar­que: Der schwar­ze Obe­lisk, Kapi­tel 15.

  • Der Ver­gleich mit einem Tritt in den Hin­tern lie­fert ein sehr kla­res Bild. Zum Ver­gleich: „Edu­ard fährt erschro­cken hoch“, wäre sehr fad gewesen.

Was bei die­sem Bei­spiel aber noch auf­fällt: Der Roman wird durch einen Ich-Erzäh­ler erzählt. Wenn der Erzäh­ler also gesagt hät­te, Edu­ard sei erschro­cken hoch­ge­fah­ren, wäre das entweder:

  • eine sub­jek­ti­ve – und daher unzu­ver­läs­si­ge – Inter­pre­ta­ti­on des „Ich“ oder
  • ein Bruch der Erzähl­per­spek­ti­ve, weil das „Ich“ ja nicht zuver­läs­sig wis­sen kann, was Edu­ard fühlt.

Damit ist „Show“ hevor­ra­gend geeig­net, um die Gefüh­le von Neben­fi­gu­ren anzu­deu­ten, in deren Inne­res wir kei­nen Ein­blick haben:

  • Durch die Beschrei­bung äußer­lich wahr­nehm­ba­rer Hand­lun­gen, Mimik und Ges­tik bekommt der Leser ein kla­res, nahe­zu fil­mi­sches Bild ver­mit­telt und kann sich gut den­ken, was die Figur denkt und fühlt.

„Show, don’t tell“ und World-Building

Doch der Rat­schlag „Show, don’t tell“, gilt nicht nur für Sze­nen, son­dern auch fürs World-Buil­ding und die Cha­rak­te­ri­sie­rung der Figu­ren.

Wenn der Erzäh­ler zum Bei­spiel Lies­chen als „hilfs­be­reit“ beschreibt, dann soll­te sie im Ver­lauf der Geschich­te auch hilfs­be­reit han­deln. Sonst gibt es einen Wider­spruch und die Leser sind frustriert.

Wenn Lies­chen aber im Ver­lauf der Geschich­te immer wie­der hilfs­be­reit han­delt, dann braucht der Erzäh­ler sie nicht als „hilfs­be­reit“ zu beschrei­ben: Das wird dem Leser schon selbst auffallen.

Wenn man mit „Show“ arbei­tet, kann man sich also eine Men­ge Erklä­run­gen spa­ren:

Statt lang und breit zu erklä­ren, wel­che Knöp­fe man drü­cken muss, damit das Raum­schiff sich mit Licht­ge­schwin­dig­keit bewegt, soll­te die Licht­ge­schwin­dig­keit in einer pas­sen­den Sze­ne ein­fach demons­triert werden.

Auch kann die Sze­ne­rie selbst erzäh­len:

Wenn die Haupt­fi­gur zum Bei­spiel Rui­nen erkun­det und in den über­flu­te­ten Ver­lie­ßen Ske­let­te schwim­men und Geis­ter umher­wan­deln sieht, dann ent­ste­hen hier indi­rekt unzäh­li­ge tra­gi­sche Geschich­ten. Der Leser erkennt von selbst, dass die Gefan­ge­nen wäh­rend der Über­flu­tung offen­bar sich selbst über­las­sen wur­den. Man muss es ihm nicht extra erklären.

Und nicht zuletzt sorgt „Show“ für leben­di­ge­re Beschrei­bun­gen von Orten und Din­gen:

Wenn man zum Bei­spiel ein­fach nur erzählt, dass Lies­chens Küche ein Dreck­loch ist, muss sich der Leser selbst ein Bild aus den Fin­gern saugen.

Wenn man aber kon­kret auf die Essens­res­te an den Wän­den, die Küchen­scha­ben und den süß­lich-fau­li­gen Gestank ein­geht, hat der Leser hand­fes­tes Mate­ri­al, das ihm den Magen umdreht.

Text vs. Film

Wie gesagt, „Show, don’t tell“ erscheint wie ein Schritt hin zum Film. Der Leser bekommt nicht nur einen abs­trak­ten Text vor­ge­setzt, son­dern der Text lässt im Kopf des Lesers kon­kre­te Bil­der entstehen.

Den­noch geht es bei „Show, don’t tell“ nicht um eine nack­te Nach­ah­mung von Fil­men. Denn:

Kopf­ki­no ist bes­se­res Kino.

Wäh­rend der Film ein rein audio­vi­su­el­les Medi­um ist, spricht gelun­ge­nes „Show, don’t tell“ alle fünf Sin­ne an und arbei­tet mit Gedan­ken und Emotionen.

Was sehen, hören, rie­chen, schme­cken und füh­len also Dei­ne Figu­ren? Wel­che Gedan­ken und Asso­zia­tio­nen ent­ste­hen in ihren Kopf­en? Wel­che Gefüh­le emp­fin­den sie und wie äußert sich das körperlich?

Das sind über­wie­gend Din­ge, die man mit Fil­men nur andeu­ten kann – bei­spiel­wei­se durch schau­spie­le­ri­sche Leis­tung und geschick­te Kameraführung.

Die Grenzen des Films

Und es gibt natür­lich auch Din­ge, die man im Film gar nicht umset­zen kann. Din­ge, für die das Medi­um Film ein­fach nicht abs­trakt genug ist. Ein Para­de­bei­spiel fin­det sich Har­ry Pot­ter und der Gefan­ge­ne von Aska­ban und der gleich­na­mi­gen Ver­fil­mung des Romans:

In der ers­ten Stun­de in Ver­tei­di­gung gegen die dunk­len Küns­te mit Pro­fes­sor Lupin bekämpft die Klas­se einen Irr­wicht. Dabei han­delt es sich um eine Krea­tur, die stets die Gestalt wech­selt, je nach dem, wovor ihr Gegen­über sich am meis­ten fürch­tet. Als Lupin selbst dem Irr­wicht gegen­über steht, wird also sei­ne größ­te Angst sichtbar:

„Dann sahen sie eine sil­bern glit­zern­de wei­ße Kugel vor Lupin in der Luft hängen.“
Joan­ne K. Row­ling: Har­ry Pot­ter und der Gefan­ge­ne von Aska­ban, Kapi­tel: Der Irr­wicht im Schrank.

Wir erin­nern uns: Wenn der Leser von einem Baum liest, kann er sich alles Mög­li­che vor­stel­len. Hier haben wir mit der „sil­bern glitzernde[n] weiße[n] Kugel“ zwar eine schein­bar prä­zi­se Beschrei­bung; aber da wir nicht mit eige­nen Augen sehen, was das sein soll, bleibt Lupins größ­te Angst bis zum Ende des Romans ein Mys­te­ri­um. Erst als wir erfah­ren, dass er ein Wer­wolf ist und sich als sol­cher vor dem Voll­mond fürch­tet, kön­nen wir die­se „sil­bern glit­zern­de wei­ße Kugel“ rich­tig deuten.

Und hier stößt die Ver­fil­mung des Romans an ihre Gren­zen: Denn im Film kann man nicht ein­fach eine „sil­bern glit­zern­de wei­ße Kugel“ zei­gen, son­dern nur etwas, das recht unmiss­ver­ständ­lich wie ein Mond aus­sieht. Dadurch wird der Twist am Ende der Geschich­te lei­der etwas abgeschwächt.

Nicht unmög­lich, aber schwie­rig ist es auch mit rein sub­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen und Ver­mu­tun­gen der Figu­ren. Ein Bei­spiel fin­det sich in Sophie im Schloss des Zau­be­rers bzw. Das wan­deln­de Schloss:

„Sophie was sure the invi­si­ble eyes in all the hou­ses gog­g­led and the invi­si­ble necks cra­ned as Howl and Micha­el and she tro­o­ped in through Miss Angorian’s door and up a flight of stairs to Miss Angorian’s tiny, seve­re living room.“
Dia­na Wyn­ne Jones: Howl’s Moving Cast­le, Chap­ter Ele­ven: In which Howl goes to a stran­ge coun­try in search of a spell.

Sophie geht davon aus, dass sie und die ande­ren Figu­ren von Miss Ango­ri­ans Nach­barn heim­lich beob­ach­tet wer­den. Im Roman erfah­ren wir nicht, ob das stimmt. Beim Film müss­te man sich aber ent­schei­den, ob man kon­kre­te „Augen“ und „Häl­se“ zeigt oder sie kom­plett weglässt.

Für kom­plett unver­film­bar hal­te ich Vik­tor Pele­vins gro­tesk-phi­lo­so­phi­sche Erzäh­lung Затворник и Шестипалый, was sich mit Der Ein­sied­ler und Sechs­zeh über­set­zen lässt:

Hier ist schein­bar von einer sur­rea­len Welt die Rede mit vie­len Son­nen am Him­mel, Göt­tern und einer Wel­ten­mau­er. Die Figu­ren haben Gesich­ter, Arme und Bei­ne, aber … Sie krat­zen ihr Essen mit ihren Füßen vom Boden … Und lang­sam, aber sicher wird dem Leser bewusst, dass es sich beim Ein­sied­ler, Sechs­zeh und der gesam­ten Gesell­schaft um Hüh­ner auf einer Geflü­gel­auf­zucht­sta­ti­on han­delt. Die Rei­sen der bei­den Prot­ago­nis­ten durch unter­schied­li­che „Wel­ten“, die letzt­end­lich alle mit der Schlacht­bank enden, und ihr Ziel, das Flie­gen zu erler­nen, sind somit eine ein­zi­ge gro­ße Meta­pher für das mensch­li­che Leben. Eine Ver­fil­mung wür­de dem Werk einen guten Teil sei­ner Viel­deu­tig­keit, Gro­tes­ke und damit auch sei­ner Ein­dring­lich­keit nehmen.

Kopfkino erschaffen

Vor die­sen oben genann­ten Bei­spie­len habe ich größ­ten Respekt. Denn hier wird das spe­zi­fi­sche Poten­ti­al der Lite­ra­tur voll aus­ge­schöpft. Bei vie­len nicht-pro­fes­sio­nel­len Autoren habe ich das Gefühl, dass sie nur schrei­ben, weil sie nicht die Mög­lich­kei­ten haben, einen Film zu machen. Ich per­sön­lich fin­de es respekt­los der Gat­tung der Lite­ra­tur gegenüber.

Wor­auf ich hin­aus­will, ist, dass es einen gra­vie­ren­den Unter­schied zwi­schen fil­mi­schem „Show“ und dem „Show“ in Tex­ten gibt. Denn das „Show“ in Tex­ten respek­tiert und nutzt die abs­trak­te Natur des Wortes.

„Show, don’t tell“ läuft dar­auf hin­aus, dass Behaup­tun­gen und Erklä­run­gen des Erzäh­lers durch kon­kre­te Sze­nen, kon­kre­te Mimik und Ges­ten und kon­kre­te Details ersetzt wer­den. Die Geschich­te wird sozu­sa­gen „fil­mi­scher“. Und das ist auch gut so. Denn das macht die Erzäh­lung lebendiger.

Ver­giss jedoch bit­te nie, dass das Erzäh­len weit über das „Fil­mi­sche“ hin­aus­geht und „Show, don’t tell“ das abs­trak­te Wesen der Spra­che über­haupt nicht aus­schließt.

Gefahren von „Show“ (und Vorteile von „Tell“)

Doch so leben­dig Tex­te durch „Show“ auch wir­ken: Es lau­ern nichts­des­to­trotz auch Gefahren.

Eine davon sind aus­ge­lutsch­te Bil­der wie das Kau­en am Stift, das Bei­ßen auf die Lip­pe und Bewe­gun­gen „schnell wie der Blitz“. Was aus­ge­lutscht ist, wirkt ein­fach nicht mehr. Dabei bau­en wir Bil­der und Phra­sen, die wir immer wie­der hören, oft auto­ma­tisch in unse­re eige­nen Tex­te ein. Das ist einer der Grün­de, war­um gutes „Show, don’t tell“ so schwie­rig ist. Aber mei­ner Mei­nung nach ist das bis zu einem gewis­sen Gra­de nicht wei­ter schlimm: Denn leicht ver­ständ­li­che Bil­der und Phra­sen machen den Text ins­ge­samt leich­ter. Aber ästhe­tisch weni­ger schön. Des­we­gen soll­test Du auf­pas­sen, dass Du mit aus­ge­lutsch­ten Din­gen eher spar­sam umgehst.

Auch hat „Show, don’t tell“ die Eigen­schaft, dass es die Erzäh­lung in die Län­ge zieht. Dabei gibt es Din­ge, die man als Leser aber gar nicht so genau wis­sen will. Eine „Show“-Passage an einer Stel­le, an der man als Leser ein­fach nur wis­sen will, wie die Geschich­te wei­ter­geht, kann durch­aus frus­trie­rend wir­ken. Hat man es also mit eher irrele­van­ten Din­gen zu tun, bie­tet es sich an, auf „Tell“ zurück­zu­grei­fen. Das­sel­be gilt manch­mal auch für Action-Sze­nen, bei denen der Leser ja kei­ne Bil­der auf sich wirk­len las­sen will, son­dern Hand­lung, Hand­lung, Handlung!

Damit im Zusam­men­hang steht auch die Gefahr, durch „Show, don’t tell“ unnö­ti­gen Fil­ler-Con­tent zu pro­du­zie­ren. Bei­spiels­wei­se ist eine Sze­ne, mit der nur die Bezie­hung zwei­er Figu­ren gezeigt wer­den soll, die aber sonst nichts zur Hand­lung bei­trägt, ten­den­zi­ell eher lang­wei­lig und über­flüs­sig. Wenn „Show“ also der ein­zi­ge Sinn und Zweck einer Sze­ne ist, bie­tet es sich durch­aus an, auf „Tell“ zurück­zu­grei­fen und ein­fach zu sagen: „Fritz­chen und Lies­chen waren bes­te Freun­de.“ Soll­ten Fritz­chen und Lies­chen aller­dings wich­ti­ge Figu­ren in der Erzäh­lung sein, dürf­te es kein Pro­blem sein, ihre Bezie­hung in den hand­lungs­re­le­van­ten Sze­nen rüberzubringen.

Natür­lich gibt es auch ande­re Din­ge, bei denen „Tell“ von Vor­teil ist. Manch­mal ist es durch­aus Absicht des Autors, dass der Text sich lang­wei­lig und fad liest. – Sei es, um eine bestimm­te Stim­mung rüber­zu­brin­gen oder um den Leser mit einer plötz­li­chen Poin­te wie­der wachzurütteln.

Schlusswort

Letz­ten Endes geht es dar­um, bewusst zu ent­schei­den, wo man „Show“ anwen­det und wo „Tell“. Zumal die Gren­ze zwi­schen den bei­den eh flie­ßend ist. Zum Bei­spiel:

„Ich bin nervös.“

  • Die­ser Satz zeigt das „Ich“ bei der Selbstreflexion.

„Show“ und „Tell“ sind kei­ne fes­ten, lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen Kate­go­rien. Mit dem Rat­schlag, man sol­le zei­gen und nicht erzäh­len, meint man also eher:

Ver­traue auf die Intel­li­genz Dei­ner Leser. Kaue ihnen nicht alles vor, zwin­ge ihnen kei­ne fer­ti­gen Inter­pre­ta­tio­nen auf, bevor­mun­de sie nicht. Erzäh­le so bild­haft wie mög­lich und lie­fe­re ihnen kon­kre­te Anhalts­punk­te. Dann lass los. Lass sie ihr eige­nes Kopf­ki­no erschaffen.

Denn das Lesen ist ein äußerst krea­ti­ver Prozess!

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