Weitere Stilmittel der Wiederholung

Weitere Stilmittel der Wiederholung

Heute wid­men wir uns ein let­ztes Mal den rhetorischen Stilmit­teln der Wieder­hol­ung. Namentlich geht es um die Allit­er­a­tion, das Polyp­to­ton, die Figu­ra ety­mo­log­i­ca, die Diapho­ra, die Parono­masie, den parono­mas­tis­chen Inten­sitäts­gen­i­tiv, den Par­al­lelis­mus, den Chi­as­mus, die Epan­odos, die Tau­tolo­gie und den Pleonas­mus. Jede dieser Stil­fig­uren wird unter Ein­beziehung von Beispie­len ver­ständlich erk­lärt.

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In Teil 1, 2 und 3 dieser Stilmit­tel-Rei­he ging es um die Tropen. In Teil 4 und 5 ging es um Fig­uren der Wieder­hol­ung. Da passt es gut, wenn wir uns in diesem sech­sten Teil nun ein let­ztes Mal den Fig­uren der Wieder­hol­ung wid­men.

Die Aufzäh­lung der ver­schiede­nen Arten von Wieder­hol­un­gen bleibt allerd­ings auch nach diesem Artikel unvoll­ständig. Die Fig­uren, die nur in der Poe­sie vorkom­men, habe ich zum Beispiel bewusst wegge­lassen, weil sie mit Geschicht­en nur wenig zu tun haben. Und einige Arten von Wieder­hol­un­gen habe ich bes­timmt auch vergessen. In diesem Fall bitte ich euch, mich unten in den Kom­mentaren auf meine Ver­säum­nisse hinzuweisen. Diese vergesse­nen Fig­uren der Wieder­hol­ung wer­den bei Gele­gen­heit natür­lich nachge­holt.

So. Und nun stürzen wir uns ins Gefecht!

Alliteration

Die Allit­er­a­tion beze­ich­net eine Wieder­hol­ung von Anfangslaut­en.

Diese Art von Wieder­hol­ung ist unter anderem im Mar­ket­ing sehr beliebt. Man find­et sie zum Beispiel in Werbeslo­gans wie:

  • Geiz ist geil!” (Sat­urn),

aber auch

  • in Namen fik­tiv­er Fig­uren (Donald Duck)
  • und auch bei Titeln von Büch­ern und Fil­men (Plöt­zlich Prinzessin).

Die Allit­er­a­tion hat im Übri­gen auch eine sehr lange Geschichte: So gab es bei manchen Völk­ern früher die Tra­di­tion, die Namen von Ver­wandten alli­terieren zu lassen. Hier zum Beispiel einige Namen aus dem Beowulf-Epos:

  • Healf­dene, Heorog­ar, Heoroweard, Hroth­gar, Hroth­mund, Hrothulf, Hrethric, Halga …

Eine Extrem­form der Allit­er­a­tion — wenn alle Wörter den gle­ichen Anfangslaut haben - nen­nt man …

Tautogramm

Beispiel:

“Milch macht müde Männer munter!”
Werbeslo­gan der west­deutschen Milch­wirtschaft in den 1950er Jahren.

Wie ihr euch denken kön­nt, kommt die Beliebtheit der Allit­er­a­tion nicht von unge­fähr. Allit­er­a­tio­nen sind präg­nant, leicht zu merken und sie kön­nen eine Verbindung zwis­chen den alli­terieren­den Wörtern bzw. Namen her­stellen.

Polyptoton

Ein Polyp­to­ton ist die Wieder­hol­ung eines Wort­stammes, beispiel­sweise inner­halb eines einzi­gen Satzes.

Beispiel:

“Wie ich damals einem Greise als Greis etwas über das Greisenal­ter dargelegt habe, so in diesem Buch einem Fre­unde als eng­ster Fre­und etwas über die Fre­und­schaft.”
Mar­cus Tul­lius Cicero: Laelius de amici­tia, Kapi­tel 5.

Ein Son­der­fall ist hier die …

Figura etymologica

Diese ist gegeben, wenn die wieder­holten Wörter ver­bun­den sind und unter­schiedlichen Wor­tarten ange­hören. Das kann beispiel­sweise eine Verbindung von einem Sub­stan­tiv und einem Verb sein, die densel­ben Wort­stamm haben.

Beispiel:

“Du liebes Kind, komm’, geh’ mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir; …”
Johann Wolf­gang Goethe: Erlkönig.

Der Effekt, den ein Polyp­to­ton erzielt, lässt sich zusam­men­fassen als: Dop­pelt hält bess­er. Es wird etwas bekräftigt, ein­er Aus­sage Nach­druck ver­liehen und, wenn richtig gehand­habt, hat ein Polyp­to­ton auch eine spielerische Wirkung.

Noch spielerisch­er wird es mit der …

Diaphora und Paronomasie

Diaphora

Bei der Diapho­ra han­delt es sich um Klang­wieder­hol­un­gen durch Homonyme und manch­mal auch Homo­phone.

Homonyme sind Wörter, die gle­ich geschrieben wer­den, aber eine unter­schiedliche Bedeu­tung haben. Wenn wir zum Beispiel sagen:

Wenn hin­ter Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach.

Dann haben wir die Fliege im Sinne von “Insekt” und “fliegen” als Verb.

Homo­phone hinge­gen sind Wörter, die gle­ich oder ähn­lich klin­gen (und unter­schiedlich geschrieben wer­den), aber eben­falls eine unter­schiedliche Bedeu­tung haben.

Beispiel:

Wenn ich ’nen See seh’, brauch ich kein Meer mehr.

Paronomasie

Die Parono­masie ist ein ähn­lich­es Phänomen: Auch sie verbindet Homonyme oder Homo­phone.

Beispiele:

  • Lieber arm dran als Arm ab.
  • Wer rastet, der ros­tet.

An diesen Beispie­len sieht man, dass die Homonyme bzw. Homo­phone sehr bewusst aus­gewählt wur­den: Die Verbindung der gle­ich klin­gen­den Wörter lässt die Aus­sage ins­ge­samt noch präg­nan­ter wirken.

Und auch die Parono­masie hat einen Son­der­fall, näm­lich die uns bere­its bekan­nte Figu­ra ety­mo­log­i­ca. Der Unter­schied ist hier­bei, dass bei der Figu­ra ety­mo­log­i­ca bei­de Wörter densel­ben Stamm haben. Im bere­its ange­sproch­enen Beispiel haben “Spiel” und “spie­len” densel­ben Ursprung. “Arm” im Sinne von “wenig Geld” und “Arm” im Sinne von “Kör­perteil” hinge­gen haben rein gar nichts miteinan­der zu tun. Dass die bei­den Wörter gle­ich klin­gen, ist rein­er Zufall.

Im Zusam­men­hang mit der Parono­masie gibt es noch ein weit­eres inter­es­santes Phänomen — und es trägt den Namen …

Paronomastischer Intensitätsgenitiv

Dieser ist gegeben, wenn ein Wort im Gen­i­tiv Plur­al wieder­holt wird.

Beispiele:

  • König der Könige
  • Spiel der Spiele

Das ist eine dur­chaus sehr beliebte Spiel­erei — vor allem, wenn es um Buch- und Filmti­tel geht.

Parallelismus und Chiasmus

Diese bei­den zeigen, dass man auch Satzglieder wieder­holen kann.

Paralleleismus

Hier haben zwei oder mehr (Teil-)Sätze dieselbe Abfolge von Satzgliedern.

Beispiel:

Sie hören weit, sie sehen fern.”
Erich Käst­ner: Die Entwick­lung der Men­schheit.

Chiasmus

Hier hinge­gen hat der zweite (Teil-)Satz eine spiegelverkehrte Abfolge von Satzgliedern.

Beispiel:

“Ach Gott! die Kun­st ist lang! / Und kurz ist unser Leben.”
Johann Wolf­gang Goethe: Faust I, V. 558f.

Während wir beim Par­al­lelis­mus-Beispiel das Sub­jekt in bei­den Teil­sätzen an erster Stelle hat­ten, haben wir das Sub­jekt in diesem Beispiel zuerst an erster und dann an let­zter Stelle.

Eine Son­der­form des Chi­as­mus ist die …

Epanodos

Hier wer­den näm­lich nicht nur die Satzglieder gespiegelt, son­dern auch die Wörter, die sich in diesen Satzgliedern befind­en.

Beispiel:

“Wer nicht kann, was er will, der wolle, was er kann.”
Apho­ris­mus von Leonar­do da Vin­ci.

Tautologie und Pleonasmus

Tautologie

Sie ist eine inhaltliche Wieder­hol­ung, beispiel­sweise durch Syn­onyme oder gle­iche Wörter:

  • nie und nim­mer
  • Geschäft ist Geschäft

Pleonasmus

Hier hinge­gen wer­den ganz ver­schiedene Wörter gebraucht, die aber trotz­dem dieselbe Bedeu­tung implizieren:

  • runde Kugel
    (Eine Kugel ist immer rund!)
  • Gratis-Geschenk
    (Ein Geschenk ist immer gratis!)

Wie die meis­ten anderen For­men der Wieder­hol­ung auch, sor­gen die Tau­tolo­gie und der Pleonas­mus für eine Ver­stärkung des Gesagten: Eine runde Kugel fühlt sich beim Lesen “run­der” an als eine “nor­male” Kugel.

Anson­sten eignen sich die Tau­tolo­gie und der Pleonas­mus wun­der­bar dazu, einen Text auszuschmück­en und Atmo­sphäre aufzubauen. Es wer­den zwar viele schein­bar über­flüs­sige Wörter gebraucht. — Aber Wörter haben nicht nur eine “inhaltliche” (deno­ta­tive) Bedeu­tung, son­dern auch eine kon­no­ta­tive. Und diese kon­no­ta­tive Bedeu­tung ist in der Regel mit Emo­tio­nen ver­bun­den.

Abschließende Hinweise

Die in diesem Artikel aufge­lis­teten Arten von Wieder­hol­ung kann man natür­lich noch weit­er in Unter­arten aufgliedern. Aber das trägt zum Grund­ver­ständ­nis und Überblick nicht mehr viel bei. Deswe­gen habe ich sie wegge­lassen.

Außer­dem gilt: Vor­sicht Stil­blüten! Schlechte Stilkreatio­nen kön­nen zwar aus allen Stilmit­teln her­aus entste­hen, aber nach meinem sub­jek­tiv­en Empfind­en ist die Gefahr bei den in diesem Artikel aufge­lis­teten Stilmit­teln beson­ders groß.

Und schließlich natür­lich treten ver­schiedene Arten von Wieder­hol­ung oft in Kom­bi­na­tio­nen auf. Zum Beispiel sieht man häu­fig einen Par­al­lelis­mus zusam­men mit ein­er Ana­pher, sodass die (Teil-)Sätze nicht nur dieselbe Struk­tur haben, son­dern auch mit dem­sel­ben Wort begin­nen.

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