Klimax, Antiklimax, Asyndeton, Polysyndeton

Klimax, Antiklimax, Asyndeton, Polysyndeton

Sei­nen Schreib­stil ver­bes­sert man unter ande­rem durch rhe­to­ri­sche Stil­mit­tel. In die­sem Arti­kel geht es um stil­vol­les Auf­zäh­len mit­tels Kli­max, Anti­kli­max, Asyn­de­ton, Mono­syn­de­ton und Poly­syn­de­ton. – Und Bei­spie­le dür­fen bei einer ver­ständ­li­chen Erklä­rung natür­lich auch nicht fehlen.

Die Foli­en für die­ses Video gibt es für Ste­ady-Abon­nen­ten und Kanal­mitglieder auf You­Tube als PDF zum Download.

Es gibt ein sehr bekann­tes Zitat von Gai­us Juli­us Caesar:

„Ich kam, ich sah, ich siegte!“

Das ist natür­lich erst­mal eine Auf­zäh­lung von Tätig­kei­ten. Aber ist es nicht auch ein Asyn­de­ton? Und eine Klimax?

Wenn Du bei die­sen Begrif­fen Fra­ge­zei­chen im Kopf hast, dann bist Du hier genau richtig.

Rhetorische Stilmittel und Aufzählungen

In den ver­gan­ge­nen drei Tei­len die­ser Rei­he haben wir über die Stil­mit­tel der Wie­der­ho­lung gespro­chen. In die­sem Teil jedoch machen wir ein neu­es Fass auf und reden über Stil­mit­tel, in denen irgend­et­was auf­ge­zählt wird.

Auf­zäh­lun­gen haben zum Bei­spiel den Effekt,

  • dass sie die Unzähl­bar­keit von etwas her­vor­he­ben, indem vie­le Details anein­an­der­ge­reiht werden.
  • Fer­ner kön­nen die auf­ge­zähl­ten Begrif­fe auch logi­sche Ket­ten bil­den
  • und man kann mit Auf­zäh­lun­gen auch Span­nung und Dyna­mik erzeu­gen.

Das nur als ein paar Bei­spie­le. Denn das was eine bestimm­te Auf­zäh­lung kon­kret macht, hängt natür­lich vom Ein­zel­fall ab.

Aufzählungen und Syndese

Grund­sätz­lich kann man aber sagen, dass Auf­zäh­lun­gen auf drei­er­lei Wei­se pas­sie­ren können:

  • Asyn­de­ton: Auf­zäh­lung ohne Kon­junk­tio­nen (Bin­de­wör­ter)

    „Einig­keit, Recht, Freiheit“

  • Mono­syn­de­ton: Auf­zäh­lung mit einer Kon­junk­ti­on

    „Einig­keit, Recht und Frei­heit“

  • Poly­syn­de­ton: Auf­zäh­lung mit einer mehr­mals ver­wen­de­ten Kon­junk­ti­on

    „Einig­keit und Recht und Frei­heit“
    (deut­sche Nationalhymne)

Wie Du sicher­lich merkst, kann das Ein­bau­en oder Weg­las­sen von Kon­junk­tio­nen einen sehr star­ken Ein­fluss dar­auf haben, wie eine Auf­zäh­lung von glei­chen Begrif­fen auf einen wirkt.

Um auch ein Bei­spiel aus einem Roman anzu­brin­gen, hier ein Zitat aus Im Wes­ten nichts Neu­es:

„Dann aber füh­le ich die Lip­pen der Schma­len, Dunk­len und drän­ge mich ihnen ent­ge­gen, ich schlie­ße die Augen und möch­te alles damit aus­lö­schen, Krieg und Grau­en und Gemein­heit, um jung und glück­lich zu erwachen; […]“
Erich Maria Remar­que: Im Wes­ten nichts Neu­es, Kapi­tel 7.

Hier haben wir natür­lich erst­mal das aus­drucks­star­ke Poly­syn­de­ton „Krieg und Grau­en und Gemein­heit“. Durch die­se Auf­zäh­lung bekom­men wir ein Gefühl dafür, was für eine star­ke emo­tio­na­le Last der Prot­ago­nist mit sich trägt.

Aller­dings haben wir in die­sem Satz gewis­ser­ma­ßen auch eine asyn­de­ti­sche Kom­bi­na­ti­on aus zwei Mono­syn­de­ta. Und zwar haben wir hier eine Auf­zäh­lung von einer Emp­fin­dung und meh­re­ren Tätig­kei­ten: Der Prot­ago­nist fühlt die Lip­pen der Frau, drängt sich ihnen ent­ge­gen und schließt die Augen. Das sind kei­ne all­zu gro­ßen Din­ge, aber es sind gleich meh­re­re. Zumin­dest im Inne­ren des Prot­ago­nis­ten geht in die­ser Stel­le sehr viel vor und das Wort „möch­te“ macht dar­aus end­gül­tig eine logi­sche Ket­te: Die Emp­fin­dung löst Tätig­kei­ten aus und mit die­sen Tätig­kei­ten möch­te der Prot­ago­nist etwas ganz Bestimm­tes errei­chen. Es ist also eine Auf­zäh­lung von einem Aus­lö­ser, Tätig­kei­ten und einem gewünsch­ten Ergebnis.

Klimax

Nun kön­nen Wör­ter, Sät­ze und Aus­drü­cke auch nicht ein­fach nur hin­ter­ein­an­der gereiht wer­den, son­dern als Kli­max auf­tre­ten. Die­se ist eine stu­fen­wei­se Stei­ge­rung vom Kleins­ten zum Größ­ten. Oft ist sie drei­glied­rig, aber nicht immer.

Um das Gan­ze an einem Bei­spiel zu demonstrieren:

„Heu­te back ich, mor­gen brau ich,
über­mor­gen hol ich der Köni­gin ihr Kind […]“
Brü­der Grimm: Rum­pel­stilz­chen.

Heu­te und mor­gen macht Rum­pel­stilz­chen ganz all­täg­li­che Din­ge – aber für über­mor­gen, da plant er etwas ganz und gar nicht Alltägliches.

Manch­mal beinhal­tet eine Kli­max auch eine klei­ne Geschichte:

„Ich kam, ich sah, ich siegte!“
Gai­us Juli­us Caesar.

Das ist ganz streng genom­men eine voll­wer­ti­ge Erzäh­lung (Beschrei­bung einer Zustands­ver­än­de­rung durch eine Erzähl­in­stanz) und gleich­zei­tig auch ein Bei­spiel für eine drei­glied­ri­ge Kli­max und übri­gens auch für ein Asyndeton.

Wenn man nun etwas auf­zählt und die ein­zel­nen Ele­men­te qua­si immer grö­ßer wer­den, dann sorgt das natür­lich für eine Ver­stär­kung. Wie man das in einer Geschich­te nut­zen kann, sehen wir an einem Bei­spiel aus Kra­bat:

„Der Schweiß bricht ihm aus, er nimmt sei­ne letz­te Kraft zusam­men. Die Füße gehor­chen ihm nicht. Er kann tun, was er will: er kommt nicht vom Boden weg. Und es schneit und es schneit – und es schneit ihn all­mäh­lich ein …“
Otfried Preuß­ler: Kra­bat, Kapi­tel: Am Ende der Reihe.

Hier sorgt die Stei­ge­rung von „schneit“ zu „schneit all­mäh­lich ein“ dafür, dass man vor sei­nem geis­ti­gen Auge förm­lich sieht, wie da immer mehr Schnee liegt und die Lage immer ver­zwei­fel­ter wird.

Antiklimax

Die Anti­kli­max ist (wer hät­te das gedacht) das Gegen­teil der Kli­max, näm­lich eine stu­fen­wei­se Abschwä­chung von Aus­drü­cken. Man beginnt mit dem Größ­ten, dem Stärks­ten, dem Wich­tigs­ten und geht zum Kleins­ten. Auch die Anti­kli­max ist oft drei­glied­rig, aber – eben­falls – nicht immer.

Ein Bei­spiel:

„Zwar bin ich geschei­ter als alle die Laffen,
Dok­to­ren, Magis­ter, Schrei­ber und Pfaffen […]“
Johann Wolf­gang Goe­the: Faust I, V. 366f.

Hier beginnt Faust mit den über­aus wich­ti­gen Dok­to­ren und Magis­tern und endet den Vers mit den weni­ger wich­ti­gen Schrei­bern und Pfaffen.

Wie Du siehst, sorgt eine Anti­kli­max für eine Art Zoom-Effekt: Man wird erst auf das Gro­ße auf­merk­sam, schaut genau­er hin und sieht das Klei­ne. Das wirkt im End­ef­fekt (eben­so wie die Kli­max) ver­stär­kend - näm­lich dass etwas sozu­sa­gen bis ins Kleins­te wirkt.

Das sieht sehen wir auch an einem Bei­spiel aus Der gehei­me Gar­ten:

„Sie scho­ben den Roll­stuhl unter einen Pflau­men­baum, der schnee­weiß in Blü­te stand, vol­ler Blü­ten und sum­men­der Bie­nen. Blü­hen­de Kirsch­bäu­me, blü­hen­de Apfel­bäu­me mit wei­ßen und röt­li­chen Blü­ten, man­che schon weit offen, wett­ei­fer­ten miteinander.“
Fran­ces H. Bur­nett: Der gehei­me Gar­ten, Kapi­tel: Ben Weatherstaff.

Hier sehen wir zuerst den Pflau­men­baum und dann erst die ein­zel­nen Blü­ten und die Bie­nen. Wir sehen zuerst die Kirsch­bäu­me und die Apfel­bäu­me – und dann erst sehen wir die wei­ßen und röt­li­chen Blü­ten – und dann schau­en wir noch­mal genau­er hin und sehen, dass man­che schon weit offen sind.

Nutze die Stilmittel!

Im Grun­de ist das alles nicht kom­pli­ziert. Aber die Mög­lich­kei­ten bei den heu­te bespro­che­nen Stil­mit­teln sind trotz­dem vielfältig.

Nut­ze sie!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert