Erzäh­len ist ein wesent­li­cher Bestand­teil der mensch­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on. Es ist all­täg­lich und all­ge­gen­wär­tig. Doch was ist Erzäh­len überhaupt?

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Erzäh­len ist etwas, das wir jeden Tag tun. Eigent­lich kön­nen wir sogar kaum kom­mu­ni­zie­ren, ohne uns stän­dig gegen­sei­tig etwas zu erzäh­len. Und dem­entspre­chend sind wir auch umge­ben von Erzählungen:

  • Wir hören und schau­en Nachrichten,
  • wir haben Schulunterricht,
  • Freun­de, die etwas aus ihrem Leben erzählen,
  • und so weiter …

Und weil das Erzäh­len in unse­rem Leben so selbst­ver­ständ­lich ist, fra­gen wir uns meis­tens nicht, was das über­haupt ist. Dabei ist das Erzäh­len eine wahn­sin­nig fas­zi­nie­ren­de Sache.

Erzählen im weiteren Sinne

Wenn wir im All­tag von „Erzäh­len“ spre­chen, dann mei­nen wir in der Regel, dass da jemand vor uns steht und eine Geschich­te erzählt. Oft sagen wir aber auch, dass bestimm­te Medi­en etwas erzählen.

Zu den erzäh­len­den Medi­en gehören:

  • Roma­ne, Epik gene­rell: Erzäh­len in Reinform.
  • Fil­me: Erzäh­len durch beweg­te Bilder.
  • Gra­phic Novels und Comics: Erzäh­len durch sta­ti­sche gezeich­ne­te Bilder.
  • Ani­ma­ti­ons­fil­me: Erzäh­len durch Animation.
  • Thea­ter­stü­cke: Erzäh­len auf der Bühne.
  • Video­spie­le: Erzäh­len, indem man den Rezi­pi­en­ten an der Geschich­te teil­ha­ben lässt.
  • Sach­li­te­ra­tur: Erzäh­len von rea­len Tat­sa­chen, vor allem in der Historiographie.
  • Im wei­tes­ten Sin­ne kann man auch sagen, dass in Rezep­ten erzählt wird, wie man aus bestimm­ten Zuta­ten tol­le Gerich­te zaubert.

Was all die­se Medi­en gemein­sam haben, ist, dass sie einen Weg von A nach B beschrei­ben. Sie beschrei­ben eine Bewe­gung. Eine Zustandsveränderung.

Und damit kom­men wir zur struk­tu­ra­lis­ti­schen Defi­ni­ti­on von „Erzäh­len“:

Erzäh­len ist das Beschrei­ben einer Zustandsveränderung.

So wird Erzäh­len im wei­te­ren Sin­ne definiert.

Und im engeren?

Erzählen im engeren Sinne

Wir erin­nern uns an die­sen Jemand, der vor uns steht und uns etwas erzählt. Das, was wir mit dem all­täg­li­chen Erzäh­len ver­bin­den. Die­sen Jemand gibt es eigent­lich nur in der Epik. Mit ande­ren Wor­ten: Nur Epik hat einen Erzäh­ler. Und damit ist nur Epik im enge­ren Sin­ne erzählend.

Ver­glei­chen wir doch ein­fach mal:

  • Bei Fil­men, Thea­ter­stü­cken, Grphic Novels und Ani­ma­ti­ons­fil­men ist der Rezi­pi­ent in der Rol­le des Beob­ach­ters bzw. Zeu­gen. Bei Video­spie­len ist der Rezi­pi­ent, also der Spie­ler, sogar direkt am Gesche­hen betei­ligt. Dem­entspre­chend ist hier ein Erzäh­ler gar nicht erst notwendig.
  • Bei einem Rezept han­delt es sich um eine Ket­te von Hand­lungs­an­wei­sun­gen. Man kann sich zwar vor­stel­len, dass etwas Erzäh­ler­haf­tes neben einem steht und einem sagt, was man tun soll. Aber letzt­end­lich sind Rezep­te eher eine gesichts­lo­se Anein­an­der­rei­hung von Impe­ra­ti­ven ohne eine bestimm­te Per­spek­ti­ve, ohne eine wirk­li­che Per­sön­lich­keit. Des­we­gen kann man hier nicht wirk­lich von einem Erzäh­ler sprechen.
  • Was der Epik am nächs­ten kommt, ist die Sach­li­te­ra­tur, beson­ders die His­to­rio­gra­phie. Aller­dings han­delt es sich hier eher um eine Wie­der­ga­be oder Zusam­men­fas­sung von Gedan­ken und Erkennt­nis­sen einer Per­son und es ist nicht wie­der die­ser Jemand, der zwi­schen der Geschich­te und dem Leser steht.

Wir sehen also, den Erzäh­ler gibt es wirk­lich nur in der Epik. Dadurch hebt sie sich von allen ande­ren erzäh­len­den Gen­res ab. Und damit kom­men wir zur Defi­ni­ti­on von Erzäh­len im enge­ren Sinne:

Erzäh­len ist das Beschrei­ben einer Zustands­ver­än­de­rung durch eine Erzählinstanz.

Ohne Erzähler keine Erzählung!

Die Erzähl­in­stanz „scannt“ die gro­ße, wei­te Welt, alle mög­li­chen Sin­nes­ein­drü­cke, auf das Wich­tigs­te und kom­pri­miert es in Wor­te. Die­se Wor­te kön­nen sowohl münd­lich als auch schrift­lich wie­der­ge­ge­ben wer­den. Aber all­ge­mein gilt: Ohne Erzäh­ler kei­ne Erzählung!

Des­we­gen gilt auch, dass der Erzäh­ler im Wesent­li­chen beein­flusst, wie der Leser oder Zuhö­rer die Erzäh­lung wahr­nimmt. Die Faust­re­gel ist:

Eine noch so inter­es­san­te Geschich­te, vor­ge­tra­gen durch einen schlech­ten Erzäh­ler kommt schlecht an.

Eine noch so unspek­ta­ku­lä­re Geschich­te, vor­ge­tra­gen durch einen guten Erzäh­ler kommt gut an.

Des­we­gen soll­te die Rol­le des Erzäh­lers in einer Erzäh­lung nie­mals unter­schätzt wer­den. Er ist deut­lich wich­ti­ger als Figu­ren und Plot. Er ist über­haupt das Wich­tigs­te an der gan­zen Erzählung.

Daher mer­ke:

Der Erzäh­ler ist das Α und Ω einer jeden Erzählung!

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