Figurenanalyse von Prinz Zuko (Avatar – Der Herr der Elemente)

Figurenanalyse von Prinz Zuko (Avatar – Der Herr der Elemente)

Die bes­te Figu­ren­ent­wick­lung der Fern­seh­ge­schich­te? So wird zumin­dest der Wer­de­gang von Prinz Zuko in Ava­tar – Der Herr der Ele­men­te oft bezeich­net. Was kön­nen wir also davon ler­nen, um selbst kom­ple­xe Figu­ren zu erschaf­fen? – Ana­ly­sie­ren wir Zuko doch mal!

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Ava­tar - nicht das Ava­tar mit den blau­en India­nern! … Ava­tar – Der Herr der Ele­men­te ist nicht ein­fach nur eine Zei­chen­trick­se­rie. Die Sto­ry hier ist kom­plex und mit Tief­gang, lie­fert gute Unter­hal­tung und mit Prinz Zuko ent­hält sie auch etwas, das vie­le als die bes­te Figu­ren­ent­wick­lung der Fern­seh­ge­schich­te bezeichnen.

Ernst­haft … So toll die Serie ins­ge­samt auch ist: Wenn man dar­über spricht, ist irgend­wie die Hälf­te der Zeit über nur von Zuko die Rede. Der Prot­ago­nist ist Aang und er ist durch­aus inter­es­sant und sym­pa­thisch, aber trotz­dem heißt es über­all: Zuko, Zuko, Zuko …

Er ist gefühlt jeder­manns Lieb­lings­fi­gur, ein abso­lu­ter Fan­girl-Schwarm und seit ich selbst mir die Serie vor­ge­knöpft habe, um zu ver­ste­hen, war­um sie so gehy­ped wird: Zuko, Zuko, Zuko!

Offen­bar haben die Autoren der Serie mit Zuko vie­les sehr rich­tig gemacht.

Und des­we­gen wol­len wir heu­te von die­ser bes­ten Figu­ren­ent­wick­lung der Fern­seh­ge­schich­te lernen.

Avatar: Worum geht es?

Die Welt in Ava­tar ist in vier Natio­nen auf­ge­teilt: das Erd­kö­nigkreich, die Was­ser­stäm­me, die Luft­no­ma­den und die Feu­er­na­ti­on. In jeder der Natio­nen kommt ein Teil der Bevöl­ke­rung mit der Fähig­keit zur Welt, das Ele­ment der eige­nen Nati­on zu „bän­di­gen“, d.h. zu kontrollieren.

Dabei kann nur ein ein­zi­ger Bän­di­ger auch ande­re Ele­men­te als das eige­ne kon­trol­lie­ren ler­nen: der Ava­tar. Die­ser wird in den ein­zel­nen Ele­men­ten nach­ein­an­der wie­der­ge­bo­ren und soll die Welt im Gleich­ge­wicht hal­ten.

Eines Tages ist der Ava­tar aber spur­los ver­schwun­den und die Feu­er­na­ti­on star­te­te einen Erobe­rungs­feld­zug. Hun­dert Jah­re spä­ter hat sie einen gro­ßen Teil der Welt unter­wor­fen und im Erd­kö­nig­reich Kolo­nien gegrün­det. – Da ent­de­cken die Was­ser­bän­di­ge­rin Kata­ra und ihr Bru­der Sok­ka einen Jun­gen im Eis­berg. Die­ser ist Ava­tar Aang, der hun­dert Jah­re im Eis kon­ser­viert war. Nach dem Geno­zid an den Luft­no­ma­den durch die Feu­er­na­ti­on ist der der letz­te Luft­bän­di­ger. Nun muss er ler­nen, die ande­ren Ele­men­te zu beherr­schen, um die Welt wie­der ins Gleich­ge­wicht zu brin­gen. Im Ver­lauf der drei Staf­feln der Serie tut er genau das und erlebt dabei vie­le Abenteuer.

Und genau hier kommt Zuko ins Spiel …

Zuko: Figur und Präsentation

Prinz Zuko ist der Sohn des Feu­er­lords Ozai und damit der Kron­prinz der Feu­er­na­ti­on. Theo­re­tisch. Denn sein Vater kann ihn nicht lei­den und hat ihn ver­bannt – im zar­ten Alter von nur 13 Jah­ren. Um „sei­ne Ehre wie­der­her­zu­stel­len“, d.h. von sei­nem Vater akzep­tiert zu wer­den und nach Hau­se zurück­keh­ren zu dür­fen, muss er den Ava­tar fan­gen. Wenn man bedenkt, dass bereits sein Vater, sein Groß­va­ter und sein Urgroß­va­ter den Ava­tar nicht hat­ten fin­den kön­nen, wird schnell klar, dass Ozai Zuko die­se Mis­si­on nur auf­ge­tra­gen hat, um ihn lang­fris­tig loszuwerden.

Die Grün­de, war­um Ozai Zuko so wenig lei­den kann, wer­den im Ver­lauf der Serie erläu­tert: Zuko ist ihm als Feu­er­bän­di­ger ein­fach nicht begabt genug. Er ist gut dar­in, weil er viel trai­niert hat, aber er ist kein Wun­der­kind. – Das ist näm­lich sei­ne klei­ne Schwes­ter Azu­la, die von Ozai des­we­gen klar bevor­zugt wird.

Wäh­rend Ozai Zuko also als Ent­täu­schung ansieht, will Zuko die Lie­be und Aner­ken­nung sei­nes Vaters erlan­gen und erweist sich als äußerst hart­nä­cki­ger Ver­fol­ger des Ava­tar. Im Ver­lauf der Geschich­te wird der Prinz jedoch zu einem Flücht­ling, macht vie­le schwe­re Erfah­run­gen und sam­melt Zuschau­er­sym­pa­thien, ändert sei­ne Ansich­ten und schließt sich am Ende dem Ava­tar an, um sei­nen Vater zu Fall zu bringen.

Schau­en wir uns die­sen Pro­zess am bes­ten Staf­fel für Staf­fel an:

Staffel 1: Der schwankende Antagonist

Im Ver­lauf der ers­ten Staf­fel ist Zuko ein kla­rer Feind des Ava­tar und sei­ner Freun­de. Er ist der ers­te Geg­ner, dem sie begeg­nen, er ver­folgt sie, brennt Dör­fer nie­der und ist fast unun­ter­bro­chen wütend. Den­noch wird bereits hier ange­deu­tet, dass er kein plat­ter Böse­wicht ist, son­dern eine kom­ple­xe Figur.

Zu Beginn der Serie ist Zuko schon fast drei Jah­re auf der Suche nach dem Ava­tar und damit 16 Jah­re alt. Er gibt sich sehr stolz und auto­ri­tär, sogar gegen­über sei­nem Onkel Iroh, der sein Men­tor und gewis­ser­ma­ßen auch Vater­er­satz ist. Über sei­ne Moti­va­ti­on erfah­ren wir schon in der ers­ten Fol­ge, dass ihm „Ehre“ sehr wich­tig ist.

In Fol­ge 3 kann er sogar bereits ers­te Sym­pa­thie­punk­te sam­meln, als er sei­nem spä­te­ren Riva­len Zhao begeg­net. Aus die­ser Begeg­nung wird deut­lich, dass Zuko trotz sei­ner könig­li­chen Abstam­mung ein Under­dog mit ver­letz­tem Stolz ist, denn Zhao hebt Zukos Ver­ban­nung klar her­vor und belei­digt ihn auch per­sön­lich. Zuko for­dert Zhao zu einem Agni Kai, einem Feu­er­du­ell, her­aus und besiegt ihn. Und obwohl ein Agni Kai eigent­lich ein Kampf auf Leben und Tod ist, ver­schont er sei­nen Geg­ner und lässt erst­mals sei­ne tief ver­gra­be­ne wei­che Natur durch­blit­zen. Statt Dank­bar­keit wirft Zhao ihm aber wei­te­re Belei­di­gun­gen an den Kopf und will ihn sogar von hin­ten angrei­fen. Onkel Iroh geht aller­dings dazwi­schen und betont, dass Zuko ehren­haf­ter ist als Zhao. Die­se Bemer­kung ent­lockt Zuko schließ­lich sein ers­tes Lächeln inner­halb der Serie.

Die drit­te Epi­so­de ist auch des­halb wich­tig, weil hier erst­mals deut­lich wird, dass Zukos Loya­li­tät gegen­über der Feu­er­na­ti­on - bei all sei­nem Pochen auf „Ehre“ - eher schwan­kend ist. Er will bewusst ver­heim­li­chen, dass er den Ava­tar gefun­den hat, obwohl die­ser die letz­te ernst­haf­te Bedro­hung für die Feu­er­na­ti­on dar­stellt. Damit stellt Zuko schon hier sei­ne per­sön­li­chen Inter­es­sen, näm­lich den Ava­tar selbst ein­zu­fan­gen und sei­nem Vater zu brin­gen, über die Inter­es­sen der Feu­er­na­ti­on, näm­lich den Ava­tar so schnell wie mög­lich gefan­gen zu nehmen.

Die­se bei­den Aspek­te sei­ner Per­sön­lich­keit, sein wei­cher Kern und sei­ne schwan­ken­de Loya­li­tät gegen­über der Feu­er­na­ti­on, wer­den im wei­te­ren Ver­lauf der ers­ten Staf­fel noch wei­ter aus­ge­baut:

  • Der wei­che Kern wird deut­lich in Fol­ge 7, als er sich ent­schei­det sei­nen Onkel zu ret­ten, statt den Ava­tar zu verfolgen.
    In Fol­ge 12 erfah­ren wir außer­dem, dass die­ser wei­che Kern der Grund für sei­ne Ver­ban­nung war: Er hat­te sich beim Kriegs­rat sei­nes Vaters unauf­ge­for­dert gegen den grau­sa­men Plan eines Gene­rals aus­ge­spro­chen. Sein Vater wer­te­te es als feh­len­den Respekt und for­der­te Zuko zu einem Agni Kai her­aus. Als Zuko sich wei­ger­te gegen sei­nen Vater zu kämp­fen, ver­brann­te Ozai die Hälf­te sei­nes Gesichts und ver­bann­te ihn. Es wird also klar, war­um Zuko so ver­bit­tert ist. Und obwohl er mit sei­nen Unter­ge­be­nen und sei­nem Onkel in der Regel ziem­lich schlecht umgeht, ret­tet er in die­ser Fol­ge außer­dem das Leben eines sei­ner Sol­da­ten und ent­schul­digt sich bei Iroh.
    In Fol­ge 18 wird die tie­fe Bezie­hung zwi­schen Zuko und sei­nem Onkel erneut beleuch­tet und in Fol­ge 19 gibt es eine rüh­ren­de Abschieds­sze­ne, in der Onkel Iroh Zuko gesteht, dass er seit dem Tod sei­nes eige­nen Soh­nes für ihn väter­li­che Gefüh­le emp­fin­det. Obwohl Zuko sei­ne Emo­tio­nen zurück­hält, wird klar, dass auch Zuko Iroh als Ersatz­va­ter betrachtet.
    In Fol­ge 20 schließ­lich, dem Staf­fel­fi­na­le, spricht Zuko selbst über sei­ne schwie­ri­ge Fami­li­en­si­tua­ti­on und bie­tet sei­nem Feind Zhao, der in Fol­ge 18 erst einen Mord­an­schlag auf ihn orga­ni­siert hat, in der Not eine hel­fen­de Hand an.
  • Zukos schwan­ken­de Loya­li­tät gegen­über der Feu­er­na­ti­on wird vor allem in Fol­ge 13 deut­lich, als Aang von Zhao gefan­gen genom­men wird. Weil der Ava­tar Zukos ein­zi­ge Hoff­nung ist, wie­der nach Hau­se zurück­keh­ren zu dür­fen, ver­klei­det er sich als der Blaue Geist und befreit Aang.
    Im Staf­fel­fi­na­le, in dem die Flot­te der Feu­er­na­ti­on den Nörd­li­chen Was­ser­stamm angreift, um den Ava­tar gefan­gen zu neh­men, mischt Zuko als drit­te Par­tei im Kon­flikt heim­lich mit und will Aang ent­füh­ren, bevor er Zhao in die Hän­de fällt.

Damit hal­ten wir für Staf­fel 1 fest:

Obwohl Zuko in vie­len Fol­gen ein­fach nur als wie­der­keh­ren­der Ant­ago­nist fun­giert, wird deut­lich, dass er mehr ist als ein­fach nur ein Hand­lan­ger der Feu­er­na­ti­on. Er kann bereits hier ers­te Sym­pa­thie­punk­te sam­meln und es wird sogar sein spä­te­rer Wech­sel zu Team Ava­tar ange­deu­tet: In Fol­ge 13 arbei­tet er mit Aang zusam­men, um aus Zha­os Fes­tung zu ent­kom­men, und Aang bie­tet ihm schon da Freund­schaft an. Im Staf­fel­fi­na­le ret­ten Aang und sei­ne Freun­de dem bewusst­lo­sen Zuko das Leben. Die Wei­chen für Zukos Sei­ten­wech­sel wur­den also schon sehr früh gestellt.

Staffel 2: Der sympathische Antiheld

Rich­tig inter­es­sant wird sein Arc jedoch erst in Staf­fel 2, wo er sei­nen Ant­ago­nis­ten­sta­tus ver­liert und mehr zum Prot­ago­nis­ten einer Par­al­lel­hand­lung wird. Wäh­rend Aang und sei­ne Freun­de durch das Erd­kö­nig­reich zie­hen und jeman­den suchen, der Aang das Erd­bän­di­gen bei­brin­gen könn­te, sind Zuko und Iroh auf der Flucht. Nach ihrer Ein­mi­schung im Fina­le von Staf­fel 1 wur­den sie von Feu­er­lord Ozai zu Kri­mi­nel­len erklärt und wer­den von Zukos Schwes­ter Azu­la ver­folgt. Doch als Ange­hö­ri­ge der Feu­er­na­ti­on und Feu­er­bän­di­ger noch dazu sind sie auch im Erd­kö­nig­reich nicht sicher. Des­we­gen rei­sen sie inkognito.

Der stol­ze Prinz Zuko hat jetzt nur noch sei­nen Onkel. Er hat kei­ne Unter­ge­be­nen mehr, kei­nen Sta­tus, kein Geld. Er und Iroh über­le­ben in der Wild­nis, wie sie kön­nen, las­sen sich von Zivi­lis­ten des Erd­kö­nig­rei­ches aus­hel­fen und bet­teln not­falls auch. Zuko kann das nicht ertra­gen. Daher lässt er den Blau­en Geist wie­der auf­le­ben und beginnt zu plündern.

Wäh­rend die­ser Zeit sieht er aber auch das Leid, das die Feu­er­na­ti­on über die ande­ren Völ­ker gebracht hat. Sein Mit­ge­fühl drückt sich dabei situa­tiv unter­schied­lich aus. Mal ver­zich­tet er dar­auf, eine Fami­lie von Flücht­lin­gen zu über­fal­len, obwohl er gera­de am Ver­hun­gern ist, mal beschützt er Zivi­lis­ten vor Sol­da­ten, die ihre Macht miss­brau­chen. Doch einen fes­ten Platz scheint es für ihn in der Welt nicht mehr zu geben.

In Fol­ge 7 wer­den sei­ne Erleb­nis­se dabei von Flash­backs in die Zeit sei­ner Kind­heit unter­bro­chen und der Zuschau­er erfährt von der gut­her­zi­gen Natur sei­ner Mut­ter. Als sein Vater jedoch an die Macht kom­men will, obwohl er nur der Zweit­ge­bo­re­ne des dama­li­gen Feu­er­lords Azu­lon ist, schwebt Zuko in Lebens­ge­fahr. Sei­ne Mut­ter opfert sich für ihn und ver­schwin­det spur­los. Zuko, damals ein lie­ber, sen­si­bler Jun­ge, bleibt allein in der Gesell­schaft sei­nes grau­sa­men Vaters und sei­ner ver­rück­ten Schwes­ter zurück.

Von sei­ner eige­nen Nati­on ver­folgt, für alle ande­ren ein Feind, scheint er vom Ava­tar nicht mehr so sehr beses­sen zu sein: In Fol­ge 8 ver­bün­det er sich kurz­zei­tig mit Aang gegen sei­ne Schwes­ter. Und als sein Onkel Iroh dabei ver­wun­det wird, ver­scheucht er Aang und sei­ne Freun­de sogar.

Nach­dem Zuko Iroh wie­der gesund­ge­pflegt hat, machen die bei­den sich auf nach Ba Sing Se, die Haupt­stadt des Erd­kö­nig­rei­ches, und begin­nen dort ein neu­es Leben. Sie bekom­men Jobs in einem Tee­la­den, die Zuko zunächst als demü­ti­gend emp­fin­det. Sein Onkel hin­ge­gen macht mit sei­nen Tee­mach­küns­ten Kar­rie­re und eröff­net sogar sei­nen eige­nen Teeladen.

Zur sel­ben Zeit sind aber auch Aang uns sei­ne Freun­de in der Stadt. Aangs Him­mels­bi­son Appa wur­de ent­führt und die Grup­pe sucht nach ihm. Der mit sei­nen Lebens­um­stän­den nach wie vor über­for­der­te Zuko sieht hier eine Chan­ce, wird noch ein­mal zum Blau­en Geist und macht Appa aus­fin­dig. Bevor er ihn jedoch sei­ner­seits ent­füh­ren kann, ermahnt ihn sein Onkel, sich end­lich von sei­nem Vater zu lösen und sei­ne eige­nen Wer­te und Zie­le zu defi­nie­ren. Dar­auf­hin lässt Zuko Appa frei. Dafür legt Appa spä­ter, in der drit­ten Staf­fel, als Zuko sich Team Ava­tar anschlie­ßen will, ein gutes Wort für ihn ein.

Die­se Ent­schei­dung ist jedoch in so star­kem Gegen­satz zu dem, wie Zuko bis­her gelebt hat, dass er in eine Kri­se rutscht und sogar kör­per­lich krank wird. Nach sei­ner Gene­sung in Fol­ge 19 wirkt er ver­än­dert, unge­wohnt fried­lich und genießt sein beschei­de­nes Leben. Mehr noch, als er in Fol­ge 20 letzt­end­lich doch in Azu­las Gefan­gen­schaft gerät, freun­det er sich dort mit Kata­ra aus Team Ava­tar an.

Nach all den Trau­ma­ta und Meta­mor­pho­sen, die Zuko im Ver­lauf der zwei­ten Staf­fel erlebt hat, scheint einem Sei­ten­wech­sel nichts mehr im Wege zu ste­hen. Der Zuschau­er kennt den wei­chen, sen­si­blen Kern unter der arro­gan­ten und jäh­zor­ni­gen Scha­le, er weiß, war­um Zuko so ist, wie er ist, er fühlt mit ihm mit und wünscht sich für ihn ein Hap­py End. Außer­dem hat sich im Ver­lauf der zwei­ten Staf­fel auch Zukos Cha­rak­ter zum Bes­se­ren gewan­delt: Hat er in Staf­fel 1 noch alles und jeden ange­schnauzt, ist der Zuko in Staf­fel 2 selbst­be­herrsch­ter, rück­sichts­vol­ler und sogar etwas heroischer.

Und dann kommt im Staf­fel­fi­na­le der Schock: Als Azu­la Zuko die Rück­kehr in die Feu­er­na­ti­on und die Aner­ken­nung sei­nes Vaters anbie­tet und damit die Erfül­lung sei­ner sehn­lichs­ten Wün­sche im Ver­lauf von zwei Staf­feln, schlägt er sich auf ihre Sei­te und kämpft gegen Aang und sei­ne Freun­de. Er und Azu­la sind sieg­reich, Aang ist schein­bar tot und Zuko darf, wie ver­spro­chen, zurück­keh­ren. Dabei quält er sich jedoch mit dem Gedan­ken, sei­nen Onkel, der mitt­ler­wei­le ein Ver­bün­de­ter des Ava­tar ist, ver­ra­ten zu haben.

Staffel 3: Der strahlende Held

Die­ser inne­re Kon­flikt ist die Grund­la­ge für sei­nen abso­lu­ten Tief­punkt in der gan­zen Serie. In Staf­fel 3 kehrt Zuko als Held in die Feu­er­na­ti­on zurück und bekommt end­lich die lang­ersehn­te Lie­be sei­nes Vaters. Anders als zu Beginn von Staf­fel 2, hat er jetzt alles, was er sich je gewünscht hat, und ist den­noch unglück­li­cher als je zuvor. Er ist wütend auf sich selbst, hat Angst, dass Aang noch am Leben sein könn­te, und als er in sei­ner Ver­zweif­lung Onkel Iroh im Gefäng­nis besucht, dreht der ihm den Rücken zu.

Lang­sam deu­tet sich aber auch ein Umden­ken an: In Fol­ge 6 erfährt Zuko, dass er müt­ter­li­cher­seits der Uren­kel von Aangs vor­he­ri­ger Inkar­na­ti­on, Ava­tar Roku, ist. In Fol­ge 9 darf er beim Kriegs­rat zur Rech­ten sei­ner Vaters sit­zen und ist äußer­lich der per­fek­te Prinz, doch spä­ter gibt er zu, dass er dabei nicht er selbst war. Wäh­rend eines Angriffs durch Aang und sei­ne Ver­bün­de­ten packt er schließ­lich sei­ne Sachen und stellt sich sei­nem Vater. Er ver­ur­teilt, was Ozai ihm alles ange­tan hat, bezeich­net die Ver­ban­nung aber das das Bes­te, was ihm hät­te pas­sie­ren können.

Wäh­rend Aang und sei­ne Ver­bün­de­ten eine erneu­te Nie­der­la­ge erlei­den, will Zuko sei­nen Onkel aus dem Gefängtnis befrei­en. Doch der ist mitt­ler­wei­le selbst aus­ge­bro­chen und spur­los ver­schwun­den. Des­we­gen ver­folgt Zuko den flie­hen­den Ava­tar und sei­ne Freun­de allein.

Als Zuko Aang anbie­tet, ihm das Feu­er­bän­di­gen bei­zu­brin­gen, wird er zunächst zurück­ge­wie­sen, doch nach eini­gem Hin und Her schließ­lich zäh­ne­knir­schend auf­ge­nom­men. In den dar­auf­fol­gen­den Epi­so­den steht er Aang und sei­nen Freun­den zur Sei­te und gewinnt nach und nach ihr Ver­trau­en.

Als Ozai im Staf­fel- und Seri­en­fi­na­le einen ver­nich­ten­den Angriff gegen das Erd­kö­nig­reich star­tet, fin­det Zuko sei­nen Onkel wie­der und ver­trägt sich mit ihm. Dar­auf­hin schlägt Iroh vor, dass Zuko nach Ozais Nie­der­la­ge der neue Feu­er­lord wer­den soll.

Wäh­rend der fina­len Schlacht kämpft Zuko zusam­men mit Kata­ra gegen Azu­la, wird dabei jedoch töd­lich ver­wun­det, als er sich selbst­los vor Kata­ra wirft. Nach dem Sieg über Azu­la wird er jedoch von Kata­ra geheilt und die Serie endet mit sei­ner Krö­nung zum neu­en Feu­er­lord, bei der er eine Ära des Frie­dens ankündigt.

Aus dem ursprüng­li­chen Ant­ago­nis­ten ist nach einer Rei­he von Höhen und Tie­fen also end­lich ein strah­len­der Held gewor­den, der einen wich­ti­gen Bei­trag zur Ret­tung der Welt geleis­tet hat.

Vielschichtigkeit und Vielgesichtigkeit

Das war jetzt eine knap­pe Zusam­men­fas­sung von Zukos Wer­de­gang im Ver­lauf der Serie. Wir kön­nen also nun einen knap­pen Bogen ausfüllen:

  • Sein Ziel ist, sei­ne Ehre wie­der­her­zu­stel­len. Am Anfang ver­steht er dar­un­ter Aner­ken­nung sei­nes Vaters. Doch zum Ende hin erkennt er, dass er sei­ne eige­ne Ehre wie­der­her­stel­len kann, indem er nach sei­nen eige­nen Vor­stel­lun­gen lebt.
  • Sei­ne psy­cho­lo­gi­sche Schwä­che ist somit, dass er sich den Wer­ten sei­nes Vaters beugt. Sei­ne mora­li­sche Schwä­che ist, dass er die­se Wer­te auch ande­ren gegen­über rück­sichts­los durch­setzt oder es zumin­dest versucht.
  • Sein psy­cho­lo­gi­sches Bedürf­nis ist, nach sei­nen eige­nen Wer­ten zu leben. Sein mora­li­sches Bedürf­nis ist, dem Ava­tar bei der Ret­tung der Welt zu helfen.

Hier wir mer­ken aber schnell, dass die­ser Bogen, der für vie­le ande­re Figu­ren wun­der­bar funk­tio­niert, Zuko nicht wirk­lich gerecht wird. An ihm ist viel mehr dran als eine sorg­fäl­ti­ge Her­aus­ar­bei­tung. Denn:

Sein abwechs­lungs­rei­cher Arc bringt sehr unter­schied­li­che Facet­ten sei­ner Per­sön­lich­keit zum Vorschein.

Zuko ist ein stol­zer Prinz. Ein ver­zwei­fel­ter Jun­ge, der ein­fach nur nach Hau­se will. Das Pro­dukt einer auto­ri­tä­ren und grau­sa­men Erzie­hung. Eine lie­be, für­sorg­li­che See­le. Ein fähi­ger Krie­ger. Ein Flücht­ling und ein Bett­ler. Ein Räu­ber. Ein ver­un­si­cher­ter Teen­ager. Jemand, der nie auf­gibt. Ein etwas unge­schick­ter Flirt- und Bezie­hungs­part­ner. Ein Ego­ist. Ein selbst­lo­ser Freund. … Und das alles sehr har­mo­nisch und logisch in einer ein­zi­gen Figur vereint.

Dass die­se zwie­bel­haf­te Viel­schich­tig­keit funk­tio­niert, liegt zum einen dar­an, dass er immer wie­der in Situa­tio­nen gerät, die unter­schied­li­cher kaum sein könn­ten, und jede Situa­ti­on eine neue „Schicht“ bzw. Facet­te auf­deckt. Zum ande­ren wird die­se Viel­schich­tig­keit auch von sei­ner buch­stäb­li­chen Viel­ge­sich­tig­keit untermalt:

  • So teilt bei­spiels­wei­se schon sei­ne Nar­be sein Gesicht in zwei Hälften.
  • Hin­zu kom­men der Blaue Geist als sein Alter Ego und sein Deck­na­me Lee.
  • Und nicht zuletzt erlebt kaum eine ande­re Fri­sur in der Serie einen so star­ken Wan­del wie die von Zuko.

Spiegelbild des Avatar

Die Viel­ge­sich­tig­keit bekommt außer­dem noch eine viel grö­ße­re Dimen­si­on, wenn man bedenkt, dass sein Arc den des Prot­ago­nis­ten spie­gelt:

  • Da sind auf der einen Sei­te Fol­gen, in denen die Par­al­le­len offen­sicht­lich sind: In Staf­fel 1 ist das bei­spiels­wei­se Fol­ge 12, in der die Hin­ter­grund­ge­schich­ten von Aang und Zuko par­al­lel zuein­an­der prä­sen­tiert wer­den. Ein Bei­spiel in Staf­fel 2 ist Fol­ge 9, in der Aang und Zuko bei­de Schwie­rig­kei­ten haben, eine neue Tech­nik zu ler­nen. Und ein Bei­spiel aus Staf­fel 3 ist Fol­ge 6, wo Aang und Zuko aus unter­schied­li­chen Quel­len, aber par­al­lel zuein­an­der die Geschich­te von Ava­tar Roku und Feu­er­lord Sozin erfahren.
  • Aller­dings gibt es auch vie­le sub­ti­le­re Ver­knüp­fun­gen, so bei­spiels­wei­se in der ers­ten Fol­ge der drit­ten Staf­fel, als Aang in nahe­zu zuko­haf­ter Manier davon redet, nach der Nie­der­la­ge in Ba Sing Se sei­ne Ehre wie­der­her­stel­len zu müs­sen. Zuko wird wäh­rend­des­sen von der Feu­er­na­ti­on wie ein Held emp­fan­gen und sei­ne Ehre scheint wie­der­her­ge­stellt, doch ihm selbst und dem Zuschau­er ist klar, dass die­se Ehre nur ober­fläch­lich ist.

Die­se Spie­ge­lung des Ava­tar ist im Übri­gen auch sehr gut mit der Geschich­te ver­knüpft, weil Zuko ja der Uren­kel von Aangs frü­he­rer Inkar­na­ti­on ist. Nach hun­dert Jah­ren ist er der ers­te Ange­hö­ri­ge der Feu­er­na­ti­on, der ihn fin­det. Und kein ande­res Leben wird durch das Auf­tau­chen des Ava­tar so ver­än­dert wie das sei­ne. Sein Schick­sal ist sehr eng an das von Aang gekop­pelt. Man könn­te sogar sagen:

Aang mag der eigent­lich Aus­er­wähl­te sein, der die Welt ret­ten soll. Aber Zuko, der Kron­prinz der Aggres­sor­na­ti­on, wur­de „mit­aus­er­wählt“.

Und das ist ein zen­tra­ler Punkt, denn Aangs Auf­ga­be ist ja, die Har­mo­nie wie­der­her­zu­stel­len. Erst als er mit Zuko Freund­schaft geschlos­sen und von ihm das Feu­er­bän­di­gen gelernt hat, kann er sich Feu­er­lord Ozai wirk­lich stellen.

Zukos kom­ple­xer und span­nen­der Arc exis­tiert also nicht ein­fach um eines kom­ple­xen und span­nen­den Cha­rak­ter­arcs wil­len. Er ist essen­zi­ell für den Plot und das zen­tra­le Kon­zept der Serie.

Alle lieben Zuko!

Fatal wäre es aller­dings gewe­sen, wenn Zuko bei den Zuschau­ern schlecht ange­kom­men wäre. Doch das ist nicht pas­siert, denn Zuko scheint tat­säch­lich die all­ge­mei­ne Lieb­lings­fi­gur in der gan­zen Serie zu sein.

War­um?

  • Allem vor­an ist er natür­lich, wie bereits gesagt, an sich eine sehr fas­zi­nie­ren­de Figur, deren Wer­de­gang man gespannt ver­folgt und über die man ger­ne nachdenkt.
  • Gleich­zei­tig ist sein Innen­le­ben sehr nach­voll­zieh­bar und man fühlt mit ihm mit.
  • Er ist auch eine gute Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur, denn er ist zwar im Grun­de ein guter Mensch, aber nicht per­fekt. Er schei­tert, rap­pelt sich wie­der auf und das ist ermu­ti­gend zu beobachten.
  • Dabei ist er als coo­ler, intel­li­gen­ter, bad­as­si­ger Krie­ger und Feu­er­bän­di­ger aber auch eine Power Fan­ta­sy.
  • Bei den weib­li­chen Fans spie­len sicher­lich auch sein gutes Aus­se­hen, sein mus­ku­lö­ser Body und sein Sta­tus als eine Art dunk­ler Prinz eine Rolle.
  • Und nicht zuletzt hat er durch sei­ne unfrei­wil­lig komi­schen Wut­aus­brü­che und sei­ne in vie­len spä­te­ren Sze­nen nied­lich unge­schick­te Art einen hohen Unter­hal­tungs­fak­tor.

Ich ken­ne wirk­lich nicht vie­le Figu­ren, die so vie­le Beliebt­heits­fak­to­ren in sich vereinen.

Fazit

Wir hal­ten also fest:

Die Figur Zuko ist ein Meis­ter­werk für sich.

Er wur­de sehr fein her­aus­ge­ar­bei­tet, ange­mes­sen prä­sen­tiert und passt per­fekt in das Gesamt­kon­zept der Serie. Im Prin­zip wur­den hier alle Regis­ter gezo­gen, um eine kom­ple­xe und zugleich sym­pa­thi­sche Figur zu erschaffen.

Zuko ist so viel­schich­tig wie ein rea­ler Mensch und ist dabei immer noch ein funk­tio­nie­ren­des Zahn­rad im Gesamt­kunst­werk Ava­tar – Der Herr der Ele­men­te.

2 Kommentare

  1. Ich… Lie­be die­sen Bei­trag, auch ich bin ein rie­sen Fan von ihm eben weil er so erwach­sen wir­ken will aber dann doch plötz­lich hilf­los und toll­pat­schig wirkt. Er ist wahr­lich ein Meisterwerk

    Anonymous

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