Ist Dein Buch gut? — 7 Tipps, um das eigene Buch selbst einzuschätzen

Ist Dein Buch gut? — 7 Tipps, um das eigene Buch selbst einzuschätzen

“Ist mein Buch gut?” — Diese Frage stellen wir Autoren uns oft, während wir an unserem Roman schreiben. Denn als Schöpfer unseres Werkes kön­nen wir schlecht ein­schätzen, was an unserem Buch gut ist und was verbessert wer­den sollte. In diesem Artikel liste ich sieben Tipps auf, wie man als Autor einen nüchterneren Blick auf die eigene Geschichte bekommt.

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Während man als Autor an seinem Buch werkelt, durch­läuft man ver­schiedene Phasen:

  • Mal hat man das Gefühl, an etwas Großar­tigem zu arbeit­en;
  • mal glaubt man, den größten Schrott aller Zeit­en zu pro­duzieren.

Gegenüber seinem eige­nen Buch ist man in der Regel “betrieb­s­blind” und kann nur schlecht ein­schätzen, wie gut oder schlecht es wirk­lich ist. Natür­lich kann man jeman­den bit­ten, das Buch zu lesen und seine Mei­n­ung abzugeben, aber manch­mal muss man ein­fach selb­st ein­schätzen kön­nen, was man drin­gend verbessern sollte.

Deswe­gen habe ich hier sieben Tipps, wie man etwas Dis­tanz zum eige­nen Werk gewin­nen und es etwas objek­tiv­er ein­schätzen kann.

Was ist ein “gutes Buch”?

Vor­weg möchte ich aber auf einen wichti­gen Punkt hin­weisen:

Ein objek­tiv gutes Buch gibt es nicht!

Es gibt auch keine echt­en „Schreibregeln“, son­dern nur Empfehlun­gen.

Die Sache ist:

Es kommt immer auf die Ziel­gruppe an!

Wenn du Hor­ror schreib­st und deine Büch­er Leuten anzu­drehen ver­suchst, die lieber idyl­lis­che Geschicht­en lesen, wer­den sie deine Büch­er ver­mut­lich schlecht find­en. Egal, wie gut geschrieben sie sind.

Nichts­destotrotz wage ich mal zu behaupten, dass es dur­chaus Dinge gibt, die sich bei ein­er “Qual­ität­sprü­fung” auf fast jede Geschichte anwen­den lassen. Das bedeutet nicht, dass ich in diesem Artikel alle davon aufzählen kann, aber ich kann zumin­d­est meine per­sön­lichen Erfahrun­gen teilen. Wer Tipps und Ideen hat, die ich hier nicht erwähne, der stelle sie doch bitte unten in den Kom­men­tar­bere­ich, damit auch die anderen etwas davon haben.

Tipp 1: Der rote Faden

Fasse dein Buch in max­i­mal drei Sätzen zusam­men.

Konzen­triere dich nur auf das Wichtig­ste. Wenn es schw­er fällt, hat die Geschichte ver­mut­lich einen schwach her­aus­gear­beit­eten roten Faden!

Ich habe mal mehrere Jahre an ein­er Geschichte gear­beit­et und als ich sie endlich fer­tiggestellt habe, hat meine Cou­sine mich gefragt, worum es da geht. Ich habe darauf ange­fan­gen, lang und bre­it die Hand­lung nachzuerzählen und kon­nte ein­fach nicht auf den Punkt kom­men. Weil es keinen Punkt gab. Meine Fig­uren schlit­terten von Sit­u­a­tion zu Sit­u­a­tion, die Pro­tag­o­nistin beobachtete recht pas­siv das Leben ihres Ange­beteten und anson­sten bestand die “Geschichte” nur aus World-Build­ing. Diese Geschichte hat­te kein Ziel, kein wirk­lich­es Haupt­the­ma … keinen roten Faden, eben. Es ging um sehr viele Dinge, aber unterm Strich ging es um nichts.

Tipp 2: Konflikt

Ich galube, ich habe diesen Tipp schon oft gehört, aber so richtig hat er sich erst durch ein Video von Anni­ka Büh­ne­mann in meinem Bewusst­sein ein­genis­tet. Deswe­gen ver­linke ich ihr Video hier. Sie erk­lärt es ein­fach so schön.

Und zwar emp­fiehlt sie, sich bei jed­er Szene zu fra­gen:

Was ist der Kon­flikt bei dieser konkreten Szene?

In Annikas Video geht es um die Erzeu­gung von Span­nung. Und sie hat völ­lig recht. Denn wenn alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, ist eine Szene nicht son­der­lich inter­es­sant. Sie ist monot­on. Nichts gegen Ver­schnauf­pausen im Plot, aber es sind in der Regel Kon­flik­te, die einen zum Weit­er­lesen antreiben. Denn bei einem Kon­flikt wollen wir wis­sen, wie er aus­ge­ht. Und ide­al­er­weise ist eine einzige Szene in einem Roman selb­st eine kleine Geschichte in sich mit Kon­flikt und Auflö­sung.

Tipp 3: Relevanz

Frage dich bei jed­er Szene, jedem Absatz, jedem Satz etc.:

Ist der Inhalt wirk­lich rel­e­vant? Würde sich etwas ändern, wenn Du diesen Abschnitt löschst?

Zu viel Irrel­e­vantes kön­nte näm­lich bedeuten, dass du zu viel “schwafelst”. Schmück­endes Bei­w­erk hier und da ist zwar schön, aber ab einem gewis­sen Punkt ist das ein­fach nur leblos­er Filler-Con­tent: Pas­sagen, an denen deine Geschichte still­ste­ht.

Deswe­gen: Kill your dar­lings! Egal, wie begeis­tert Du selb­st von ein­er Pas­sage bist — wenn sie fak­tisch nichts zur Geschichte beiträgt, gehört sie gelöscht.

Tipp 4: Distanz

Lass Dein Buch eine Weile liegen und lies es, wenn genug zeitliche Dis­tanz da ist:

Muss man sich zwin­gen weit­erzule­sen oder kann man kaum aufhören, obwohl man weiß, wie es weit­erge­ht?

Durch zeitliche Dis­tanz schaffst Du eben “Dis­tanz” zu deinem Werk und hast einen klar­eren Blick darauf. Du weißt nicht mehr jeden Satz auswendig, Du hast ein paar Details vergessen und Du hängst nicht mehr an irgendwelchen Kleinigkeit­en, dir Dir beim Schreiben vielle­icht wichtig waren. Deine Sicht auf Deine eigene Geschichte ist nun ein biss­chen näher an der Wahrnehmung Dein­er Leser.

Tipp 5: Lesefluss

Lies das Buch oder einzelne Textstellen Dir selb­st laut vor:

Da, wo man stockt, sind die Stellen, die stilis­tisch über­ar­beit­et gehören.

Es ist eine Sache, wenn der Blick schnell über die Zeilen huscht, aber es ist eine andere Sache, wenn die Zunge nicht mit­macht. Hol­prige For­mulierun­gen, uner­wün­schte Allit­er­a­tio­nen, zu kom­plexe Satzstruk­turen usw. wer­den somit kör­per­lich spür­bar.

Tipp 6: Stimmung

Wir alle stolpern gele­gentlich über Geschicht­en, in denen zwar etwas passiert, die sich aber trotz­dem monot­on anfühlen. Wenn immer alles lustig und son­nig ist oder in abso­lut jedem Kapi­tel jemand ums Leben kommt, dann stumpft man ab. Was wir also brauchen, ist ein Auf und Ab der Gefüh­le.

Als Autor kann man natür­lich nur schlecht ein­schätzen, an welchen Stellen der Leser welche Gefüh­le empfind­et, aber durch das Buch Der Best­seller-Code bin ich auf die Idee gekom­men, die Stim­mung in meinen Geschicht­en Szene für Szene zu doku­men­tieren und einen Hand­lungs­graphen zu zeich­nen.

Hier zum Beispiel der Graph zu mein­er Fan­fic­tion Porce­lain Dust, die ich für das Ausar­beit­en dieser Meth­ode als “Ver­such­skan­inchen” miss­braucht habe:

Ist Dein Buch gut? - 7 Tipps, um das eigene Buch selbst einzuschätzen

Die durch die kleinen Striche abge­tren­nten Abschnitte sind die einzel­nen Kapi­tel in chro­nol­o­gis­ch­er Rei­hen­folge, die Punk­te repräsen­tieren einzelne Szenen. Auf welch­er Höhe die einzel­nen Punk­te einge­tra­gen sind, hängt von der Stim­mung der jew­eili­gen Szene ab. “100 %” bedeutet dabei “höch­stes Glück” und “-100 %” ste­ht für “Katas­tro­phe”. Die orange­far­bene Lin­ie stellt die Durch­schnittswerte der einzel­nen Szenen dar, damit der all­ge­meine Trend etwas erkennbar­er wird.

Diese Wellen — vor allem, was mit ihnen in Der Best­seller-Code gemacht wird — ver­di­enen eigentlich ein Video für sich. Deswe­gen an dieser Stelle nur knapp und all­ge­mein:

Ide­al­er­weise sollte ein Graph regelmäßige Wellen haben, ein Auf und Ab der Gefüh­le.

Durch die visuelle Darstel­lung hat man als Autor einen ungetrübteren Blick auf den Gefühlsrhyth­mus und kann qua­si aus “Vogelper­spek­tive” schauen, wo die Stim­mung noch etwas zu flach ist. So sind bei mir zum Beispiel das zweite und das dritte Kapi­tel etwas zu ereignis­los.

Tipp 7: Sinn

Stelle Dir grundle­gende Fra­gen zu deinem Buch:

Warum sollte jemand Dein Buch lesen? Für wen ist dieses Buch bes­timmt? Welchen Mehrw­ert bzw. Nutzen hat Dein Buch für Dein Zielpub­likum?

Wie anfangs bere­its gesagt, kommt es immer auf die Ziel­gruppe an. Ein Buch, das ver­sucht, allen zu gefall­en, gefällt im End­ef­fekt oft nie­man­dem. Denn unter­schiedliche Ziel­grup­pen haben unter­schiedliche Bedürfnisse, die man nicht alle mit ein und dem­sel­ben Buch befriedi­gen kann.

Wenn man seine Ziel­gruppe und den Nutzen für diese Ziel­gruppe nicht konkret benen­nen kann, sollte man aufhorchen. Denn es kann bedeuten, dass eine Geschichte keinen Schw­er­punkt hat, kein Ziel und keinen Sinn. Solche Büch­er hin­ter­lassen beim Leser einen komis­chen Nachgeschmack: Man weiß nicht, was man da gele­sen hat, warum und was man davon hal­ten soll.

Natür­lich kann es auch sein, dass man ein­fach noch nicht begrif­f­en hat, für wen man schreibt. Da hil­ft nur Nach­denken und Ver­gle­ichen mit anderen Büch­ern und deren Ziel­grup­pen. Und außer­dem:

Oft — nicht immer — schreibt man intu­itiv für Leute, die einem zumin­d­est in einem bes­timmten Punkt ähn­lich sind.

Man kann die Suche nach sein­er Ziel­gruppe also mit der Frage begin­nen, warum man selb­st das Buch über­haupt schreibt bzw. geschrieben hat.

Schlussbemerkung

Natür­lich gibt es noch viel mehr Meth­o­d­en, etwas Objek­tiv­ität in die eigene Autoren­wahrnehmung zu brin­gen. Was ich aufgezählt habe, waren nur die Punk­te, die mir selb­st dazu einge­fall­en sind und die ich bewusst ein­set­ze — oder es zumin­d­est ver­suche.

Daher wie am Anfang gesagt: Wenn ihr weit­ere Ideen und Tipps habt, teilt sie doch unten in den Kom­mentaren, damit wir alle etwas davon haben.

4 Kommentare

  1. Hal­lo zusam­men,

    vor weni­gen Wochen habe ich meinen ersten Kri­mi geschrieben und diversen Ver­legern vorgelegt. Alle haben sich pos­i­tiv über das Buch geäußert. Lei­der waren es nur “Bezahlver­lage”! Mein Nach­bar hat es gele­sen und mir gesagt, dass er die let­zten 200 Seit­en (!) in einem gele­sen hat, weil es so span­nend war. Das Buch wurde von mir mehrmals hin­sichtlich der o.g. Kri­te­rien bear­beit­et und ich kann es heute kaum glauben, dass es wirk­lich von mir ist! Ich bräuchte noch weit­ere Mei­n­un­gen, aber in meinem Bekan­ntenkreis ließt lei­der nie­mand!

    Theo Houf
    1. Wenn Du mit “Bezahlver­la­gen” Druck­kosten­zuschussver­lage meinst, dann Vor­sicht: Keine Ahnung, wie Dein Manuskript ist, aber oft schmieren solche Ver­lage auch bei schlecht­en Manuskripten den Autoren Honig ums Maul, nur damit sie einen Ver­trag abschließen und der Ver­lag Geld kassieren darf.
      Wenn Du zuver­läs­sigere Rück­mel­dun­gen brauchst: Hast Du Dich schon in Autoren­com­mu­ni­tys umge­se­hen? Und hast Du Dein Manuskript auch schon mal lek­to­ri­eren lassen? Ein Lek­torat muss es ja so oder so geben und Lek­toren haben einen pro­fes­sionellen Blick.

  2. Ich bin 13 und schreibe ger­ade ein Buch

    Würdet ihr das lesen? Es soll für ca. 10+ sein.

    Das Mäd­chen Lara wohnt mit vie­len Tieren gemein­sam Wald. Als eines Tages ein großer Brand aus­bricht, ver­lässt sie ihr Zuhause und die Tiere. Nun ist ihr Ziel, ihren besten Fre­und Schwung, einen Fuchs wiederzufind­en und lernt auf ihrer Reise viele neue Fre­unde ken­nen. Wer­den sie es gemein­sam schaf­fen, den Rat des Waldes, welch­er Lara schon immer töten will, zu besiegen, und Laras Fre­unde wiederzufind­en?

    Pinus Nigra

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