Ironie, Hyperbel, Litotes, Sar­kasmus

Ironie, Hyperbel, Litotes, Sar­kasmus

Mit rhe­to­ri­schen Stil­mit­teln schreibt man schö­nere Texte. Und davon gibt es sehr viele. In diesem Artikel werden vier dieser Stil­mittel, näm­lich Ironie, Hyperbel, Litotes und Sar­kasmus, mit­hilfe von Bei­spielen defi­niert.

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Bereits im letzten Artikel haben wir ange­spro­chen, dass es unter den rhe­to­ri­schen Figuren die soge­nannten Tropen gibt. Die bekann­testen davon sind: die Meta­pher, die Ironie, die Met­onymie und die Syn­ek­doche.

Über die Meta­pher haben wir schon im letzten Artikel gespro­chen, also gehen wir nun weiter zur Ironie und den Stil­fi­guren, die ihr ähn­lich sind: der Hyperbel, der Litotes und dem Sar­kasmus.

Die Ironie

Bei den Tropen gene­rell geht es ja darum, dass man etwas anderes sagt als man meint. Bei der Ironie im Spe­zi­ellen sagt man das Gegen­teil von dem, was man meint. Dabei wird natür­lich vor­aus­ge­setzt, dass der Sender (der Autor) und der Emp­fänger (der Leser) einen glei­chen Wis­sens­stand haben. Wenn ein glei­cher Wis­sens­stand nicht garan­tiert ist, dann muss auf die Ironie durch soge­nannte Iro­nie­si­gnale hin­ge­wiesen werden. Iro­nie­si­gnale sind zum Bei­spiel:

  • Stimm­füh­rung
  • Mimik
  • Anfüh­rungs­striche
  • etc.

Ein Iro­nie­si­gnal ist alles, was zeigt, dass das Gesagte nicht wört­lich zu nehmen ist. Wenn Sender und Emp­fänger nicht den­selben Wis­sens­stand haben und es dabei auch keine Iro­nie­si­gnale gibt, drohen fürch­ter­liche Miss­ver­ständ­nisse. Dann kann es näm­lich pas­sieren, dass das iro­nisch Gemeinte tat­säch­lich wört­lich genommen wird. Und das ist in man­chen Situa­tionen fatal.

Des­wegen muss Ironie zum Bei­spiel im Jour­na­lismus deut­lich gekenn­zeichnet werden. Es gibt bestimmte Text­gat­tungen wie Glossen, Kolumnen, Kom­men­tare und so weiter, in denen Ironie ver­wendet werden darf. In anderen Text­gat­tungen, zum Bei­spiel im Bericht, ist Ironie strengs­tens ver­boten. Der Leser darf nicht in die Irre geführt werden.

Doch gene­rell, wenn alle Vor­aus­set­zungen für die Ironie erfüllt sind, kann sie, wenn gut gehand­habt, sehr schöne Effekte haben:

  • Humor
  • Her­vor­he­bung bestimmter Aus­sagen
  • Ein­bringen von zusätz­li­chen Bedeu­tungen bzw. Wer­tungen in das Gesagte
  • etc.

Ein Bei­spiel für die Ironie findet sich im his­to­ri­schen Roman Désirée von Anne­marie Selinko. Die Prot­ago­nistin ist Désirée Clary, die erste ver­lobte Napo­leons, und an der fol­genden Text­stelle ist sie bereits die Kron­prin­zessin von Schweden:

„[Polette, Lieb­lings­schwester von Napo­leon:] »[…] Sagen Sie einmal, kleine neue Kron­prin­zessin von Schweden, ist Ihr Adju­tant [von Rosen] dort am Fenster taub­stumm?«
»Nein, nur stumm, Kai­ser­liche Hoheit«, stieß von Rosen wütend hervor.“
Anne­marie Selinko: Désirée, Kapitel: Paris, 16. Dezember 1812.

Bei diesem kleinen Wort­wechsel geht nie­mand ernst­haft davon aus, dass von Rosen taub­stumm oder auch nur stumm ist. Mehr noch, Polette stellt ihre Frage, gerade weil sie davon aus­geht, dass von Rosen eben nicht taub­stumm ist. Von Rosen wie­derum erwi­dert, er sei stumm, aber alleine durch die Tat­sache, dass er redet, ist diese Aus­sage wider­legt.

An dieser Stelle wird also über­haupt nicht wört­lich kom­mu­ni­ziert. Polette will eigent­lich wissen, warum von Rosen sich nicht am Gespräch betei­ligt, und macht es ihm auch gewis­ser­maßen zum Vor­wurf. Von Rosen wie­derum macht deut­lich, dass er sich ers­tens an dem Gespräch gar nicht erst betei­ligen möchte. Zwei­tens sagt er, er sei nur stumm, aber eben nicht taub: Das heißt, er kriegt alles mit, was gesagt wird, unter anderem auch über ihn. Es wird zwar erwähnt, dass er wütend ist, aber dieses Gefühl wird bereits vorher durch seine Ironie gezeigt.

Die Hyperbel

Bei einer Hyperbel schießt man sozu­sagen über das Ziel hinaus. Salopp kann man sagen: Man behauptet mehr als man meint. Man bauscht das Gemeinte auf. Was zustande kommt, ist eine Über­trei­bung, die oft nicht mehr glaub­würdig ist, even­tuell sogar absurd.

Eine Hyperbel kann eine humo­ris­ti­sche Wir­kung haben oder auch die emo­tio­nale Inten­sität ver­stärken, je nach Kon­text. Aller­dings gibt es auch Hyper­beln, die in der All­tags­sprache so viel benutzt werden, dass sie nicht mehr beson­ders prä­gnant wirken. Aus­drücke wie:

  • tod­müde
  • Meer aus Tränen
  • Bären­hunger
  • schnell wie der Blitz
  • und so weiter und so fort …

Solche Aus­drücke sind schlicht und ergrei­fend abge­nutzt. Des­wegen sind sie mit Vor­sicht zu genießen, wenn man sein Publikum nicht lang­weilen möchte.

Auch zur Hyperbel habe ich ein Bei­spiel:

„Pastor Ruh­lands Gehör hatte noch in keiner Weise nach­ge­lassen. Seine Bauern behaup­teten, in der Kirche höre er die Flöhe husten […]“
Else Hueck-Dehio: Tipsys son­der­liche Lie­bes­ge­schichte.

Hier wird natür­lich maßlos über­trieben. Kein Mensch der Welt kann Flöhe husten hören, wenn Flöhe denn über­haupt husten können. Hier reicht die Hyperbel ins Absurde und macht die Lek­türe deut­lich unter­halt­samer.

Die Litotes

Das Gegen­teil der Hyperbel ist die Unter­trei­bung, zum Bei­spiel in Form einer Litotes. Hier geht es vor allem um Ein­fach­heit, Spar­sam­keit und Zurück­hal­tung: Man behauptet sozu­sagen weniger als man meint. Das kann auf unter­schied­liche Weise pas­sieren. Hier einige Bei­spiele:

  • Beja­hung durch dop­pelte Ver­nei­nung: „nicht ohne Witz“
  • Ver­nei­nung des Gegen­teils: „nicht unüb­lich“
  • Umkeh­rung der Ver­klei­ne­rungs­form: „hüb­sches Sümm­chen“ (bei einer großen Summe)

Was die Litotes bewirken kann, ist zum Bei­spiel eine Art Humor, beson­ders tro­ckener Humor. Die Litotes kann auch einen realen Sach­ver­halt sowohl abschwä­chen als auch beson­ders her­vor­heben, im Sinne von: Wenn man etwas so auf­fällig abschwächt, lenkt man Auf­merk­sam­keit darauf. Oder auch: Wenn man, zum Bei­spiel, kri­ti­siert, kann man mit der Litotes die eigent­liche Aus­sage abschwä­chen und sich damit höf­li­cher aus­drü­cken.

Bei­spiele für die Litotes findet man unter anderem in Stolz und Vor­ur­teil von Jane Austen. Hier ist die Reak­tion der Prot­ago­nistin auf den ersten Hei­rats­an­trag von Darcy:

„In spite of her deeply-rooted dis­like, she could not be insen­sible to the com­pli­ment of such a man’s affec­tion, and though her inten­tions did not vary for an instant, she was at first sorry for the pain he was to receive […]“
„Trotz ihrer tief ver­wur­zelten Abnei­gung konnte sie nicht gefühllos sein gegen­über der Schmei­chelei der Liebe eines sol­chen Mannes, und obwohl ihre Absichten nicht für einen Augen­blick schwankten, bedau­erte sie zunächst den Schmerz, den er bekommen würde […]“
Jane Austen: Pride and Pre­ju­dice, Chapter 34.

„[S]he could not be insen­sible“ bzw. „sie konnte nicht gefühllos sein“ bedeutet hier, dass der Hei­rats­an­trag von Darcy in ihr durchaus Gefühle aus­löst. Hier natür­lich zunächst das Gefühl des Geschmei­chelts­eins. Und obwohl sie ihn eigent­lich nicht leiden kann, tut es ihr durchaus leid, seinen Hei­rats­an­trag abzu­lehnen. Diese Stelle steht also durchaus ein wenig im Wider­spruch zu der abfäl­ligen Art, wie die Prot­ago­nistin sonst von ihm redet. Sie kann ihn zwar nicht leiden, aber diese Abnei­gung ist in Wirk­lich­keit nicht hun­dert­pro­zentig.

Der Sar­kasmus

Sar­kasmus bedeutet, dass man jemanden mit bei­ßendem Spott zer­fleischt. Man macht jemanden bewusst lächer­lich. Man demü­tigt jemanden.

Dabei kommen beim Sar­kasmus andere rhe­to­ri­sche Mittel zum Ein­satz. Zum Bei­spiel kann der Sar­kasmus sowohl in Form einer direkten Aus­sage als auch als Ironie vor­kommen. Und tat­säch­lich wird Sar­kasmus nicht durch etwas For­melles defi­niert, son­dern durch seine ver­nich­tende Absicht. Denn Sar­kasmus ist vor allem ein starker ver­baler Angriff, der für das Opfer in der Regel sehr ver­let­zend ist. Für andere hin­gegen kann Sar­kasmus lustig sein.

Hier ein paar Bei­spiele anhand eines sehr schlechten „Deine Mutter“-Witzes:

  • Ein­fache Belei­di­gung: „Deine Mutter ist fett.“
  • Sar­kasmus mit:
    Ironie: „Sag mal, leidet deine Mutter an Mager­sucht?“
    Hyperbel: „Deine Mutter ist so fett, sie hat eine eigene Post­leit­zahl.“
    Litotes: „Also die schlan­keste Frau der Welt ist deine Mutter nicht.“

Fest­zu­halten bleibt also: Sar­kasmus kann in den unter­schied­lichsten Varia­tionen vor­kommen.

Abschlie­ßende Worte zu Ironie, Hyperbel, Litotes und Sar­kasmus

Es ist sicher­lich bereits längst auf­ge­fallen, dass die Über­gänge zwi­schen diesen rhe­to­ri­schen Stil­mit­teln oft sehr schwammig sind. Wie andere Stil­mittel auch, treten Ironie, Hyperbel, Litotes und Sar­kasmus oft in Kom­bi­na­tionen auf.

Außerdem ist beim Ein­satz dieser Stil­mittel, wie in so vielen anderen Situa­tionen, auch Vor­sicht geboten: Der Grat zwi­schen gut (ori­gi­nell, lustig) und lächer­lich ist extrem schmal. Man braucht sehr viel Übung und Talent, um diese Stil­mittel gekonnt ein­zu­setzen.

2 Kommentare

  1. litotes unter­trei­bung (under­state­ment)
    sollte man viel­leicht mal, unter umständen, ein biss­chen über­ar­beiten 🙂

    gene­rell wird hier der litotes erläu­tert, den unter­punkt „unter­trei­bung“ dar­unter sollte man löschen“ und dann kann man den haupt­punkt „unter­trei­bung“ als tat­säch­li­chen gegen­teil zur hyperbel auf­führen, denn der litotes ist nicht das gegen­teil zur hyperbel.

    Chris
    1. Der Unter­punkt „Unter­trei­bung“ ist in der Tat miss­ver­ständ­lich for­mu­liert, weil man da schnell an „Under­state­ment“ denkt. Das Bei­spiel selbst würde ich aber sehr wohl noch als Litotes ansehen, weil „hüb­sches Sümm­chen“ ja so viel bedeutet wie „große kleine Summe“, also im Grunde eine weniger offen­sicht­liche Verneinung/Umkehrung des Gegen­teils dar­stellt. Ich habe den Punkt also umfor­mu­liert.
      Dass nicht die Litotes das Gegen­teil der Hyperbel ist, son­dern das Understatement/die Unter­trei­bung, stimmt absolut. Ich habe den Satz para­phra­siert.
      Danke für den Hin­weis!

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