Klimax, Anti­klimax, Asyn­deton, Poly­syn­deton

Klimax, Anti­klimax, Asyn­deton, Poly­syn­deton

Seinen Schreib­stil ver­bes­sert man unter anderem durch rhe­to­ri­sche Stil­mittel. In diesem Artikel geht es um stil­volles Auf­zählen mit­tels Klimax, Anti­klimax, Asyn­deton, Mono­syn­deton und Poly­syn­deton. – Und Bei­spiele dürfen bei einer ver­ständ­li­chen Erklä­rung natür­lich auch nicht fehlen.

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Es gibt ein sehr bekanntes Zitat von Gaius Julius Caesar:

„Ich kam, ich sah, ich siegte!“

Das ist natür­lich erstmal eine Auf­zäh­lung von Tätig­keiten. Aber ist es nicht auch ein Asyn­deton? Und eine Klimax?

Wenn Du bei diesen Begriffen Fra­ge­zei­chen im Kopf hast, dann bist Du hier genau richtig.

Rhe­to­ri­sche Stil­mittel und Auf­zäh­lungen

In den ver­gan­genen drei Teilen dieser Reihe haben wir über die Stil­mittel der Wie­der­ho­lung gespro­chen. In diesem Teil jedoch machen wir ein neues Fass auf und reden über Stil­mittel, in denen irgend­etwas auf­ge­zählt wird.

Auf­zäh­lungen haben zum Bei­spiel den Effekt,

  • dass sie die Unzähl­bar­keit von etwas her­vor­heben, indem viele Details anein­an­der­ge­reiht werden.
  • Ferner können die auf­ge­zählten Begriffe auch logi­sche Ketten bilden
  • und man kann mit Auf­zäh­lungen auch Span­nung und Dynamik erzeugen.

Das nur als ein paar Bei­spiele. Denn das was eine bestimmte Auf­zäh­lung kon­kret macht, hängt natür­lich vom Ein­zel­fall ab.

Auf­zäh­lungen und Syn­dese

Grund­sätz­lich kann man aber sagen, dass Auf­zäh­lungen auf drei­erlei Weise pas­sieren können:

  • Asyn­deton: Auf­zäh­lung ohne Kon­junk­tionen (Bin­de­wörter)

    „Einig­keit, Recht, Frei­heit“

  • Mono­syn­deton: Auf­zäh­lung mit einer Kon­junk­tion

    „Einig­keit, Recht und Frei­heit“

  • Poly­syn­deton: Auf­zäh­lung mit einer mehr­mals ver­wen­deten Kon­junk­tion

    „Einig­keit und Recht und Frei­heit“
    (deut­sche Natio­nal­hymne)

Wie Du sicher­lich merkst, kann das Ein­bauen oder Weg­lassen von Kon­junk­tionen einen sehr starken Ein­fluss darauf haben, wie eine Auf­zäh­lung von glei­chen Begriffen auf einen wirkt.

Um auch ein Bei­spiel aus einem Roman anzu­bringen, hier ein Zitat aus Im Westen nichts Neues:

„Dann aber fühle ich die Lippen der Schmalen, Dunklen und dränge mich ihnen ent­gegen, ich schließe die Augen und möchte alles damit aus­lö­schen, Krieg und Grauen und Gemein­heit, um jung und glück­lich zu erwa­chen; […]“
Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues, Kapitel 7.

Hier haben wir natür­lich erstmal das aus­drucks­starke Poly­syn­deton „Krieg und Grauen und Gemein­heit“. Durch diese Auf­zäh­lung bekommen wir ein Gefühl dafür, was für eine starke emo­tio­nale Last der Prot­ago­nist mit sich trägt.

Aller­dings haben wir in diesem Satz gewis­ser­maßen auch eine asyn­de­ti­sche Kom­bi­na­tion aus zwei Mono­syn­deta. Und zwar haben wir hier eine Auf­zäh­lung von einer Emp­fin­dung und meh­reren Tätig­keiten: Der Prot­ago­nist fühlt die Lippen der Frau, drängt sich ihnen ent­gegen und schließt die Augen. Das sind keine allzu großen Dinge, aber es sind gleich meh­rere. Zumin­dest im Inneren des Prot­ago­nisten geht in dieser Stelle sehr viel vor und das Wort „möchte“ macht daraus end­gültig eine logi­sche Kette: Die Emp­fin­dung löst Tätig­keiten aus und mit diesen Tätig­keiten möchte der Prot­ago­nist etwas ganz Bestimmtes errei­chen. Es ist also eine Auf­zäh­lung von einem Aus­löser, Tätig­keiten und einem gewünschten Ergebnis.

Klimax

Nun können Wörter, Sätze und Aus­drücke auch nicht ein­fach nur hin­ter­ein­ander gereiht werden, son­dern als Klimax auf­treten. Diese ist eine stu­fen­weise Stei­ge­rung vom Kleinsten zum Größten. Oft ist sie drei­gliedrig, aber nicht immer.

Um das Ganze an einem Bei­spiel zu demons­trieren:

„Heute back ich, morgen brau ich,
über­morgen hol ich der Königin ihr Kind […]“
Brüder Grimm: Rum­pel­stilz­chen.

Heute und morgen macht Rum­pel­stilz­chen ganz all­täg­liche Dinge – aber für über­morgen, da plant er etwas ganz und gar nicht All­täg­li­ches.

Manchmal beinhaltet eine Klimax auch eine kleine Geschichte:

„Ich kam, ich sah, ich siegte!“
Gaius Julius Caesar.

Das ist ganz streng genommen eine voll­wer­tige Erzäh­lung (Beschrei­bung einer Zustands­ver­än­de­rung durch eine Erzähl­in­stanz) und gleich­zeitig auch ein Bei­spiel für eine drei­glied­rige Klimax und übri­gens auch für ein Asyn­deton.

Wenn man nun etwas auf­zählt und die ein­zelnen Ele­mente quasi immer größer werden, dann sorgt das natür­lich für eine Ver­stär­kung. Wie man das in einer Geschichte nutzen kann, sehen wir an einem Bei­spiel aus Krabat:

„Der Schweiß bricht ihm aus, er nimmt seine letzte Kraft zusammen. Die Füße gehor­chen ihm nicht. Er kann tun, was er will: er kommt nicht vom Boden weg. Und es schneit und es schneit – und es schneit ihn all­mäh­lich ein …“
Otfried Preußler: Krabat, Kapitel: Am Ende der Reihe.

Hier sorgt die Stei­ge­rung von „schneit“ zu „schneit all­mäh­lich ein“ dafür, dass man vor seinem geis­tigen Auge förm­lich sieht, wie da immer mehr Schnee liegt und die Lage immer ver­zwei­felter wird.

Anti­klimax

Die Anti­klimax ist (wer hätte das gedacht) das Gegen­teil der Klimax, näm­lich eine stu­fen­weise Abschwä­chung von Aus­drü­cken. Man beginnt mit dem Größten, dem Stärksten, dem Wich­tigsten und geht zum Kleinsten. Auch die Anti­klimax ist oft drei­gliedrig, aber – eben­falls – nicht immer.

Ein Bei­spiel:

„Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,
Dok­toren, Magister, Schreiber und Pfaffen […]“
Johann Wolf­gang Goethe: Faust I, V. 366f.

Hier beginnt Faust mit den überaus wich­tigen Dok­toren und Magis­tern und endet den Vers mit den weniger wich­tigen Schrei­bern und Pfaffen.

Wie Du siehst, sorgt eine Anti­klimax für eine Art Zoom-Effekt: Man wird erst auf das Große auf­merksam, schaut genauer hin und sieht das Kleine. Das wirkt im End­ef­fekt (ebenso wie die Klimax) ver­stär­kend - näm­lich dass etwas sozu­sagen bis ins Kleinste wirkt.

Das sieht sehen wir auch an einem Bei­spiel aus Der geheime Garten:

„Sie schoben den Roll­stuhl unter einen Pflau­men­baum, der schnee­weiß in Blüte stand, voller Blüten und sum­mender Bienen. Blü­hende Kirsch­bäume, blü­hende Apfel­bäume mit weißen und röt­li­chen Blüten, manche schon weit offen, wett­ei­ferten mit­ein­ander.“
Frances H. Bur­nett: Der geheime Garten, Kapitel: Ben Wea­ther­staff.

Hier sehen wir zuerst den Pflau­men­baum und dann erst die ein­zelnen Blüten und die Bienen. Wir sehen zuerst die Kirsch­bäume und die Apfel­bäume – und dann erst sehen wir die weißen und röt­li­chen Blüten – und dann schauen wir nochmal genauer hin und sehen, dass manche schon weit offen sind.

Nutze die Stil­mittel!

Im Grunde ist das alles nicht kom­pli­ziert. Aber die Mög­lich­keiten bei den heute bespro­chenen Stil­mit­teln sind trotzdem viel­fältig.

Nutze sie!

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