Serien schreiben: Typen von Serien, Plot, Figuren, Kontinuität

Serien schreiben: Typen von Serien, Plot, Figuren, Kontinuität

Seri­en spie­len auf dem heu­ti­gen Lite­ra­tur­markt eine immer grö­ße­re Rol­le. Die Leser sol­len stär­ker an Geschich­ten gebun­den wer­den und über Jah­re hin­weg mit den Figu­ren mit­fie­bern. Des­we­gen wird Autoren oft gera­ten, Seri­en zu schrei­ben. Doch was muss man dabei beach­ten? Wel­che Arten von Seri­en gibt es? Und wie über­win­det man die Her­aus­for­de­run­gen? – Dar­über spre­chen wir in die­sem Artikel.

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Sie hel­fen, einen fes­ten Leser­stamm auf­zu­bau­en und regel­mä­ßi­ge Ver­käu­fe zu erzie­len, sie prä­gen die Autoren­mar­ke und vor allem: Sie bie­ten viel Raum für kom­ple­xe Geschich­ten, die nicht in ein Ein­zel­buch pas­sen wür­den, oder ein­fach nur Geschich­ten, in die man ger­ne immer wie­der ein­taucht: Buch-Seri­en.

Es gibt vie­le Grün­de, war­um Autoren statt einem lite­ra­ri­schen Ein­zel­kämp­fer ein gan­zes Buch-Geschwa­der her­aus­brin­gen. Vie­le davon sind finan­zi­el­ler Natur, ande­re krea­ti­ver und wie­der­um ande­re sind eine Kom­bi­na­ti­on aus beidem.

Wenn man sich also ent­schließt, eine Buch-Serie zu schrei­ben: Was muss man alles beach­ten? Wel­che Gefah­ren lau­ern? Und was für Arten von Seri­en gibt es überhaupt?

Das bespre­chen wir in die­sem Artikel!

Serien: Breites Typenspektrum

Unter Buch-Seri­en sind im Gro­ßen und Gan­zen zwei Haupt­ten­den­zen erkenn­bar: Ich nen­ne sie epi­so­dische Seri­en und pro­gres­si­ve Seri­en. Es gibt dabei zwei Extrem­punk­te und jede Men­ge Raum dazwischen.

Defi­nie­ren will ich die­se Begrif­fe anhand von kon­kre­ten Beispielen:

  • Am äußers­ten Ende des epi­so­dischen Typs fin­den sich unter ande­rem Kri­mi-Seri­en wie Sher­lock Hol­mes:
    Die­se Seri­en bestehen aus vie­len in sich abge­schlos­se­nen Ein­zel­ge­schich­ten, die in der Regel auch in einer belie­bi­gen Rei­hen­fol­ge gele­sen wer­den können.
  • Zu den epi­so­dische­ren – aber nicht kom­plett epi­so­dischen – Seri­en zählt die Ani­morphs-Rei­he:
    Hier gibt es einen über­grei­fen­den Plot, der sich im Ver­lauf der Serie durch­aus ent­wi­ckelt. Doch jedes ein­zel­ne Buch bil­det eine eige­ne, in sich geschlos­se­ne Geschich­te. Dabei sind vie­le die­ser Ein­zel­ge­schich­ten epi­so­disch, d.h., sie kön­nen weg­ge­las­sen wer­den, ohne dass sich am Gesamt­plot etwas ändert.
  • Auf der pro­gres­si­ve­ren Sei­te des Spek­trums haben wir Har­ry Pot­ter:
    Jedes Buch einer sol­chen Serie erzählt eine eige­ne, in sich geschlos­se­ne Geschich­te mit Anfang, Mit­tel­teil und Schluss. Doch all die Ein­zel­ge­schich­ten bau­en unmit­tel­bar auf­ein­an­der auf und man kann keins der spä­te­ren Bücher lesen, ohne die vor­he­ri­gen gele­sen zu haben.
  • Am äußers­ten Ende des pro­gres­si­ven Typs beob­ach­ten wir Wer­ke wie den Herrn der Rin­ge:
    Die Rei­he ist eine ein­zi­ge durch­gän­gi­ge Geschich­te. Sie lässt sich zwar in ein­zel­ne Arcs auf­tei­len. Die­se sind aber nur Bestand­tei­le des Gesamt­nar­ra­tivs und kön­nen nicht für sich allei­ne stehen.

Wäh­rend in letz­ter Zeit ein Trend mehr zum pro­gres­si­ven Typ zu beob­ach­ten ist, muss man sagen, dass kei­ner die­ser Typen bes­ser oder schlech­ter ist als die ande­ren. Jeder Seri­en­typ hat sei­ne Vor­zü­ge und Nach­tei­le. Wel­cher Typ für eine bestimm­te Geschich­te am bes­ten ist, hängt – wie so oft – von der Geschich­te selbst ab.

Handlungsorientierte und figurenorientierte Serien

Neben der Unter­schei­dung von epi­so­dischen und pro­gres­si­ven Geschich­ten kann man Seri­en auch danach unter­schei­den, ob sie eher hand­lungs- oder figu­ren­ori­en­tiert sind. Die­se Unter­schei­dung ist jedoch nicht spe­zi­fisch für Seri­en: Auch für sich allein ste­hen­de Roma­ne kön­nen ent­we­der stär­ker auf Hand­lung oder das Innen­le­ben der Figu­ren fokus­siert sein.

Außer­dem bin ich auf unter­schied­li­che Ver­wen­dung der Wör­ter „hand­lungs­ori­en­tiert“ und „figu­ren­ori­en­tiert“ gesto­ßen. Des­we­gen hier eine Über­sicht, wie ich die­se Begrif­fe gebrauche:

  • Den Herrn der Rin­ge sehe ich als hand­lungs­ori­en­tiert: Die Figu­ren sind hier über­wie­gend sta­tisch. Die „Guten“ blei­ben „gut“, die „Bösen“ blei­ben „böse“. Ver­gli­chen mit Wer­ken wie dem Lied von Eis und Feu­er machen die Figu­ren bis auf Fro­do kaum eine Ent­wick­lung durch.
  • Auch Sher­lock Hol­mes sehe ich als hand­lungs­ori­en­tier­te Serie, denn hier geht es kei­nes­wegs um die see­li­schen Abgrün­de von Sher­lock Hol­mes oder Dr. Wat­son, son­dern um die Lösung eines Kriminalfalls.
  • Hand­lungs­ori­en­tiert ist auch die Ani­morphs-Rei­he. Doch die Figu­ren wer­den dabei mit kom­ple­xen The­men kon­fron­tiert und müs­sen schwie­ri­ge Ent­schei­dun­gen fäl­len. Obwohl die Bän­de oft epi­so­disch sind, wer­den die Figu­ren ste­tig von ihren Erleb­nis­sen beein­flusst. Des­we­gen ist Ani­morphs deut­lich figu­ren­ori­en­tier­ter als Sher­lock Hol­mes.
  • Auch Wer­ke wie Das Lied von Eis und Feu­er und Har­ry Pot­ter sind sowohl hand­lungs- als auch figu­ren­ori­en­tiert. Die kom­ple­xe, span­nen­de Hand­lung ist unmit­tel­bar mit der Ent­wick­lung der Figu­ren ver­wo­ben. Dabei wür­de ich Das Lied von Eis und Feu­er auf­grund der kom­ple­xe­ren Psy­cho­lo­gie noch­mal als ein Stück­chen figu­ren­ori­en­tier­ter ein­stu­fen als Har­ry Pot­ter.
  • Als sehr figu­ren­ori­en­tier­tes Bei­spiel wür­de ich Krieg und Frie­den anse­hen. Die gro­be äuße­re Hand­lung kann in jedem Geschichts­buch nach­ge­schla­gen wer­den. Die wich­tigs­te Rol­le spie­len eher die inne­ren Wel­ten der Figu­ren, ihre Ent­wick­lung und ihre Bezie­hun­gen zueinander.

Bil­det man nun auf Grund­la­ge der bei­den eben beschrie­be­nen Unter­schei­dun­gen von Seri­en eine X- und eine Y‑Achse, ergibt sich fol­gen­des Bild:

Serien schreiben: Typen von Serien, Plot, Figuren, Kontinuität

Wir sehen also:

Seri­en sind sehr vielfältig.

Wiedererkennungswert

Doch eine Sache haben alle Arten von Seri­en gemeinsam:

Denn eine gute Serie ist immer auch eine Mar­ke. Mit Wiedererkennungswert.

Von Buch zu Buch kann in einer Serie prak­tisch alles wech­seln: Jeder Band kann einen ande­ren Prot­ago­nis­ten haben, einen ande­ren Schau­platz, ein ande­res zen­tra­les The­ma oder auch ein ande­res Gen­re oder Subgenre.

Doch was dabei wich­tig ist:

Es soll­te nicht alles auf ein­mal wech­seln.

  • Die Fand­orin-Kri­mis von Boris Aku­nin sind alle in unter­schied­li­chen Kri­mi-Sub­gen­res geschrie­ben, haben ver­schie­de­ne zen­tra­le The­men und wech­seln­de Schau­plät­ze. Aber der Prot­ago­nist ist immer derselbe.
  • In der Ani­morphs-Rei­he rotie­ren die Prot­ago­nis­ten, aber das Gen­re und der zen­tra­le Kon­flikt blei­ben erhalten.
  • Im Wes­ten nichts Neu­es und sei­ne Fort­set­zung Der Weg zurück haben unter­schied­li­che Prot­ago­nis­ten. Und wäh­rend der ers­te Roman über­wie­gend an der Front des Ers­ten Welt­krie­ges spielt, han­delt sein Nach­fol­ger von der Zeit nach dem Krieg. Doch sie haben bei­de den Ers­ten Welt­krieg und die Trau­ma­ta der Sol­da­ten als zen­tra­les Thema.

Behal­te daher stets im Hin­ter­kopf, was kon­kret Dei­ne Serie aus­macht:

Was sol­len die Leser erwar­ten, wenn sie einen neu­en Band auf­schla­gen? Was ist die Essenz der Serie? Was willst Du mit der Serie erreichen?

Die­se Über­le­gun­gen erleich­tern im Übri­gen auch die Ent­schei­dung, wie epi­so­disch oder pro­gres­siv Dei­ne Serie aus­fal­len sollte …

Episodisch vs. progressiv: Vorteile, Herausforderungen, Tipps

Meis­tens gibt die Geschich­te dabei aber selbst eine Ten­denz in Rich­tung epi­so­disch oder pro­gres­siv vor. Doch für wel­chen Typ Du Dich auch ent­schei­dest, sei Dir stets bewusst, von wel­chen Vor­tei­len Du pro­fi­tierst und wel­che Her­aus­for­de­run­gen Dich erwar­ten. Letz­te­re gibt es gera­de bei pro­gres­si­ven Geschich­ten sehr vie­le – wes­we­gen wir auch über ihre Über­win­dung spre­chen werden.

Episodische Serien

Weil epi­so­dische Seri­en ja aus vie­len kür­ze­ren Ein­zel­ge­schich­ten bestehen, unter­schei­det sich das Plot­ten hier nicht son­der­lich von eigen­stän­di­gen Roma­nen: Denn es sind ja im Prin­zip eigen­stän­di­ge Roma­ne, nur mit den­sel­ben Figu­ren.

Die Eigen­stän­dig­keit der ein­zel­nen Bücher mini­miert auch das Feh­ler­ri­si­ko: Wenn der Prot­ago­nist im zwei­ten Buch plötz­lich eine ande­re Haar­far­be hat als im ers­ten Buch, dann ent­steht ein Kon­flikt, ja. Denn der Prot­ago­nist ist eine Kon­stan­te der Serie. Aber wenn er in jedem Buch ande­re Mit­strei­ter hat, dann sind die Haar­far­ben der Neben­fi­gu­ren in den frü­he­ren Büchern herz­lich egal.

Auf­grund der Eigen­stän­dig­keit fin­det die Ent­wick­lung der wie­der­keh­ren­den Figu­ren auch nur sehr lang­sam im Hin­ter­grund statt oder wird mit jedem neu­en Teil sogar zurück­ge­setzt.

Ein Bei­spiel für Ers­te­res wäre, wenn der Prot­ago­nist in einem Teil z.B. sei­ne Lei­den­schaft für Sei­den­ma­le­rei ent­deckt, die­se aber in den spä­te­ren Büchern kei­ne Rol­le spielt. Dafür ent­deckt der Prot­ago­nist in den spä­te­ren Büchern viel­leicht ande­re krea­ti­ve Hob­bies und wird im Ver­lauf der Serie lang­sam zu einer ins­ge­samt krea­ti­ve­ren Person.

Ein Bei­spiel für Letz­te­res fin­det sich klas­si­scher­wei­se in älte­ren Fern­seh­se­ri­en: So lernt mein Lieb­lings­su­per­held Dark­wing Duck zum Bei­spiel in fast jeder Fol­ge, sein mons­trö­ses Ego zurück­zu­schrau­ben. – Und trotz­dem ist die­ses Ego in jeder neu­en Fol­ge in vol­lem Aus­maß wie­der da.

Eine Alter­na­ti­ve zur lang­sa­men oder immer wie­der zurück­ge­setz­ten Ent­wick­lung ist der Ver­zicht auf wie­der­keh­ren­de Figu­ren:

Im Wes­ten nichts Neu­es und Der Weg zurück sind als Serie sehr epi­so­disch und kön­nen völ­lig getrennt von­ein­an­der gele­sen wer­den. Trotz­dem ist der Plot in bei­den Roma­nen zweit­ran­gig und es geht um das Inne­re der Figu­ren. Die­se wer­den zwi­schen den Büchern jedoch kom­plett aus­ge­wech­selt: Nur der Prot­ago­nist des ers­ten Buches wird im zwei­ten kurz erwähnt. Denn die meis­ten Figu­ren aus Im Wes­ten nichts Neu­es leben in Der Weg zurück schlicht und ergrei­fend nicht mehr.

Die Abge­schlos­sen­heit der ein­zel­nen Roma­ne hat auch den Vor­teil, dass der Leser an jeder belie­bi­gen Stel­le in die Serie ein­stei­gen kann und eine voll­wer­ti­ge Geschich­te bekommt. Und wenn Dir ein Aus­rut­scher pas­siert und ein Buch nicht so gut gelingt, dann ist das inso­fern ver­kraft­bar, als dass Dei­ne Leser sei­ne Exis­tenz eher ver­drän­gen kön­nen als ein schlech­tes Buch in einer pro­gres­si­ven Reihe.

In all den auf­ge­führ­ten Punk­ten schwin­gen jedoch bereits auch die Nach­tei­le mit: Weil kei­ne „gro­ße“, kom­ple­xe Geschich­te erzählt wird und oft auch kei­ne oder nur wenig Cha­rak­ter­ent­wick­lung statt­fin­det, ist das Poten­ti­al für Lang­zeit-Span­nung ten­den­zi­ell gerin­ger als bei pro­gres­si­ven Seri­en. Jeder Teil hat ein run­des Ende und die Leser fra­gen sich nicht fie­ber­haft, wie es wohl wei­ter­geht. Das War­ten auf ein kom­plett neu­es Aben­teu­er ist meis­tens erträg­li­cher als das War­ten auf die Fort­set­zung einer span­nen­den Geschich­te. – Und das wie­der­um hat oft finan­zi­el­le Fol­gen: Denn es ist weni­ger wahr­schein­lich, dass die Leser das nächs­te Buch jetzt und sofort haben wol­len.

Progressive Serien

Pro­gres­si­ve Seri­en hin­ge­gen sind ten­den­zi­ell ren­ta­bler: Hier sind die Geschich­ten oft grö­ßer und kom­ple­xer, das World-Buil­ding mas­si­ver und ver­wo­be­ner, zen­tra­le Hand­lungs­bö­gen zie­hen sich durch meh­re­re Bän­de und hal­ten die Span­nung auf­recht, und die Leser sind deut­lich stär­ker emo­tio­nal an die Serie gebun­den. Das alles kur­belt natür­lich die Ver­käu­fe an. Und des­we­gen wird Autoren, die vom Schrei­ben leben wol­len, oft gera­ten, sol­che Seri­en zu schreiben.

Weil pro­gres­si­ve Seri­en oft aber kom­ple­xer sind als epi­so­dische, sind sie eine Her­aus­for­de­rung der beson­de­ren Art. Beson­ders, wenn es ums Plot­ten geht:

Plot

Wäh­rend bei epi­so­dischen Seri­en nach einem Band erst­mal Schluss ist und dar­auf eine neue Geschich­te anfängt, ist in pro­gres­si­ven Seri­en alles mit­ein­an­der verwoben.

Des­we­gen macht bewuss­tes Plot­ten bei pro­gres­si­ven Seri­en beson­ders viel Sinn.

Ja, unter Autoren gibt es die Plot­ter und die Pantser, zwei grund­ver­schie­de­ne Ansät­ze der Ent­wick­lung von Hand­lung, und bei­de haben ihre Vor- und Nach­tei­le. Doch bei pro­gres­si­ven Seri­en schei­nen die Plot­ter tat­säch­lich bes­ser dran zu sein: Denn wenn Du über meh­re­re Bücher hin­weg die Span­nung erhal­ten und die Figu­ren inter­es­sant gestal­ten möch­test, dann soll­test Du nicht ein­fach ins Blaue hin­ein­schrei­ben, son­dern wis­sen, wohin es mit Dei­ner Geschich­te geht.

Es macht dabei sehr viel Sinn, auf den Gesamt­plot eine Hand­lungs­struk­tur Dei­ner Wahl anzu­wen­den: Ob klas­si­sche Hel­den­rei­se, die Drei-Akte-Struk­tur, das Sie­ben-Punk­te-Sys­tem oder irgend­et­was ande­res – Eine Struk­tur hilft Dir dabei, den Span­nungs­bo­gen zu pla­nen und ein­zu­hal­ten. Ein gutes Bei­spiel dafür ist die Har­ry Pot­ter-Rei­he:

Band 1 und 2 fun­gie­ren eher als Ein­lei­tung und gegen Ende von Band 3 deu­tet eine omi­nö­se Pro­phe­zei­ung an, dass sich im Hin­ter­grund etwas zusam­men­braut. In Band 4 bis 6 kehrt Vol­de­mort zurück und baut sei­ne Macht aus. Band 7 schließ­lich bil­det das gro­ße Finale.

Was Har­ry Pot­ter eben­falls gut hin­be­kommt, ist, dass auch die ein­zel­nen Bän­de eine fes­te Plotstruk­tur haben: Man könn­te sagen, dass jeder Band gewis­ser­ma­ßen eine klei­ne Hel­den­rei­se inner­halb einer gro­ßen Hel­den­rei­se bil­det. – Und das ist der Vor­teil einer gewis­sen Eigen­stän­dig­keit ein­zel­ner Tei­le einer Rei­he: Wäh­rend der Gesamt­plot im Hin­ter­grund vor sich hin plät­schert und über­grei­fen­de Fra­gen und Hand­lungs­strän­ge offen blei­ben, hat jeder Unter­plot einen eige­nen Kon­flikt, meis­tens einen eige­nen Ant­ago­nis­ten und vor allem einen Anfang und ein Ende. – Im Gegen­satz zu extrem pro­gres­si­ven Geschich­ten wie dem Herrn der Rin­ge, wo es nur einen zen­tra­len Kon­flikt und Ant­ago­nis­ten gibt und des­sen zwei­ter Band abrupt mit­ten­drin anfängt und abrupt mit­ten­drin endet.

Den Gesamt­plot in Unter­plots auf­zu­tei­len ist kein Muss, aber für vie­le Geschich­ten sehr emp­feh­lens­wert. Dabei soll­te in jedem Buch immer mehr auf dem Spiel ste­hen:

Wenn Fritz­chen schon im ers­ten Band die Welt ret­tet und es im zwei­ten Buch nur noch um den Schnup­fen sei­nes Kanin­chens geht, dann ist das sehr antiklimaktisch.

Doch gleich­zei­tig soll­te das ers­te Buch der Rei­he sich nicht wie ein Teaser lesen, der gro­ße Ereig­nis­se nur andeu­tet, in dem selbst aber noch nichts Groß­ar­ti­ges pas­siert. Der Leser wird anhand des ers­ten Ban­des ent­schei­den, ob er die Serie wei­ter­ver­fol­gen will oder nicht. Lie­fe­re ihm also ein Erleb­nis, das Appe­tit auf mehr macht!

Figuren

Zusam­men mit dem Plot kön­nen sich natür­lich auch die Figu­ren wei­ter­ent­wi­ckeln. Und je figu­ren­ori­en­tier­ter die Serie, des­to mehr Figu­ren soll­ten sich ent­wi­ckeln. Zumin­dest die Haupt­fi­gu­ren soll­ten sich kon­stant verändern.

Weil die Figu­ren aber ja mit­ein­an­der inter­agie­ren, soll­ten auch ihre Ent­wick­lun­gen zusam­men­hän­gen. Sie soll­ten sich gegen­sei­tig ergän­zen und ein­an­der spie­geln und sich durch ihre Inter­ak­tio­nen ver­än­dern. Des­we­gen soll­test Du das Figu­ren­ge­flecht sorg­fäl­tig kon­stru­ie­ren:

Jede Figur soll­te eine bestimm­te Funk­ti­on für den Plot und das Figu­ren­ge­flecht erfüllen.

Die ein­zel­nen Akteu­re soll­ten ein­zig­ar­tig sein und ein­an­der her­aus­for­dern.

Und idea­ler­wei­se soll­te die Figu­ren­kon­stel­la­ti­on bis zum Ende der Geschich­te inter­es­san­tes Kon­flikt­po­ten­ti­al lie­fern.

Ach­te am bes­ten dar­auf, dass Du die Ent­wick­lung der Figu­ren mit der Struk­tur der Gesamt­hand­lung ver­knüpfst:

Was muss jede ein­zel­ne Figur tun, damit der Ant­ago­nist besiegt wer­den kann? Was kann nur sie zur Hand­lung bei­steu­ern? Wel­che Zwi­schen­schrit­te ihrer Ent­wick­lung durch­läuft sie in den ein­zel­nen Bänden?

Das Figu­ren­ge­flecht wird schnell zu einer sehr kom­ple­xen Ange­le­gen­heit, wenn die ein­zel­nen Akteu­re einer stän­di­gen Ent­wick­lung unter­wor­fen sind. Des­we­gen dürf­ten hand­lungs­ori­en­tier­te pro­gres­si­ve Geschich­ten leich­ter zu schrei­ben sein. – Was aber nicht bedeu­tet, dass hand­lungs­ori­en­tier­te Seri­en schlech­ter sind. Nur viel­leicht etwas bes­ser für Anfänger.

Kontinuität

Die drit­te Her­aus­for­de­rung bei pro­gres­si­ven Seri­en resul­tiert aus ihrer Kom­ple­xi­tät und ihrem World-Building:

Was ist, zum Bei­spiel, wenn Du mit dem World-Buil­ding in einem bereits ver­öf­fent­lich­ten Buch nicht mehr zufrie­den bist und etwas ändern möch­test?

Das pas­siert lei­der häu­fi­ger, als uns allen lieb ist. Selbst die här­tes­ten Plot­ter haben Momen­te, in denen ihre Geschich­te eine unvor­her­ge­se­he­ne Rich­tung ein­schlägt. – Und wenn das pas­siert, wünscht man sich, man könn­te die Zeit zurück­dre­hen und die frü­he­ren Bücher anders schrei­ben. Doch wenn sie bereits ver­öf­fent­licht sind, geht das nur bedingt:

Die ers­te Ver­si­on von Tol­ki­ens Buch Der Hob­bit wur­de bei­spiels­wei­se 1937 ver­öf­fent­licht. Damals hat Gollum sei­nen Ring beim Rät­sel­spiel mit Bil­bo bewusst ein­ge­setzt und Bil­bo hat ihn ehr­lich gewon­nen. Gollum hat ihn dar­auf fried­lich gehen las­sen. Das pass­te natür­lich nicht mehr zur 1954 erschie­ne­nen Fort­set­zung Der Herr der Rin­ge. Also über­ar­bei­te­te Tol­ki­en den Hob­bit und der ursprüng­li­che Ablauf des Rät­sel­spiels wur­de in der Ein­füh­rung im ers­ten Band des Herrn der Rin­ge als Bil­bos Lüge entlarvt.

Ein ande­res pro­mi­nen­tes Bei­spiel fin­det sich in der alten Star Wars-Tri­lo­gie: In Epi­so­de IV sagt Obi-Wan Kenobi, Lukes Vater Ana­kin Sky­wal­ker wäre von Darth Vader getö­tet wor­den. Damals war Star Wars ein eigen­stän­di­ger Film. Als spä­ter aber doch die Fort­set­zung folg­te, stell­te sich her­aus, dass Ana­kin Sky­wal­ker und Darth Vater tat­säch­lich die­sel­be Per­son sind. Als Luke Obi-Wan in Epi­so­de VI mit der Lüge kon­fron­tiert, erklärt Obi-Wan, er habe Luke durch­aus die Wahr­heit gesagt: Der gute Ana­kin sei durch den bösen Darth Vader gestor­ben. Die „Lüge“ in Epi­so­de IV wur­de also zu einer Wahr­heit im über­tra­ge­nen Sinne.

Wenn Du an Dei­ner Geschich­te also nach­träg­lich etwas ändern möch­test, dann musst Du gewis­ser­ma­ßen mogeln:

Hat die Figur, die die zu ändern­de Infor­ma­ti­on gege­ben hat, einen Grund zu lügen? Kann sie sich auch geirrt haben? Wur­de sie getäuscht?

Es gibt jedoch lei­der kein Pau­schal­re­zept, das für jede Geschich­te funk­tio­niert. Du musst über Dei­ne Geschich­te und Dein World-Buil­ding inten­siv nach­den­ken und schau­en, wie die Lüge oder der Irr­tum spe­zi­ell in Dei­ner Geschich­te erklärt wer­den kann.

Ein ande­res Pro­blem, das auf­kom­men kann, sind rei­ne Auf­merk­sam­keits­feh­ler, bei­spiel­wei­se die wech­seln­den Augen­far­ben im Lied von Eis und Feu­er.

Hier kannst Du natür­lich wie bei nach­träg­li­chen Ände­run­gen über­le­gen, wie Du das erklä­ren kannst: Viel­leicht sind die wech­seln­den Augen­far­ben ja eine opti­sche Täu­schung. Doch meis­tens wirst Du wohl ein­fach die Zäh­ne zusam­men­bei­ßen und es cool ertra­gen müs­sen. Denn wir alle machen Fehler.

Es macht jedoch Sinn, sol­chen Feh­lern im Vor­aus ent­ge­gen­zu­wir­ken:

Wenn Du Angst hast, bei klei­nen Details Feh­ler zu machen, dann mache Dir Noti­zen. Lege für Dei­ne Figu­ren Steck­brie­fe an oder zeich­ne sie. Lege Dir Kar­ten, Stadt­plä­ne und Grund­ris­se von Gebäu­den an. Und was Dir sonst noch einfällt.

Das ver­si­chert Dich nicht kom­plett gegen ner­vi­ge Auf­merk­sam­keits­feh­ler, aber es mini­miert das Risiko.

Abschließende Bemerkungen

Im Gro­ßen und Gan­zen muss man festhalten:

Eine Serie zu schrei­ben ist schwer. Vor allem, wenn man noch uner­fah­ren ist.

Und wenn man ein blu­ti­ger Schreib­an­fän­ger ist, soll­te man viel­leicht erst­mal einen abge­schlos­se­nen, eigen­stän­di­gen Roman schaf­fen.

Außer­dem ist es laut mei­nen Recher­chen auch eher schwie­rig, als Anfän­ger mit einer Serie bei einem Ver­lag unter­zu­kom­men: Denn nie­mand kennt Dich, nie­mand weiß, wie sich Dei­ne Bücher ver­kau­fen wer­den und ob die Inves­ti­ti­on sich loh­nen wird.

Des­we­gen macht es Sinn, wenn das ers­te Buch einer Serie auch als eigen­stän­di­ger Roman funk­tio­niert.

So kann man erst­mal aus­pro­bie­ren, ob das Kon­zept, das Set­ting, die Figu­ren und so wei­ter über­haupt funk­tio­nie­ren. Und wenn die Leser mehr wol­len, kannst Du ja immer noch eine Serie dar­aus machen.

Und ganz am Ende habe ich auch noch ein paar Fra­gen an Dich:

  • Was hältst du von mei­nen Beob­ach­tun­gen, mei­nen Recher­che­er­geb­nis­sen und mei­nem Ver­such, Seri­en in eine Art von Modell einzuordnen?
  • Meinst Du, ich kann wei­ter damit arbeiten?
  • Kennst Du bes­se­re Kon­zep­te und Modelle?

Lass es mich bit­te wis­sen! Denn das ist ein inter­es­san­tes The­ma und ich bil­de mich da ger­ne weiter.

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