Schon in der Schule lernen wir verschiedene Erzähler und Stilmittel kennen, wie man eine Geschichte aufbaut … Aber was macht man mit all dieser Theorie? In diesem Artikel erkläre ich die 5 grundlegenden Schritte, die Dir dabei helfen, deine Theoriekenntnisse anzuwenden und dadurch deinen Schreibstil zu verbessern, die richtige Erzählperspektive zu wählen und generell besser schreiben zu lernen.
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Auf dieser Seite geht es viel um Theorie. Aber auch anderswo im Internet findet man Webseiten und Videos, wo es zum Beispiel um immer wiederkehrende Klischees geht. Da drängt sich schnell die Frage auf:
All diese rhetorischen Stilmittel, die erzähltheoretischen Modelle und Analysen von gängigen Klischees … Sie alle sollen einem angeblich helfen, das eigene Schreiben zu verbessern. Man lernt all die Begriffe, man sucht sich Übersichtstabellen zusammen …
Aber was macht man dann damit?
Wie benutzt man dieses theoretische Wissen?
Wie verbessert man damit bewusst seine eigene Schreibkompetenz?
Allgemeine Hinweise zum Verbessern der Schreibkompetenz
Wenn man das eigene Schreiben verbessern möchte, muss man vor allem bedenken, dass das nur möglich ist, wenn man von sich aus die Motivation dazu aufbringt. Es gibt nicht den einen kleinen Trick, um seine Geschichten sofort besser zu machen:
Die Entwicklung und Verbesserung der eigenen Schreibkompetenz ist vor allem ein jahrelanger Prozess, der sehr viel Selbstdisziplin erfordert.
Außerdem muss man bedenken, dass alle Menschen unterschiedlich sind und jeder seine eigene ideale Methode finden muss. Ich kann in dieser Stelle nur zusammenfassen, was mir selbst geholfen hat: Ich schreibe Geschichten seit 2003 und ich habe mich in den Jahren massiv verbessert. Ich sage nicht, dass ich die nächste Literaturnobelpreisträgerin bin, aber mit der einen oder anderen Auszeichnung in der Tasche habe ich Anlass zu meinen, dass meine Geschichten nicht gerade schlecht sind.
Wo das nun geklärt ist, kann es auch losgehen mit …
Schritt 1: Die Theorie verinnerlichen und auf die Werke anderer anwenden
Das heißt vor allem: Schluss mit Schmökern!
Statt Geschichten quasi passiv zu „verschlingen“ sollte man beim Lesen bewusst die eigenen Reaktionen beobachten und erklären.
Hier einige Beispielfragen, die man sich beim Lesen der Werke anderer Autoren stellen kann:
- Warum kann ich die Szene so bildlich vor mir sehen? Welche Stilmittel, Sprache, Perspektive etc. wendet der Autor an, um diesen Effekt zu erzielen?
- Warum kommt diese Wendung in der Geschichte so überraschend? Was hat zum Beispiel die Erzählstruktur damit zu tun?
- Oder auch: Warum lässt mich diese eigentlich doch sehr emotionale Szene völlig kalt? Was hätte der Autor besser machen können?
Solche Fragen helfen einem zu verstehen, wie eine Erzählung funktioniert.
Schritt 2: Die Erkenntnisse aus Schritt 1 bewusst auf die eigenen Werke anwenden
Hier zwei Beispiele für Fragen, die man sich beim Schreiben stellen sollte:
- Ich will, dass diese Stelle besonders spannend wirkt. Mit welchen Mitteln kann ich das erreichen?
- Ich will, dass die Leser starke Empathie für meine Hauptfigur empfinden. Welchen Erzähler wähle ich dafür?
Es geht also ganz einfach darum, auf seine Erfahrungen beim Lesen anderer Autoren zurückzugreifen.
Schritt 3: Die eigenen Werke kritisch korrekturlesen
Beim Lesen des bereits Geschriebenen hat man einen klareren Blick auf die Geschichte. Besonders empfehlenswert ist natürlich, seinen Text mehrmals zu lesen. Dabei mindestens einmal in ausgedruckter Variante, denn beim Lesen des ausgedruckten Textes fällt einem deutlich mehr auf als beim Lesen am Bildschirm.
Beim Korrekturlesen schadet es auch nicht, verschiedene Varianten einzelner Stellen auszuprobieren und zu schauen, was davon am besten passt.
Fragen, die man sich beim Lesen zum Beispiel stellen kann, wären:
- Wie kann ich diesen Sachverhalt noch einfacher erklären?
- Stelle X liest sich holprig. Was kann ich besser machen?
- Wie kann ich die Gefühle von Figur Y besser rüberbringen?
Man steckt also nicht mehr mitten im Schreibgeschehen, sondern betrachtet das bereits Geschriebene aus einer gewissen Distanz und überlegt, was man verbessern könnte.
Schritt 4: Sich mit anderen Autoren vernetzen
Es ist sehr zu empfehlen, sich in einer Schreibcommunity anzumelden, um die eigenen Werke dort kritisieren zu lassen und die Werke anderer selbst zu kritisieren. Es geht also darum, sich gegenseitig beim Schreiben zu helfen.
Nun könnten sich einige fragen: Warum ist das erst Schritt 4?
Nun, meine Erfahrung ist, dass Autoren, die seriöses und wirklich hilfreiches Feedback geben, meistens abgeschreckt werden, wenn die Geschichte nicht ein gewisses Mindestniveau aufweist. Die Geschichte sollte also so geschrieben sein, dass rüberkommt, dass ihr euch durchaus bemüht, euch kontinuierlich zu verbessern. Denn sonst ist den potenziellen Kommentatoren ihre Zeit einfach viel zu schade.
Viele haben auch die Erfahrung gemacht, dass Autoren, die schlecht schreiben, Kritik nicht als hilfreich wahrnehmen, sondern als Angriff. Und den Stress, mit solchen Autoren zu kommunizieren, tut man sich nicht gerne an. Wenn man also seriöses Feedback bekommen möchte, sollte man nicht wie ein solcher infantiler Autor wirken.
Andererseits sollte man selbst es sich aber nicht nehmen lassen, schlechte Geschichten zu lesen und zu kritisieren. Es kann natürlich vorkommen, dass man von einem beleidigten Autor angefaucht wird. Aber gerade durch „Zerlegen“ schlechter Geschichten lernt man besonders viel.
Schritt 5: Die Schritte 1 bis 4 unendlich oft wiederholen
Seine Schreibkompetenzen verbessert man nicht, indem man einfach ein paar Schritte abklappert. Es gibt immer Raum zur Verbesserung. Deswegen gilt:
Das Lernen endet nie.
Durch die ständige Wiederholung und immer mehr Erfahrung wird der Einsatz von Stilmitteln, Techniken, verschiedenen Erzählern etc. immer „automatischer“: Mit der Zeit und zunehmender Übung wird die eigene „schreibtechnische“ Intuition besser. Über viele Dinge muss man dann nicht mehr nachdenken: Sie kommen stattdessen ganz natürlich.
Abschließende Tipps
Zum guten Schluss kann noch noch jedem ans Herz legen, mit Fanfiction anzufangen. Am besten mit Fanfiction zu einem großen Franchise. In diesem Bereich findet man nämlich viele Gleichgesinnte, die ähnliche Interessen haben. Dadurch hat man bessere Chancen, viele Leser anzulocken. Und „viele Leser“ bedeutet: Man bekommt mehr Feedback als in einem kleineren Fandom oder sogar als Autor von originalen Geschichten.
Außerdem sollte man unbedingt lernen, Kritik richtig anzunehmen. Das ist allerdings ein so großes Thema, dass es in einem eigenen Artikel behandelt werden sollte. Deswegen werde ich diesen Punkt an dieser Stelle nicht weiter ausführen.
Nicht zuletzt ist auch sehr zu empfehlen, an Diskussionen teilzunehmen. Dabei lernt man nämlich viele neue Perspektiven kennen. Man kann Erfahrungen und Empfehlungen austauschen und wenn man intelligente Dinge von sich gibt, dann steigert man seinen Bekanntheitsgrad und gewinnt neue Leser.
Fazit
Es gibt sehr viele Mittel, besser schreiben zu lernen. Wer sie nicht nutzt, ist selber schuld. 😛