Jeden November spornt der NaNoWriMo Autoren an, ein ganzes Romanmanuskript in nur einem Monat zu verfassen. Doch auch ohne den NaNoWriMo wünschen sich viele Autoren, ihre Bücher schneller schreiben zu lernen. Was können wir also tun, um unsere Schreibgeschwindigkeit zu steigern?
Die Folien für dieses Video gibt es für Steady-Abonnenten und Kanalmitglieder auf YouTube als PDF zum Download.
Seit 1999 findet jeden November der NaNoWriMo statt. Diese Abkürzung bedeutet „National Novel Writing Month“ und steht für ein Projekt, bei dem die Teilnehmer alles daran setzten, im Zeitraum vom 1. bis zum 30. November einen Roman von 50.000 Wörtern zu schreiben.
Keine leichte Aufgabe. Denn Schreiben braucht Zeit. Und das ist nicht nur während des NaNoWriMo ein Problem: Jeder Autor möchte sein Manuskript irgendwann abschließen, doch dann kommen immer mehr Details hinzu, Hindernisse aus dem Alltagsleben und das Schreiben dauert im Endeffekt länger als ursprünglich vielleicht gedacht.
Lasst uns also überlegen, wie wir unsere Schreibgeschwindigkeit steigern können!
Eine furchtbare Gemeinsamkeit …
Als erstes muss ich etwas gestehen: Ich habe eine furchtbare Eigenschaft, bei der ich mich damit trötste, dass ich sie mit keinem geringeren als George R. R. Martin teile:
Ich schreibe sehr, sehr langsam!
Dementsprechend habe ich mich in all den Jahren, die ich bereits schreibe, viel mit der Frage auseinandergesetzt, wie ich das ändern kann. Und ich hatte auch Phasen, in denen ich durchaus recht schnell geschrieben habe. Ich schreibe also deswegen sehr, sehr langsam, weil ich mich dafür entschieden habe. Und das ist, wie ich finde, ein wichtiger Punkt, der bei Tippsammlungen dieser Art oft zu kurz kommt. Deswegen kommen wir am Ende noch einmal darauf zu sprechen.
Denn erstmal habe ich ein Versprechen einzulösen und ein paar Tipps zum schnelleren Schreiben zu geben.
Tipp 1: Disziplin ist alles
Beginnen wir mit dem Wichtigsten: Selbstdisziplin.
Viele (beginnende) Autoren warten auf „Inspiration“, bevor sie zu schreiben beginnen. Auf ihre „Muse“. Die richtige „Stimmung“. Auch ich habe das jahrelang getan. Bis mir klar wurde, wie unseriös und verantwortungslos das ist. Denn wenn Du willst, dass Dein Buch jemals beendet wird, musst du Deinen Hintern hochhieven und Dich endlich an die Arbeit machen. Denn Dein Buch schreibt sich nicht von selbst – und Du bist der einzige Mensch, der Dein Buch schreiben kann.
Wenn Du Dich nicht regelmäßig hinsetzt und an Deinem Buch arbeitest, tut es niemand!
Tipp 1a: In den Alltag integrieren
Stephen King hat die Regel, dass er ca. 6 Seiten pro Tag schreibt. Jeden. Tag. Natürlich sieht der Alltag von vielen von uns anders aus als der von Stephen King und nicht jeder von uns kann sich so eine Regel leisten, aber es steht jedem frei, diese Regel zu modifizieren:
- Du hast nicht genug Zeit, um jeden Tag 6 Seiten zu schreiben? – Schreibe eine!
- Du kannst nicht jeden Tag schreiben? – Setze Dir ein Pflichtvolumen pro Woche!
Entwickle deine eigene Routine, die zu Dir und Deinem Alltag passt:
- Setze das Schreiben auf Deine To-Do-Liste gleichberechtigt neben andere Alltagspflichten.
- Bestimme Tage und feste Zeiten, wann Du schreibst.
- Setze realistische Deadlines, bis wann du das aktuelle Kapitel beendet haben willst.
Tipp 1b: Autopilot und Rituale
Doch was ist jetzt mit der berühmten „Stimmung“? Wie kommt man schnell in den Schreibfluss?
Nun, wenn Du regelmäßig um dieselbe Uhrzeit aufstehst und um dieselbe Uhrzeit ins Bett gehst, gewöhnst Du Dich daran und wirst irgendwann von selbst zu bestimmten Zeiten wach und wieder müde. Mit dem Schreiben ist es genauso:
Wenn es einen festen Platz in deinem Alltag hat, wenn Du bestimmte Tage und Zeiten fürs Schreiben hast, dann „merkt“ sich Dein Körper diese Regelmäßigkeiten und Du kommst nach einigen Wochen Training zu diesen Zeiten „automatisch“ in „Schreiblaune“.
Es geht also darum, das Schreiben zum „Ritual“ zu machen und damit den „Autopilot“ in unseren Köpfen zu nutzen. Doch auch andere, kleinere „Rituale“ um das Schreiben herum können helfen, schneller in „Schreiblaune“ zu kommen: Man „trainiert“ sein Gehirn, bestimmte Dinge und Tätigkeiten mit dem Schreiben zu assoziieren.
Diese Dinge und Tätigkeiten können sein:
- ein bestimmter Ort, an dem man immer schreibt,
- eine bestimmte Musik, die man dabei immer hört – oder sogar eine Zusammenstellung von vielen Songs, die eine Art Soundtrack für Deine Geschichte bilden,
- ein bestimmtes Getränk,
- vor dem Schreiben immer etwas lesen,
- vor dem Weiterschreiben das Geschriebene der letzten Sitzung korrekturlesen
- … und was euch sonst noch einfällt.
Tipp 1c: Konzentration
All diese Regeln und Rituale nützen aber natürlich herzlich wenig, wenn man in der fürs Schreiben vorgesehenen Zeit etwas völlig Anderes macht. Und im Zeitalter von Internet und Social Media passiert das sehr schnell. – Ich wette sogar, dass Du gerade in diesem Moment, in dem Du diesen Artikel liest, eingentlich schreiben müsstest. 😉
Wie vermeidet man also die Flut von Messages und verlockenden Katzenvideos? – Mit radikalen Maßnahmen:
- Schließe sämtliche Browsertabs und Programme, die nichts mit dem Schreiben zu tun haben.
- Blockiere Notifications von sozialen Medien.
- Stelle evtl. dein Handy auf lautlos.
Und ganz wichtig:
Schalte die Ablenkungen während des Schreibens nicht wieder ein.
Tipp 2: Fehler zulassen
Dieser Tipp ist nicht so umfangreich wie der erste, doch auch seine Befolgung ist essentiell:
Lasse Fehler zu. Perfektion hat im Erstentwurf nichts verloren.
Jeder hat bestimmt schon das ein oder andere Mal eine halbe Stunde über einem einzigen Satz gebrütet. Und damit unendlich viel Arbeitszeit verschwendet. Denn wenn Du lange über einen einzigen Satz nachdenkst, wird er nicht zwangsläufig besser. Oft sogar schlechter. Und für diesen Satz, den Du sowieso noch überarbeiten wirst, hast Du nun 30 Minuten Deiner Lebenszeit weggeworfen.
Behandle einen Erstentwurf als das, was er ist: Ein erster Entwurf, der noch zig Mal überarbeitet wird. Ein Entwurf, der ersteinmal nur da ist, damit überhaupt etwas dasteht. Schreibe einfach Deine Geschichte nieder. Selbst dann, wenn Du das, was Du da fabrizierst, erstmal grausig findest.
- Denn erstens: Am nächsten Tag liest sich der furchtbare Satz vielleicht gar nicht mehr so furchtbar.
- Und zweitens: Wenn der Satz doch furchtbar ist, wirst Du noch genug Gelegenheiten haben, ihn zu überarbeiten.
Und etwas bereits Geschriebenes nachzubessern ist auf jeden Fall einfacher als etwas von Null zu schreiben!
Tipp 3: Informationsmanagement
Damit Du Dich nicht in Sackgassen schreibst, Plotlöcher vermeidest und keine tollen Ideen vergisst, kannst Du von einigen nützlichen Hilfmitteln Gebrauch machen:
Plane Deine Geschichte im Voraus.
So weißt Du immer, wohin es mit Deiner Geschichte hingeht und welche Szene als nächstes geschrieben werden soll. Wie Du das praktisch umsetzt, ist dabei alleine Dir überlassen. Ob Du ganz einfach mit Stichpunkten arbeitest oder einen Kalender erstellst für alles, was in Deiner Geschichte passiert. – Hauptsache Du hast einen Überblick über Story und Plot Deiner Geschichte.
Organisiere Deine Hintergrundinformationen.
Nicht alles, was Du Dir über Deine Figuren und ihre Welt ausdenkst, findet einen Platz in Deiner Geschichte. Trotzdem könnte es sein, dass Du diese Informationen einmal brauchst. Und selbst Informationen, die Du explizit in Deine Geschichte reingebracht hast, solltest Du irgendwo gesondert aufbewahren. Dann musst Du nicht jedes Mal deinen kompletten Text durchsuchen, wenn Du mal wieder vergessen hast, welche Haarfarbe eine Deiner Figuren hat.
Entwickle also ein System, um alle Informationen rund um Deine Figuren und ihre Welt zu speichern. Du kannst Textdateien anlegen, Tabellen, Zeichnungen … Oder Du machst es wie ich und installierst eine MediaWiki auf Deiner Festplatte oder Deinem Webspace: So hast Du eine eigene kleine Wikipedia für Dein Schreibprojekt und kannst ganz schnell und unkompliziert Informationen nachschlagen. Außerdem ist das ein toller Aufbewahrungsort für Info-Dump, der im Geschichtentext nichts verloren hat, aber zu schade zum Löschen ist.
Nutze die technischen Möglichkeiten Deines Schreibprogramms.
Denn einer der Vorteile vom Schreiben am Computer ist, dass Word – aber auch andere Schreibprogramme – zahlreiche tolle Funktionen haben, die da sind, um Dir das Schreiben zu erleichtern.
Ein Beispiel: Du weißt nicht mehr, was Figur X zu Figur Y gesagt hat, nachdem Z passiert ist? Du hast es Dir nirgendwo notiert und Du weißt auch nicht mehr genau, in welchem Kapitel das war? Nun, Du erinnerst Dich doch bestimmt an irgendwelche Schlagworte aus der Szene … Halte die STRG (auf manchen Tastaturen CTRL, cmd-Taste auf dem Mac) gedrückt und drückte gleichzeitig F. Es öffnet sich ein Suchfester, mit dem Du Dein Dokument nach bestimmten Schlagworten durchsuchen kannst. In Word ist sogar eine Ersetzen-Funktion an die Suche gekoppelt, mit der Du z.B. mit nur wenigen Klicks den Namen einer Figur in Deinem gesamten Manuskript ändern kannst.
Schreibprogramme sind nun mal etwas Tolles und das war nur ein Beispiel, was Du mit ihnen anstellen kannst. Und vor allem sparst Du durch Benutzung ihrer Funktionen unheimlich viel Zeit, z.B. wenn Du bestimmte Textstellen wiederfinden willst.
Habe immer etwas zum Schreiben dabei.
Denn bekanntlich kommen einem die besten Ideen immer dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Habe also immer etwas dabei, um sie festzuhalten. Es kann ein physisches Notizbuch sein oder auch eine App auf Deinem Smartphone. Wenn Du Clouddienste nutzt, kannst Du von allen Deinen Geräten auf Deine Notizen oder sogar Deine gesamte Geschichte zugreifen und unterwegs daran arbeiten.
Was willst Du opfern?
Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, den Schreibprozess zu beschleunigen. Wer sie nicht nutzt, ist selber schuld. Es geht letztendlich darum, das Schreiben ernstzunehmen. Es genauso ernstzunehmen wie Du Deinen Brotjob ernstnimmst. Es nicht hintenanzustellen.
Führe Dir selbst vor Augen:
Warum hast Du Dein Buch überhaupt angefangen? Was ist es Dir wert und was bist du bereit dafür zu opfern?
Denn opfern wirst Du müssen. Und das ist der Punkt, an dem Dir vielleicht klar wird, dass Du nicht um jeden Preis mit Autoren mithalten willst, die alle zwei Monate ein neues Buch raushauen.
Denn ein Buch zu schreiben kostet sehr viel Zeit und Energie. Zeit und Energie, die Du für andere wichtige Dinge nicht mehr haben wirst. Was ist Dir also wichtiger? Was immer Du darauf antwortest: Es ist okay. Denn es ist Deine Antwort. Das, was für Dich richtig ist. Achte beim Herausarbeiten Deiner Schreibroutine darauf, dass sie zu Dir passt und mit den anderen wichtigen Dingen in Deinem Leben vereinbar ist.
Schreibe in einem Tempo, das Dir gut tut. Denn wenn Du Dich selbst zerstörst, bekommst Du gar nichts geschrieben.