Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, Konjunktiv, besondere Interpunktionszeichen und Spielereien

Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, Konjunktiv, besondere Interpunktionszeichen und Spielereien

Was zählt als Sub­stan­tiv bzw. Sub­stan­ti­vie­rung und wie wirkt sich das auf die Groß- und Klein­schrei­bung aus? Was zählt als eigen­stän­di­ges Wort und was bedeu­tet das für die Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung? Wie bil­det man Kon­junk­tiv-For­men? Wie kenn­zeich­net man Aus­las­sun­gen? Und wie beein­flus­sen Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung den Schreib­stil? Dar­über reden wir in die­sem Artikel.

Die Foli­en für die­ses Video gibt es für Ste­ady-Abon­nen­ten und Kanal­mitglieder auf You­Tube als PDF zum Download.

Recht­schrei­bung, Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung sind von den Grund­re­geln her eigent­lich ein­fach – wenn da nur nicht die gan­zen Nuan­cen wären. Des­we­gen habe ich die­se Rei­he zu häu­fi­gen Feh­lern und Schreib­stil-Tipps ange­fan­gen. Die­ser Arti­kel ist der drit­te Teil der Rei­he und das sind die heu­ti­gen Themen:

Groß- und Kleinschreibung

Jeder, der schon mal eine Grund­schu­le von innen gese­hen hat, soll­te wis­sen, dass man Sub­stan­ti­ve, Sub­stan­ti­vie­run­gen, Satz­an­fän­ge und Namen groß schreibt. Im Rah­men die­ser Rei­he wol­len wir uns aber mit kom­pli­zier­te­ren Fäl­len befas­sen, die in Bezug auf die Groß- und Klein­schrei­bung für die meis­ten Pro­ble­me sorgen.

Pronomen

Grund­sätz­lich schreibt man Pro­no­men klein. - Es sei denn, es han­delt sich um moder­ne oder bestimm­te älte­re Höf­lich­keits­an­re­den und Titel.

Soll hei­ßen:

  • Klein schreibt man das „sie“ in:

In der Pau­se gönnte sie (Lies­chen) sich einen Kuchen. (3. Per­son Singular)

In der Pau­se gönnten sie (Lies­chen und Fritz­chen) sich einen Kuchen. (3. Per­son Plural)

  • Groß schreibt man hingegen:

Gönnen Sie sich doch einen Kuchen! (Höf­lich­keits­an­re­de in der 3. Per­son Plural)

In der Pau­se gönnten Sie (der/​die Angesprochene/​n) sich einen Kuchen. – Ich hab’s genau gese­hen! (Höf­lich­keits­an­re­de in der 3. Per­son Plural)

  • Groß schreibt man außerdem:

Neh­me Er sich einen Kuchen! (his­to­ri­sche Höf­lich­keits­an­re­de in der 3. Per­son Singular)

Neh­me Sie sich einen Kuchen! (his­to­ri­sche Höf­lich­keits­an­re­de in der 3. Per­son Singular)

Möch­tet Ihr einen Kuchen, gnä­di­ge Dame? (his­to­ri­sche Höf­lich­keits­an­re­de in der 2. Per­son Plural)

Der Kuchen ist ein Geschenk von Sei­ner Majes­tät. (Pos­ses­siv­pro­no­men mit Titel)

Die ver­trau­li­chen Anre­de­pro­no­men „du“ und „ihr“ sowie die dazu­ge­hö­ri­gen Pos­ses­siv­pro­no­men „dein“ und „euer“ schreibt man gene­rell klein, aber in Brie­fen ist auch die Groß­schrei­bung erlaubt.

Substantivierungen, Wörter, die als Substantive gebraucht werden, und Tageszeiten

Zu Schwie­rig­kei­ten kommt es oft auch bei Sub­stan­ti­vie­run­gen, obwohl sie auf den ers­ten Blick viel­leicht nicht kom­pli­ziert anmuten:

  • Dass Wör­ter wie „das Gute“, „das Schrei­ben“, „die Eins“ etc. groß geschrie­ben wer­den, dürf­te klar sein.
  • Auch dür­fest Du längst wis­sen, dass die Wört­chen „alles“, „etwas“, „nichts“, „viel“ und „wenig“ häu­fig auf eine Sub­stan­ti­vie­rung und somit auf eine Groß­schrei­bung hin­wei­sen:

alles Lie­be, etwas Schö­nes, nichts Sinn­vol­les

  • Und dass es Wör­ter gibt, die nicht wirk­lich Sub­stan­ti­vie­run­gen sind, aber den­noch als Sub­stan­ti­ve gebraucht wer­den, dürf­te Dir auch schon auf­ge­fal­len sein:

Fritz­chen lebt im Hier und Jetzt.

Es zählt nicht nur das Was, son­dern auch das Wie.

Pro­ble­me gibt es aller­dings ger­ne bei Adjek­ti­ven, denn ein Arti­kel allein ist kein zwangs­läu­fi­ger Indi­ka­tor für eine Sub­stan­ti­vie­rung. Ver­glei­che:

Die Frei­wil­li­gen mel­de­ten sich. Lies­chen war die ers­te.

Lies­chen war die Ers­te unter den Freiwilligen.

Im ers­ten Bei­spiel ist gemeint, dass Lies­chen die ers­te Frei­wil­li­ge ist, nur woll­te man das Sub­stan­tiv „Frei­wil­li­ge“ nicht wie­der­ho­len und ließ es ein­fach weg. Übrig blieb das klein­ge­schrie­be­ne Adjektiv.

Im zwei­ten Bei­spiel ist „die Ers­te“ aber durch­aus eine Sub­stan­ti­vie­rung, weil es allei­ne für sich steht und eben kein weg­ge­las­se­nes Sub­stan­tiv hin­zu­ge­dacht wird. Ver­glei­che noch einmal:

Lies­chen war die ers­te Frei­wil­li­ge. (Ist richtig!)

Lies­chen war die ers­te Frei­wil­li­ge unter den Frei­wil­li­gen. (Ist Unsinn!)

Der zwei­te Satz ist gren­zen­los blöd. Eben weil „die Ers­te“ hier ohne „Frei­wil­li­ge“ exis­tie­ren kann und will.

Schwie­rig­kei­ten berei­ten außer­dem oft die Tages­zei­ten. Mer­ke Dir also, dass Tages­zei­ten­be­zeich­nun­gen, die auf Adver­bi­en fol­gen, als Sub­stan­ti­ve gel­ten. Man schreibt sie also groß:

heu­te Mor­gen, vor­ges­tern Mit­tag, über­mor­gen Abend …

Aus Substantiven entstandene Wörter

Eine eige­ne Kate­go­rie von Gemein­heit bil­den Wör­ter, die frü­her ein­mal Sub­stan­ti­ve waren, es aber nicht mehr sind.

  • Da hät­ten wir zum Bei­spiel Sub­stan­ti­ve, die zu Adver­bi­en mutiert sind:

Fritz­chen tanz­te ger­ne mit­ten im Wald, meis­tens abends.

  • Oder zu Adjek­ti­ven:

Du bist schuld, Fritz­chen!

  • Oder zu Prä­po­si­tio­nen:

Fritz­chen bewäl­tig­te die Auf­ga­be dank sei­ner guten Arbeitsmoral.

Auch unbe­stimm­te Pro­no­men und Zahl­wör­ter schreibt man klein, bei­spiels­wei­se „man“, „jemand“, „etwas“, „alles“, „ein biss­chen“ und „ein paar“. Doch Vorsicht:

Im Flur liegen ein paar Schu­he.

Im Flur liegt ein Paar Schu­he.

Im ers­ten Bei­spiel­satz han­delt es sich um eini­ge zufäl­lig durch­ein­an­der­ge­wür­fel­te Ein­zel­schu­he. Im zwei­ten Satz hin­ge­gen geht es um ein zusam­men­hän­gen­des Paar, also zwei Schu­he, die zusammengehören.

Entscheidungsfreiheit und Link zum Nachschlagen

Etwas frus­trie­rend, aber harm­los sind Fäl­le, in denen man selbst ent­schei­den darf. Frus­trie­rend, weil man sowohl die Groß- als auch die Klein­schrei­bung kennt und sich nie sicher ist, und harm­los, weil letzt­end­lich bei­des rich­tig ist.

Dazu gehö­ren zum Bei­spiel fes­te Wen­dun­gen aus einer blo­ßen Prä­po­si­ti­on und einem dekli­nier­ten Adjek­tiv:

Lies­chen erkann­te ihn von Wei­tem.

Lies­chen erkann­te ihn von wei­tem.

Fie­ser­wei­se dür­fen sol­che Fäl­le aber nicht mit adver­bia­len Wen­dun­gen mit nicht dekli­nier­ten Adjek­ti­ven ver­wech­selt wer­den, denn die schreibt man immer klein:

Lies­chen erkann­te ihn von fern.

Und noch fie­ser wird es bei Paar­for­meln, mit denen Per­so­nen bezeich­net wer­den. Denn die schreibt man wie­der­um groß, auch wenn sie nicht dekli­niert sind:

Fritz­chens Show war für Jung und Alt.

Nar­ren­frei­heit hast Du aber bei fes­ten adver­bia­len Wen­dun­gen, die sich aus „aufs“ oder „auf das“ sowie einem Super­la­tiv zusam­men­set­zen und eine Fra­ge nach dem Wie beant­wor­ten:

Fritz­chen erschrak aufs Äußers­te. (Groß- oder Klein­schrei­bung: Wie erschrak sich Fritzchen?)

Fritz­chen erschrak aufs äußers­te. (Groß- oder Klein­schrei­bung: Wie erschrak sich Fritzchen?)

Er mach­te sich aufs Schlimms­te gefasst. (Nur Groß­schrei­bung, weil: Wor­auf mach­te sich Fritz­chen gefasst?)

An sich schreibt man Super­la­ti­ve aber klein! Ver­glei­che:

Was Fritz­chen fand das War­ten am schlimms­ten. (Bana­le Stei­ge­rungs­form eines Adjek­tivs: schlimm, schlim­mer, am schlimmsten.)

Ansons­ten bie­ten auch Pos­ses­siv­pro­no­men in Kom­bi­na­ti­on mit dem bestimm­ten Arti­kel Entscheidungsfreiheit:

Jedem das Sei­ne.

Jedem das sei­ne.

Und es gibt noch vie­le wei­te­re Fein­hei­ten, die alle auf­zu­zäh­len den Rah­men die­ses Arti­kels aber defi­ni­tiv spren­gen wür­de. Des­we­gen emp­feh­le ich an die­ser Stel­le einen Blick in den guten, alten Duden, den hof­fent­lich bes­ten Freund eines jeden Autors.

Getrennt- und Zusammenschreibung

Auch die Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung kann im Deut­schen recht fies sein. Die Sache ist, dass man zwi­schen Wort­grup­pen und Zusam­men­set­zun­gen unter­schei­den muss. Und das ist nicht immer einfach.

  • Ganz all­ge­mein kann man aber sagen, dass zusam­men­zu­schrei­ben­de Zusam­men­set­zun­gen in der Regel eine neue Bedeu­tung erge­ben, die die Ein­zel­wör­ter an sich nicht liefern:

Das Baby kann schon sicher gehen. Sei­ne Eltern wol­len sicher­ge­hen, dass es ihm gut geht.

Fritz­chen und Lies­chen sind zur Par­ty zusam­men gekom­men. Letz­te Woche sind sie zusam­men­ge­kom­men.

  • Oft han­delt es sich auch um eine nähe­re Umschrei­bung eines Bestand­teils durch den ande­ren Bestand­teil:

bit­ter­kalt, Wohnhaus

  • Und manch­mal kann einer der Bestand­tei­le auch nicht für sich allei­ne ste­hen:

kund­tun, feilbieten

Gene­rell erkennst Du die Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung oft auch an der Beto­nung: Wenn Du die Ein­zel­wör­ter beim Aus­spre­chen der For­mu­lie­rung gleich stark betonst, dann schreibt man sie wahr­schein­lich getrennt; wenn Du sie irgend­wie zusam­men in einem Wisch aus­sprichst und dabei eins davon beson­ders betonst, dann schreibt man sie wahr­schein­lich zusam­men. Vergleiche:

sicher gehen – sicher­ge­hen

zusammen kommen – zusammen­kom­men

Auch bei die­sem The­ma wer­den wir nicht über alle Nuan­cen spre­chen kön­nen, aber hier das Wich­tigs­te zur Vor­beu­gung der wohl typischs­ten Fehler:

Verben

Grund­sätz­lich schreibt man gleich­ran­gi­ge Ver­ben getrennt, außer es ergibt sich eben eine neue Bedeu­tung:

Fritz­chen woll­te auf sei­nem Stuhl sit­zen blei­ben.

Fritz­chen muss­te in der vier­ten Klas­se sit­zen­blei­ben.

Ver­bin­dun­gen mit „sein“ wer­den aber immer getrennt geschrie­ben, außer es han­delt sich um Sub­stan­ti­vie­run­gen – da setzt die Zusam­men­schrei­bung ein:

da sein, dabei sein

das Dasein, das Dabeisein

Ansons­ten gehen Ver­ben ger­ne Zusam­men­set­zun­gen mit Prä­po­si­tio­nen („auf­fal­len“, „ansteu­ern“), Adver­bi­en („hin­ge­hen“) und aller­lei ande­rem Zeug ein, bei dem nor­ma­ler­wei­se weiß, dass sie zusam­men­ge­schrie­ben werden.

Inter­es­sant wird es aber bei Zusam­men­set­zun­gen mit Adjek­ti­ven, bei denen es vor allem auf deren Eigen­stän­dig­keit ankommt. Man erkennt die­se Eigen­stän­dig­keit vor allem dar­an, dass das Adjek­tiv stei­ger­bar ist. Und wenn es eigen­stän­dig ist, dann ist das eine Wort­grup­pe und man schreibt sie getrennt. Wenn das Adjek­tiv nicht eigen­stän­dig ist, dann ist das eine Zusam­men­set­zung und man schreibt das Gan­ze zusammen.

Lies­chen kann schön reden. (Lies­chen kann schö­ner reden als Fritz­chen.)

Lies­chen kann sich vie­les schön­re­den. (Das Wort „schö­ner­re­den“ gibt es – streng genom­men – nicht!)

Kom­pli­ziert wird es bei Zusam­men­set­zun­gen mit ver­blass­ten Sub­stan­ti­ven. Denn die Sache ist: Es gibt kei­ne rich­ti­gen Regeln dafür, wann ein Sub­stan­tiv als ver­blasst gilt. Dabei ist das gera­de bei der Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung eine wich­ti­ge Fra­ge, denn nor­ma­ler­wei­se gel­ten Kom­bi­na­tio­nen aus Sub­stan­tiv und Verb als Wort­grup­pen und wer­den daher getrennt geschrie­ben. Bei ver­blass­ten Sub­stan­ti­ven gilt jedoch die Zusam­men­schrei­bung. Ver­glei­che:

Schlitt­schuh lau­fen – eislaufen

Schlan­ge ste­hen – kopfstehen

Anteil neh­men – teilnehmen

Im Zwei­fels­fall hilft also nur Nach­schla­gen. Dabei wirst Du fest­stel­len, dass es auch Fäl­le gibt, wo bei­de Schreib­wei­sen mög­lich sind:

acht­ge­ben – Acht geben

maß­hal­ten – Maß halten

Und um all dem die Kro­ne auf­zu­set­zen, musst Du bei sol­chen Ver­bin­dun­gen zwi­schen trenn­ba­ren und untrenn­ba­ren Ver­ben unter­schei­den. Denn untrenn­ba­re Ver­ben wer­den mit dem Sub­stan­tiv immer zusam­men­ge­schrie­ben. Ver­glei­che:

acht­ge­ben (trenn­bar): Ich gebe acht.

maß­hal­ten (trenn­bar): Ich hal­te maß.

hand­ha­ben (untrenn­bar): Ich handhabe.

maß­re­geln (untrenn­bar): Ich maßregle.

Sonstiges und Link zum Nachschlagen

Natür­lich gibt es bei der Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung aber noch wei­te­re Stol­per­fal­len. So tat ich mich zum Bei­spiel lan­ge zeigt mit „gefan­gen neh­men“ schwer, obwohl eine Kom­bi­na­ti­on aus Par­ti­zip und Verb in der Regel getrennt geschrie­ben wird und daher kei­ne Pro­ble­me berei­ten soll­te – „geschenkt bekom­men“ und ande­re ähn­li­che Fäl­le habe ich ja auch meis­tens kor­rekt getrennt geschrieben.

Wenn es um Par­ti­zi­pi­en und Adjek­ti­ve geht, scheint es eigent­lich gene­rell ein­fa­cher zu sein als bei Ver­ben. Denn meis­tens wer­den Zusam­men­set­zun­gen wie „blau­grau“, „jah­re­lang“ und „sagen­um­wo­ben“ völ­lig rich­tig zusam­men­ge­schrie­ben. Eben­so wis­sen die meis­ten intui­tiv, dass man „rie­sig groß“ – im Gegen­satz zu „rie­sen­groß“ – getrennt schreibt.

Holp­rig wird es erst bei adjek­ti­vi­schen Par­ti­zi­pi­en, weil man sich hier am ent­spre­chen­den Infi­ni­tiv ori­en­tie­ren muss:

Das Schlitt­schuh lau­fen­de Mäd­chen … (Infi­ni­tiv: Schlitt­schuh laufen)

Das eis­lau­fen­de Mäd­chen … (Infi­ni­tiv: eislaufen)

Und tückisch wird es auch in wei­te­ren Fäl­len, wo ver­blass­te Sub­stan­ti­ve sonst noch mit­mi­schen. Denn gene­rell schreibt man Kom­bi­na­tio­nen mit einer Prä­po­si­ti­on zusam­men, wenn dar­aus eine neue Prä­po­si­ti­on oder ein Adverb ent­steht. Oft ist aber trotz­dem auch eine Getrennt­schrei­bung mög­lich. Und in ande­ren Fäl­len wie­der­um ist nur Getrennt­schrei­bung erlaubt, weil die Sub­stan­ti­ve offen­bar doch nicht so ver­blasst sind, wie man mei­nen könn­te. Vergleiche:

immer zusam­men: anstatt, zuliebe

bei­des mög­lich: auf­grund – auf Grund, infra­ge stel­len – in Fra­ge stellen

immer getrennt: zu Fuß, zu Ende

Damit emp­feh­le ich auch bei der Getrennt- und Zusam­men­schrei­bung immer einen Blick in den Duden, weil ich eben nicht alle Fein­hei­ten auf­zäh­len kann.

Konjunktiv

Ein wei­te­res Schwie­rig­keits­feld ist der Kon­junk­tiv. Das Deut­sche hat gan­ze zwei davon. Und bei­de haben wir bereits im Arti­kel über das Ver­bes­sern des Schreib­stils ange­schnit­ten. Hier soll es aber spe­zi­ell um Schwie­rig­kei­ten im Umgang damit bzw. mit deren Bil­dung gehen. Packen wir’s also an!

Konjunktiv I

Der Kon­junk­tiv I ist im Grun­de ganz ein­fach: Man benutzt ihn für Wün­sche, Auf­for­de­run­gen und bei indi­rek­ter Rede und man bil­det ihn auf der Grund­la­ge der 1. Per­son Plu­ral Prä­sens.

Bei­spiel:

Möge die Macht mit dir sein!

Hier­bei han­delt es sich um einen Wunsch, dass der Adres­sat von der Macht des Star Wars-Uni­ver­sums Rücken­wind bekommt. Auf die Form „möge“ kommt man dabei folgendermaßen:

  • Infi­ni­tiv: mögen
  • Per­son Plu­ral Prä­sens: wir mögen
  • die Endung durch Kon­junk­tiv-Endung ersetzen: 
    • 1. Per­son Sin­gu­lar: ich möge
    • 2. Per­son Sin­gu­lar: du mögest
    • 3. Per­son Sin­gu­lar: er/​sie/​es möge
    • 1. Per­son Plu­ral: wir mögen
    • 2. Per­son Plu­ral: ihr möget
    • 3. Per­son Plu­ral: sie mögen

Ande­res Bei­spiel mit indi­rek­ter Rede:

  • Infi­ni­tiv: wollen
  • Per­son Plu­ral Prä­sens: wir wollen
  • die Endung durch Kon­junk­tiv-Endung ersetzen: 
    • 1. Per­son Sin­gu­lar: Ich sag­te, ich wolle noch etwas erledigen.
    • 2. Per­son Sin­gu­lar: Du sag­test, du wollest noch etwas erledigen.
    • 3. Per­son Sin­gu­lar: Fritz­chen sag­te, er wolle noch etwas erledigen.
    • 1. Per­son Plu­ral: Wir sag­ten, wir wollen noch etwas erledigen.
    • 2. Per­son Plu­ral: Ihr sag­tet, ihr wollet noch etwas erledigen.
    • 3. Per­son Plu­ral: Sie sag­ten, sie wollen noch etwas erledigen.

So weit, so ein­fach. Doch wie Dir sicher­lich auf­ge­fal­len ist, ist der Kon­junk­tiv I oft nicht von Indi­ka­tiv­for­men zu unter­schei­den. Und damit gehen wir über zum …

Konjunktiv II

Die­ser hat zwei Funktionen:

  • Auf ihn wird einer­seits zurück­ge­grif­fen, wenn der Kon­junk­tiv I mit dem Indi­ka­tiv ver­wech­selt wer­den kann:

Wir sag­ten, wir woll­ten noch etwas erledigen.

  • Ande­rer­seits kommt er zum Ein­satz, wenn von etwas Unwahr­schein­li­chem und Vor­stel­lun­gen die Rede ist:

Ich woll­te, ich wäre ein Huhn.

Man bil­det den Kon­junk­tiv II nach einem ähn­li­chen Prin­zip wie beim Kon­junk­tiv I, nur dass man die 1. Per­son Plu­ral Prä­ter­itum als Grund­la­ge nutzt und sofern sie ein a, o oder u ent­hält, die­ses oft durch ein ä, ö oder ü ersetzt:

  • Infi­ni­tiv: wollen
  • Per­son Plu­ral Prä­ter­itum: wir wollten
  • die Endung durch Kon­junk­tiv-Endung ersetzen: 
    • 1. Per­son Sin­gu­lar: Ich sag­te, ich wollte noch etwas erledigen.
    • 2. Per­son Sin­gu­lar: Du sag­test, du wolltest noch etwas erledigen.
    • 3. Per­son Sin­gu­lar: Fritz­chen sag­te, er wollte noch etwas erledigen.
    • 1. Per­son Plu­ral: Wir sag­ten, wir wollten noch etwas erledigen.
    • 2. Per­son Plu­ral: Ihr sag­tet, ihr wolltet noch etwas erledigen.
    • 3. Per­son Plu­ral: Sie sag­ten, sie wollten noch etwas erledigen.

Und das ande­re Beispiel:

  • Infi­ni­tiv: sein
  • Per­son Plu­ral Prä­ter­itum: wir waren
  • die Endung durch Kon­junk­tiv-Endung ersetzen: 
    • 1. Per­son Sin­gu­lar: Ich woll­te, ich wäre ein Huhn.
    • 2. Per­son Sin­gu­lar: Du woll­test, du wärst ein Huhn.
    • 3. Per­son Sin­gu­lar: Er/​sie/​es woll­te, er/​sie/​es wäre ein Huhn.
    • 1. Per­son Plu­ral: Wir woll­ten, wir wären ein Huhn.
    • 2. Per­son Plu­ral: Ihr woll­tet, ihr wärt ein Huhn.
    • 3. Per­son Plu­ral: Sie woll­ten, sie wären ein Huhn.

Rich­tig fies wird es bei beson­ders unre­gel­mä­ßi­gen und kaum gebrauch­ten Kon­junk­tiv-II-For­men. Hier zwei Beispiele:

Ich wünsch­te, man schü­fe eine Reli­gi­on der Katzenverehrung.

Fritz­chen dach­te, ein Dra­che spiee Feuer.

Wie man auf „schü­fe“ und „spiee“ kommt, soll­te klar sein: „wir schu­fen“ und „wir spie­en“. Trotz­dem fühlt sich das falsch, weil unge­wohnt an. Und das sind nicht ein­mal die gemeins­ten Bei­spie­le: Der Kon­junk­tiv II von „gel­ten“ kann ent­we­der „gäl­te“ sein, was man vom Klang her kaum vom Kon­junk­tiv I („gel­te“) unter­schei­den kann, oder alter­na­tiv auch „göl­te“, „göl­test“ usw.

Unge­wohnt und schwie­rig sind sol­che Kon­junk­tiv-II-For­men nicht zuletzt des­we­gen, weil wir meis­tens auf das Hin­ter­tür­chen mit „wür­de“ zurück­grei­fen:

Ich wünsch­te, man wür­de eine Reli­gi­on der Kat­zen­ver­eh­rung schaf­fen.

Fritz­chen dach­te, ein Dra­che wür­de Feu­er spei­en.

Es ist abso­lut kein Pro­blem, die Kon­struk­ti­on mit „wür­de“ zu benut­zen. Aber wenn Du unbe­dingt den klas­si­schen Kon­junk­tiv II benut­zen willst – viel­leicht, weil Du Dei­ne Spra­che alter­tüm­lich klin­gen las­sen möch­test –, dann lohnt sich der ein oder ande­re Blick auf eine Lis­te schwie­ri­ger Verb­for­men.

Besondere Interpunktionszeichen u. a. für die Auslassung

Gehen wir nun weg von den gan­zen Wör­tern und befas­sen uns mit Inter­punk­ti­ons­zei­chen, die etwas sel­te­ner vor­kom­men. Denn Punk­te, Kom­ma­ta und Semi­ko­la sind ver­hält­nis­mä­ßig ein­fach, wenn man die ent­spre­chen­den Regeln beherrscht: Punk­te kom­men ans Satz­en­de, Kom­ma­ta glie­dern Auf­zäh­lun­gen und tren­nen Neben­sät­ze ab und Semi­ko­la sind so ein Zwi­schen­ding für Fäl­le, wenn man kei­nen Punkt set­zen möch­te, aber den­noch eine mar­kan­te­re Tren­nung braucht als ein Komma.

Nein, heu­te wol­len wir über inter­es­san­te­re Zei­chen reden. Ihre Gemein­sam­keit: Neben ande­ren Funk­tio­nen sind sie da, um etwas auszulassen.

Gedankenstrich

Der Gedan­ken­strich drückt meis­tens vor allem eins aus: eine kur­ze Gedan­ken­pau­se. In der Regel ist die­se aber eher rhe­to­risch, weil man etwas beto­nen will:

Fritz­chen und Lies­chen – sie ver­ste­hen sich.

Manch­mal kann es aber auch ein Kom­ma erset­zen, wenn die Pau­se, mit dem das Kom­ma natür­li­cher­wei­se ein­her­geht, zu kurz wäre. Vergleiche:

Fritz­chen und Lies­chen ver­ste­hen sich, aber heu­te flie­gen die Fetzen.

Fritz­chen und Lies­chen ver­ste­hen sich – aber heu­te flie­gen die Fetzen.

Auch einen Punkt oder einen Dop­pel­punkt kann der Gedan­ken­strich erset­zen. Dadurch ver­schmel­zen zwei Sät­ze mit­ein­an­der und den zwei­ten Satz beginnt man daher klein. Das Ergeb­nis ist dann ein sti­lis­tisch etwas zer­fetz­ter Gesamtsatz:

Es ist unglaub­lich – die bei­den strei­ten sich!

Als Aus­las­sungs­zei­chen kann es eben­falls einen Punkt erset­zen. Wenn man also einen Satz anfängt, dann aber bedeu­tungs­schwer abbricht:

Sie strei­ten sich? Das ist doch –

Wer strei­tet sich? Doch nicht etwa –?

Manch­mal kom­men Gedan­ken­stri­che auch als Duo vor, näm­lich als paa­ri­ge Gedan­ken­stri­che. In die­sem Fall gren­zen sie als Alter­na­ti­ve zu paa­ri­gen Kom­ma­ta oder Klam­mern einen Ein­schub ab. Über die­ses Phä­no­men haben wir aber in einem frü­he­ren Arti­kel gesprochen.

Ansons­ten kann man den Gedan­ken­strich auch zwi­schen Sät­zen ein­fü­gen, um einen Wech­sel zu kenn­zeich­nen: einen Spre­cher­wech­sel in Dia­lo­gen, einen The­men­wech­sel, was auch immer. Also im Grun­de als Alter­na­ti­ve für einen Absatz:

„Du nervst!“ – „Du nervst mehr!“

Fritz­chen und Lies­chen haben sich gestrit­ten. – Weißt du eigent­lich, dass sie neu­lich umge­zo­gen sind?

Wich­tig ist beim Gedan­ken­strich, ihn nicht mit ande­ren waa­ge­rech­ten Stri­chen zu ver­wech­seln. Als Gedan­ken­strich ver­wen­det man im Deut­schen den sog. Halb­ge­viert­strich (–), nicht etwa den Bin­de­strich bzw. Vier­tel­ge­viert­strich bzw. Kurz­strich (-) oder das Minus­zei­chen (−). Ansons­ten gibt es natür­lich noch mehr Stri­che wie den Geviert­strich (—) und den Dop­pel­ge­viert­strich, doch da sie im Deut­schen kaum bis gar nicht ver­wen­det wer­den, las­se ich sie an die­ser Stel­le weg.

Auslassungspunkte

Ein äußerst inter­es­san­tes Inter­punk­ti­ons­zei­chen, das wir alle stän­dig sehen, aber oft trotz­dem nicht ken­nen, sind die Aus­las­sungs­punk­te bzw. der Drei­punkt. Und da merkst Du auch schon gleich, was das Pro­blem ist: Meis­tens hal­ten wir die­ses Zei­chen für drei ein­zel­ne Punk­te und schrei­ben bzw. tip­pen auch so. – Doch nein, die Aus­las­sungs­punk­te sind ein ganz eigen­stän­di­ges Schrift­zei­chen. Vergleiche:

... (drei Punkte)

(Aus­las­sungs­punk­te)

Wie der Name schon sagt, kenn­zeich­nen die Aus­las­sungs­punk­te in der Regel eine Aus­las­sung: also ent­we­der eins oder meh­re­re ver­schluck­te Wör­ter oder eine Aus­las­sung inner­halb eines Wor­tes. Wenn gan­ze Wör­ter aus­ge­las­sen wer­den, dann behan­delt man die Aus­las­sungs­punk­te wie ein Wort, d. h. sie wer­den durch Leer­zei­chen abge­trennt. Wenn die Aus­las­sung inner­halb eines Wor­tes statt­fin­det, setzt man kei­ne Leer­zei­chen. Vergleiche:

Sie strei­ten sich? Das ist doch …

Sie strei­ten sich? Das ist doch sch…!

Was die Kom­bi­na­ti­on mit ande­ren Satz­zei­chen angeht, so setzt man nach Aus­las­sungs­punk­ten kei­nen Punkt, wohl aber Aus­ru­fe- und Fra­ge­zei­chen:

Sie strei­ten sich? Das ist doch …

Sie strei­ten sich? Das ist doch sch…!

Sie strei­ten sich? Warum …?

Wenn die Aus­las­sungs­punk­te am Ende eines Sat­zes ste­hen, beginnt man den dar­auf­fol­gen­den Satz groß. Wenn sie aber mit­ten im Satz ste­hen, weil etwas weg­ge­las­sen wur­de oder man ein Zögern signa­li­sie­ren woll­te, dann beginnt der Rest des Sat­zes mit einem Klein­buch­sta­ben. Ver­glei­che:

Sie strei­ten sich? Das ist doch … Sie sol­len sich gefäl­ligst vertragen!

Sie strei­ten sich? Das ist doch … und unglaublich!

Sie … strei­ten sich?

Und wenn die Aus­las­sungs­punk­te am Ende einer Auf­zäh­lung ste­hen, setzt man davor kein Kom­ma:

Sie strei­ten sich über den Haus­halt, den nächs­ten Urlaub, ihre poli­ti­schen Ansichten …

Apostroph

Sind der Gedan­ken­strich und die Aus­las­sungs­punk­te aber eher sti­lis­ti­sche Sachen, die höchs­tens für typo­gra­fi­sche Feh­ler sor­gen, ist der Apo­stroph eine recht­schreib­tech­ni­sche Epi­de­mie. Denn es gibt nur drei Situa­tio­nen, wann es im Deut­schen ver­wen­det wird:

  • Wenn der Geni­tiv eines Eigen­na­mens, der auf einen s‑Laut endet und kei­nen Arti­kel, kein Pos­ses­siv­pro­no­men oder Ähn­li­ches im Gepäck hat, mar­kiert wer­den soll:

Lars’ Buch ist neu­lich erschienen.
(Alter­na­tiv auch: Lar­sens Buch ist neu­lich erschienen.
Oder: Das Buch von Lars ist neu­lich erschienen.)

Felix’ Buch ist neu­lich erschienen.
(Alter­na­tiv auch: Feli­xens Buch ist neu­lich erschienen.
Oder: Das Buch von Felix ist neu­lich erschienen.)

  • Wenn Tei­le eines Wor­tes ver­schluckt bzw. aus­ge­las­sen werden:

Was für ’n Quatsch!

Lu’hafen (statt Ludwigshafen)

  • Wenn man an einen Per­so­nen­na­men die Adjek­tiv­endung ‑sche (-scher, ‑sches, ‑schen) anhängt, dabei aber die Grund­form des Namens deut­lich machen will:

die Grimm’schen Mär­chen (alter­na­tiv: die grimm­schen Märchen)

Ich beto­ne:

Den Apo­stroph setzt man nur in die­sen drei Fäl­len!

Aus­nah­men (zum Bei­spiel bestimm­te Eigen­na­men) bestä­ti­gen natür­lich die Regel. Aber Aus­nah­men sind eben Aus­nah­men und da weiß man, dass sie mit Apo­stroph geschrie­ben wer­den. Wenn also in irgend­wel­chen ande­ren Fäl­len ein Apo­stroph hin­ein­ge­schus­tert wird, dann ist das ein sog. Dep­pen­apo­stroph. Soll­test Du also zu den Ver­zap­fern sol­cher Apo­stro­phe gehö­ren, dann gewöh­ne es Dir bit­te, bit­te ab!

Ein häu­fi­ger Feh­ler wäre zum Bei­spiel, das Genitiv‑S von Eigen­na­men durch einen Apo­stroph abzutrennen:

FALSCH: Fritzchen’s Buch ist neu­lich erschienen.

RICHTIG: Fritz­chens Buch ist neu­lich erschienen.

Abge­se­hen von eng­lisch­spra­chi­gen Eigen­na­men (zum Bei­spiel: McDonald’s) ist so etwas nur in einem Fall mög­lich: näm­lich wenn man die Grund­form eines Namens ver­deut­li­chen will, um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den. Vergleiche:

Andrea’s Buch­hand­lung (Buch­hand­lung von Andrea)

Andre­as Buch­hand­lung (Buch­hand­lung von Andrea oder ein Andre­as mit dem Nach­na­men Buchhandlung)

Andre­as’ Buch­hand­lung (Buch­hand­lung von Andreas)

Immer falsch ist der Apo­stroph aber beim Plu­ral, bei Tages­zei­ten und ande­ren Wör­tern, die auf einen s‑Laut enden, sowie bei Impe­ra­ti­ven und bei der 1. Per­son Sin­gu­lar:

FALSCH: Café’s, Baby’s, CD’s, abend’s, dienstag’s, recht’s
RICHTIG: Cafés, Babys, CDs, abends, diens­tags, rechts

FALSCH: Geh’ auf dein Zimmer!
RICHTIG: Geh auf dein Zimmer!
RICHTIG: Gehe auf dein Zimmer!

FALSCH: Ich geh’ auf mein Zimmer.
RICHTIG: Ich geh auf mein Zimmer.
RICHTIG: Ich gehe auf mein Zimmer.

Bei gebräuch­li­chen Ver­kür­zun­gen, die man meis­tens kaum noch als Ver­kür­zun­gen wahr­nimmt, darf der Apo­stroph eben­falls nicht gesetzt werden:

FALSCH: für’s, bei’m, in’s, über’n, auf’s, durch’s, ’raus …

RICHTIG: fürs, beim, ins, übern, aufs, durchs, raus …

Im Übri­gen darf man den Apo­stroph auch bei gram­ma­ti­ka­lisch weni­ger eta­blier­ten Ver­schluckun­gen weg­las­sen, näm­lich bei Ver­kür­zun­gen von „es“, „ein“, „eine“, „einer“, „einen“ und „einem“:

Wie gehts? (alter­na­tiv: Wie geht’s?)

Spielereien mit Grammatik, Zeichensetzung und Stilistik

So viel für heu­te zu Regeln. Doch wir sind Autoren und dür­fen unter bestimm­ten Umstän­den mit der Gram­ma­tik spie­len. Wie geht das also?

Grund­sätz­lich gilt:

Bewuss­te Ver­stö­ße gegen die Recht­schrei­bung, Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung soll­ten – wenn sie kei­nen ultra­tie­fen Sinn haben – auf das abso­lu­te Mini­mum zurück­ge­schraubt wer­den. Denn sie stö­ren den Lese­fluss und schlimms­ten­falls wird der Text kom­plett ungenießbar.

Klei­ne­re Ver­stö­ße hier und dort sind aber ger­ne das Salz in der Sup­pe. – Doch erst, wenn Dei­ne Spiel­räu­me inner­halb der gel­ten­den Regeln erschöpft sind. Denn Du hast Spiel­räu­me, bei­spiels­wei­se die optio­na­len Kom­ma­ta, kur­si­ve Her­vor­he­bun­gen im Text, die Wort­stel­lung, die Wort­wahl, Inter­punk­ti­ons­zei­chen wie den Gedan­ken­strich und die Aus­las­sungs­punk­te und das Ausrufezeichen.

Emotionsgeladene Pausen und Auslassungen

Klau­en wir zu Demons­tra­ti­ons­zwe­cken mal ein Bei­spiel für optio­na­le Kom­ma­ta aus dem zwei­ten Teil die­ser Rei­he:

Streng genom­men sind Kom­ma­ta bei Par­ti­zi­pi­al­grup­pen optional.

Streng genom­men, sind Kom­ma­ta bei Par­ti­zi­pi­al­grup­pen optional.

Die Ver­si­on ohne Kom­ma liest sich so sach­lich, wie es nur geht. Bei der Ver­si­on mit Kom­ma hin­ge­gen ent­steht eine klei­ne Pau­se, die das „streng genom­men“ her­vor­hebt. Dadurch schwingt da eine sub­ti­le Beschwich­ti­gung mit: „Streng genom­men, lie­ber Adres­sat. Das Kom­ma, das Du gesetzt hast, darfst Du strei­chen, musst Du aber nicht.“

Spie­len wir aber wei­ter und erset­zen das Kom­ma durch Aus­las­sungs­punk­te bzw. durch einen Dreipunkt:

Streng genom­men … sind Kom­ma­ta bei Par­ti­zi­pi­al­grup­pen optional.

Was hier ent­steht, ist eine län­ge­re Pau­se, als wäre der Spre­cher sich nicht sicher oder wür­de sich nicht ganz trau­en, das zu sagen.

Mit etwas Krea­ti­vi­tät kön­nen wir übri­gens auch einen Gedan­ken­strich hineinschustern:

Streng genom­men – Kom­ma­ta sind bei Par­ti­zi­pi­al­grup­pen optional.

Die­se Vari­an­te ist abge­hack­ter und betont das „streng genom­men“ wohl am meisten.

Um den sti­lis­ti­schen Unter­schied zwi­schen dem Gedan­ken­strich und den Aus­las­sungs­punk­ten aber noch mehr zu beto­nen, kön­nen wir auf zwei nahe­zu iden­ti­sche Bei­spie­le von vor­hin zurückgreifen:

Sie strei­ten sich? Das ist doch –

Sie strei­ten sich? Das ist doch …

Die Vari­an­te mit dem Gedan­ken­strich wirkt abge­hack­ter, als hät­te es dem Spre­cher die Spra­che ver­schla­gen. Bei der Ver­si­on mit den Aus­las­sungs­punk­ten hin­ge­gen wirkt es, als könn­te der Spre­cher wei­ter­re­den, aber ent­we­der kei­ne Wör­ter fin­det oder das rich­ti­ge Wort nicht aus­spre­chen will.

Wahrnehmungen des Lesers subtil beeinflussen

Auch die Ent­schei­dung zwi­schen Aktiv und Pas­siv, Sub­jekt und Objekt etc. kann sub­ti­le Bedeu­tun­gen trans­por­tie­ren, wie ein Mit­glied der Krea­tiv­Crew in der letz­ten Umfra­ge so schön ange­merkt hat. Denn ver­glei­che die­se drei Sätze:

Fritz­chen blieb zurück. (Aktiv, Fritz­chen als Subjekt)

Fritz­chen wur­de zurück­ge­las­sen. (Pas­siv, Fritz­chen als Subjekt)

Sie lie­ßen Fritz­chen zurück. (Aktiv, Fritz­chen als Objekt)

Im ers­ten Satz ist Fritz­chen ein akti­ves Sub­jekt, es schwingt also eine gewis­se Frei­wil­lig­keit oder ein Opti­ons­spiel­raum mit. Im zwei­ten Satz ist Fritz­chen ein pas­si­ves Sub­jekt, ein wehr­lo­ses Opfer, das gera­de­zu Mit­leid erregt. Und im drit­ten Satz schließ­lich sind die Leu­te, die Fritz­chen zurück­ge­las­sen haben, akti­ve Täter, auf die man fast schon mit dem Fin­ger zeigt, weil sie den armen Fritz­chen auf ein Objekt redu­ziert und wehr­los sei­nem Schick­sal über­las­sen haben.

Je nach dem, wel­chen Aspekt Du beto­nen möch­test, gibt es also meis­tens eine gram­ma­ti­ka­li­sche Kon­struk­ti­on, die ihn am bes­ten rüberbringt.

Pro­bie­re ruhig ein biss­chen herum!

Spielereien mit der Zeichensetzung

Wenn es aber um bewuss­te Ver­stö­ße – oder sagen wir eher: unge­wöhn­li­chen Umgang mit Regeln – geht, dann soll­te der ultra­tie­fe Sinn nicht von Dir erfun­den wer­den, son­dern mög­lichst aus den von Dir ver­wen­de­ten Mit­teln her­vor­ge­hen.

Zum Bei­spiel:

Wie bit­te?

Wie bit­te?!

Wie bit­te?!!

Wie bitte?!!!!!111111

Die Kom­bi­na­ti­on aus Fra­ge- und Aus­ru­fe­zei­chen kommt ziem­lich oft vor, obwohl sie offi­zi­ell nicht exis­tiert, und kenn­zeich­net – wer hät­te das gedacht? – eine aus­ge­ru­fe­ne, emo­ti­ons­ge­la­de­ne Fra­ge: Wäh­rend die ers­te Bei­spiel­fra­ge ein­fach nur bedeu­ten kann, dass der Spre­cher etwas nicht rich­tig gehört hat, ist die zwei­te ein empör­ter oder über­rasch­ter Aus­ruf. Bei der drit­ten schwingt noch mehr Emo­ti­on mit, wahr­schein­lich Wut. Und bei der vier­ten schließ­lich war der Schrei­ber der­ma­ßen außer sich, dass er auf der Tas­ta­tur gaa­anz lan­ge auf Shift + 1 gedrückt, aber zumin­dest bei der Shift-Tas­te eben nicht lan­ge genug durch­ge­hal­ten hat.

Selbst mit einem so ste­ri­len, lang­wei­li­gen Zei­chen wie dem Punkt las­sen sich Spie­le­rei­en anstel­len. Ver­glei­che:

Die Laub­blä­ser dröhn­ten jeden ver­damm­ten Tag.

Die Laub­blä­ser dröhn­ten, jeden ver­damm­ten Tag.

Die Laub­blä­ser dröhn­ten. Jeden ver­damm­ten Tag.

Die Laub­blä­ser dröhn­ten. Jeden. Ver­damm­ten. Tag.

Die Laub­blä­ser dröhn­ten. Jeden! Ver­damm­ten! Tag!

Auch hier beob­ach­ten wir eine emo­tio­na­le Stei­ge­rung. Ist der ers­te Satz noch rela­tiv nüch­tern – die Emo­ti­on kommt nur durch das Wort „ver­dammt“ –, wird beim zwei­ten durch das Kom­ma betont, dass es jeden Tag pas­siert. Der Punkt in der drit­ten Ver­si­on sorgt für eine noch stär­ke­re Beto­nung und deu­tet ein gestei­ger­tes Frus­tra­ti­ons­le­vel an. In der vier­ten Ver­si­on dreht der Erzäh­ler bereits am Rad und betont jedes ein­zel­ne Wort. Und in der fünf­ten Ver­si­on mit den Aus­ru­fe­zei­chen hat er das Sta­di­um der Weiß­glut erreicht.

Sonstiges

Das waren jetzt nur eini­ge weni­ge Bei­spie­le. Vom Ein­satz unge­wöhn­li­cher Schrift­ar­ten, um die Rede eine gru­se­li­gen Stim­me zu kenn­zeich­nen, über bewuss­te Nut­zung der alten Recht­schrei­bung, um das wie auch immer gear­te­te beson­de­re Fee­ling der Zeit vor 1996 ein­zu­fan­gen, bis hin zu anein­an­der­ge­reih­ten glei­chen Voka­len zum Aus­drü­cken von Laaaaaaa­ang­ge­zo­gen­heit ist sehr viel mög­lich. Nur, wie gesagt, bit­te spar­sam ein­set­zen und mit einer sehr, sehr guten Begrün­dung!

Im Rah­men der gül­ti­gen Regeln darfst Du Dich als Autor eines künst­le­ri­schen Tex­tes aber natür­lich nach Her­zens­lust aus­to­ben. Viel Spaß dabei!

Fort­set­zung folgt …

So viel heu­te zu Recht­schrei­bung, Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung. Doch natür­lich gibt es noch sehr viel mehr zu bespre­chen: So wur­de sei­tens der Krea­tiv­Crew zum Bei­spiel vor­ge­schla­gen, über die „neu­en Regeln“ zu spre­chen, wes­we­gen für Teil 4 die­ser Rei­he die Recht­schreib­re­for­men geplant sind. Außer­dem wur­den noch Ver­gan­gen­heits­for­men ange­fragt, doch das lässt sich mit einem ande­ren Com­mu­ni­ty-Vor­schlag kom­bi­nie­ren, sodass fürs ers­te Halb­jahr 2022 ein eigen­stän­di­ger Arti­kel über Zeit­for­men der Erzäh­lung geplant ist.

Ansons­ten fin­den wir bestimmt den ein oder ande­ren gram­ma­ti­ka­li­schen oder sti­lis­ti­schen Feh­ler im anste­hen­den Ste­ady-Live­stream am 19.09.2021: Dar­in möch­te ich eine kur­ze Geschich­te von mir lek­to­rie­ren, die ich mit etwa 17 Jah­ren geschrie­ben habe. In spä­te­ren Ste­ady-Live­streams kön­nen wir ger­ne hin und wie­der auch Ein­sen­dun­gen aus der Com­mu­ni­ty zer­le­gen – zumin­dest so weit, wie es im Rah­men eines Live­streams eben mög­lich ist. An den Live­streams teil­neh­men kön­nen alle, die eine Ste­ady-Mit­glied­schaft der Stu­fen „Hob­by-Autor“ und „Pro­fi-Autor“ gebucht haben. Abon­nen­ten der Mit­glied­schafts­stu­fe „Schrei­ber­ling“ haben eine Woche spä­ter Zugriff auf die Auf­nah­me. Wenn Du also Inter­es­se an die­sen exklu­si­ven Live­streams sowie an wei­te­ren Vor­tei­len, näm­lich einer Lis­te der geplan­ten und vor­ge­schla­ge­nen The­men oder den Foli­en der Arti­kel-Vide­os im PDF-For­mat, hast, dann bist Du in der Ste­ady-Com­mu­ni­ty herz­lich willkommen.

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